Lluís Llach

Lluís Llach
Lluís Llach im November 2006

Lluís Llach i Grande [ʎuˈis ʎak] (* 7. Mai 1948 in Girona, Katalonien, Spanien) ist ein katalanischer Musiker und Liedermacher.

Aufgrund seines Engagements gegen die Franco-Diktatur, insbesondere gegen deren Unterdrückung der katalanischen Kultur, erhielt er in Spanien Auftrittsverbot und ging ins Exil nach Paris. Nach dem Ende der Diktatur kehrte er zurück. Sein im Jahr 1968 entstandenes bekanntestes Lied L’Estaca („Der Pfahl“) gilt als Symbollied für den Kampf gegen politische Unterdrückung.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit

Lluís Llach wurde 1948 in einer bürgerlichen Familie in Girona geboren und verbrachte seine gesamte Kindheit im Ort Verges im Baix Empordà). Sein Vater war Landarzt und stammte von einem großen Gut der Umgebung. Seine Mutter war Lehrerin und stammte aus Barcelona. Zusammen mit seinem älteren Bruder Josep Maria genoss Lluís eine bürgerliche Erziehung. Die Mutter brachte das musikalische Moment in die Familie ein. Lluís und sein Bruder spielen auf der Gitarre der Mutter. Auch ein Klavier steht den beiden Jungen im Haus zur Verfügung. Bereits im Alter von 6 und 7 Jahren komponiert Lluís erste Melodien. 1965 veröffentlichen Lluís (Melodie) und sein Bruder Josep Maria (Text) gemeinsam ihr erstes Lied: Que feliç era, mare (‚Wie glücklich war ich, Mutter‘). Lluís Llach studierte unter anderem am Konservatorium Musik.

Die künstlerische Frühphase

1967 gibt Lluís Llach als Mitglied der Bewegung La Nova Cançó Catalana in der Gruppe Els Setze Jutges (Die Sechzehn Richter) sein Debüt als Sänger. Die Bewegung La Nova Canço, zu der auch Liedermacher wie Joan Manuel Serrat und Raimon zu zählen sind, hatte sich als Antwort auf die Diskriminierung und Unterdrückung der katalanischen Sprache und Kultur im spanischen Einheitsstaat nach dem spanischen Bürgerkrieg herausgebildet. Innerhalb dieser Gruppe entschied sich Lluís Llach für die Linie des „offenen Bloßstellens“ der politischen Situation im frankistischen Spanien. Dies beeinflusste sehr stark seine weitere künstlerische Laufbahn. Nach großen Erfolgen trat er 1969 als Solist im Palau de la Música Catalana in Barcelona auf. Er entwickelte sich zu einem der besten Chansonniers mit einer ungeheuren Popularität.

Es folgen Auftritte in Kuba, Südamerika und Madrid. Vor allem die Auftritte in Madrid ziehen die Zensur des Regimes und ein 4-jähriges Auftrittsverbot in Spanien nach sich. Lluís Llach emigriert nach Frankreich und gibt dort – vor allem im „Olympia“ in Paris – zahlreiche Konzerte. In dieser Phase integriert und adaptiert er viele Elemente des französischen Chansons in sein Werk. Im Jahr 1975 wird er nach einem Konzert in Barcelona festgenommen und wiederum mit 8 Monaten Auftrittsverbot in Spanien belegt.

L’Estaca

Als Franco im Herbst 1975 starb, blühte die katalanische Sprache und Kultur zunächst vorsichtig, aber mit beständig zunehmendem Selbstvertrauen wieder auf. In Zeitungen und Flugblättern, im Radio und in öffentlichen Veranstaltungen wurde die zuvor verbotene Sprache wieder gesprochen. 1976 – über ein Jahr nach Francos Tod – erlaubt die immer noch bestehende Zensurbehörde sieben Llach-Konzerte in Barcelona. Sein Lied L’Estaca war in der Zeit der Diktatur in Katalonien allseits bekannt geworden. Das Lied handelt von einem Pfahl, der entfernt werden muss. Der Pfahl (Katalanisch l’estaca) steht hierbei sinnbildlich für l’estat, den Staat.

„...
Ich drücke hier, und du ziehst weg.
So kriegen wir den Pfahl vom Fleck,
werden ihn fällen, fällen, fällen,
werfen ihn morsch und faul zum Dreck.
...“

(Auszug aus der deutschsprachigen Nachdichtung des Liedes von Oskar Kröher, die der Aussage der katalanischen Originalversion weitgehend entspricht [1])

Llach sang das Lied nicht öffentlich, er spielte die Begleitakkorde an und summte die Melodie dazu, worauf die Zuhörer zunächst in tosenden Beifall ausbrachen. Dann wurden, während das Lied vorsichtig mitgesummt wurde, tausende Kerzen angezündet und im Rhythmus der Musik bewegt. Das bis dato absolut verbotene Lied durfte erstmals in der Öffentlichkeit erklingen.

Die Figur des Avi Siset in L'Estaca

Wer war oder besser für wen steht Avi Siset (‚Opa Siset‘) in diesem Lied? Zunächst einmal ist Siset der Kosename oder die Kurzform für den katalanischen Vornamen Narcís. Und nun zu Avi Siset dem Hauptdarsteller des Liedes: Narcís Llansa war mütterlicherseits der Opa von Ponç Feliu, einem sehr engen Jugendfreund von Lluís Llach. In einem Sommer der frühen 1960er Jahre lernte der heranwachsende Lluís Llach diesen Narcís Llansa, einen alten, katalanischen Republikaner von Beruf Friseur in Besalú, kennen. Dieser erzählte Lluís Geschichten aus seiner Jugend als sie in Verges am Ter fischten. Lluís war fasziniert von diesem alten, kämpferischen Mann, der sich immer wieder für eine Demokratisierung Spaniens stark machte. Llach verwandelte in seinem Lied L’Estaca aus dem Jahr 1968 diesen Narcís Llansa in den Opa Siset. Das Paradelied gegen alle Unterdrückung und gegen alle Unterdrücker war geboren. Der Avi Siset dieses Liedes steht für den lebenserfahrenen Menschen, der weiß, dass jedem Diktator und jeder Diktatur ihr Ende gesetzt ist. Er ist derjenige, der behutsam und überlegt Unrechtsregime unterhöhlt und er ist vor allen Dingen derjenige, der anderen die Geduld und den Mut gibt, solche Regime zu ertragen und besonnen auf deren Ende hinzuarbeiten. [2]

Übertragung ins Polnische

Der polnische Liedermacher Jacek Kaczmarski ließ sich von LLachs "L'Estaca" inspirieren und schrieb 1978 das Lied "Mury" (Mauern), das die Melodie von Llachs "L'Estaca" aufgreift. Der Inhalt bezieht sich auf Mauern, die von einer Masse Menschen zum Einsturz gebracht werden und die alte Welt unter sich begraben. Ein Sänger führt diese Masse mit seinem Lied an und bringt sie dazu die Mauern einzureißen. Am Ende steht er dann jedoch wieder alleine da. Kaczmarski selbst wies auf seine Skepsis gegenüber Massen hin, die einem Künstler die Kontrolle über sein Werk entreißen können. Das Lied wurde zu einer Hymne der Solidarność und wurde beispielsweise während des Streiks auf der Lenin-Werft im August 1980 gesungen und wurde später die Erkennungsmelodie von Radio "Solidarność". Kaczmarski griff auch die Tatsache auf, dass das verbotene Lied in Katalonien weiterhin gesummt wurde, in dem er sang "sama melodia bez słów niosła ze sobą starą treść" ("die Melodie selbst ohne Worte trägt in sich den alten Inhalt").

Zum Gesamtwerk und zur Diskographie

Neben vielen eigenen Texten hat Lluís Llach auch Texte bekannter katalanischer Dichter wie Joan Salvat-Papasseit, Joan Oliver, Josep Maria de Sagarra, Màrius Torres und Miquel Martí i Pol vertont.

Viele der von Lluís Llach dargebotenen Chansons haben eine außerordentliche Popularität erreicht. Hierfür stehen u. a. folgende Titel:

  • L’Estaca (‚Der Pfahl‘)
  • El Bandoler (‚Der Wegelagerer‘)
  • La Gallineta (‚Das kleine Huhn‘)
  • Si arribeu (‚Wenn ihr ankommt‘)
  • I si canto trist (‚Und wenn ich traurig singe‘)
  • Que tinguem sort (‚Auf dass wir Glück haben‘)
  • Fills d’Hiroshima (‚Kinder von Hiroshima‘)
  • Ítaca (‚Itaka‘)
  • Vaixell de Grècia (‚Das Schiff aus Griechenland‘)
  • Jo també he dormit a l’alba (‚Ich habe auch geschlafen bei Tagesanbruch‘)
  • Insubmís (‚Nicht unterwürfig‘)

Folgende LPs und CDs hat Lluís Llach veröffentlicht:

  • Els èxits de Lluís Llach (1968)
  • Ara i aquí (1970)
  • Com un arbre nu (1972)
  • Lluís Llach a l’Olympia (1973)
  • I si canto trist... (1974)
  • Viatge a Ítaca (1975)
  • Barcelona, gener de 1976 (1976)
  • Campanades a morts (1977)
  • El meu amic, el mar (1978)
  • Somniem (1979)
  • Verges 50 (1980)
  • I amb el somriure, la revolta (1982)
  • T’estimo (1984)
  • Maremar (1985)
  • Camp del Barça, 6 de juliol de 1985 (1985)
  • Astres (1986)
  • Geografia (disc de Lluís Llach)|Geografia (1988)
  • La forja de un rebelde (BSO)(1990)
  • Torna aviat (1991)
  • Ara, 25 anys en directe (1992)
  • Un pont de mar blava (1993)
  • Rar (1994)
  • Porrera (disc de Lluís Llach)|Porrera (1995)
  • Nu (disc de Lluís Llach)|Nu (1997)
  • 9 (disc de Lluís Llach)|9 (1998)
  • Temps de revoltes (2000)
  • Jocs (disc de Lluís Llach)|Jocs (2002)
  • Junts (2003)
  • Poetes (2004)
  • Que no s’apague la llum (gemeinsam mit Feliu Ventura 2005)
  • i. (2006)
  • Verges 2007 (2007)

Fußnoten

  1. Liedercircus – Liederbücher aus der kunter-bund-edition Bd. 4, S. 89
  2. Informationen aus: Joan Carles Doval (Direcció); Joaquim Vilarnau (Textos): La nova CANÇO 1965–1982, 1968, Barcelona 2007 (Avui), ISBN 978-84-96767-65-2

Literatur

  1. Liedercircus (Liederbücher aus der kunter-bund-edition Bd. 4), Mainz, ISBN 978-3-7957-5652-9 (auf Seite 89 ist das Lied L’estaca im Originaltext mit einer weiteren Übersetzung sowie mit der singbaren deutschen Nachdichtung von Oss Kröher veröffentlicht)
  2. Joan Carles Doval (Direcció); Joaquim Vilarnau (Textos): La nova CANÇÓ 1965–1982 (18 CDs mit umfangreichem Begleitmaterial; die Serie konnte 2007 als Beilage zu der Sonntagsausgabe der katalanischen Zeitschrift AVUI bezogen werden.), Avui, Barcelona 2007
    1. 1968, ISBN 978-84-96767-65-2

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