Loba de Pennautier

Loba de Pennautier

Loba de Pennautier (prov: Na Loba de Puègnautièr, franz: La Louve de Pennautier, deut: die Wölfin von Pennautier)[1], zumeist Étiennette (alternativ auch Estefanía oder Stephanie) genannt, ist eine halblegendäre Frauengestalt, welche am Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts in der südfranzösischen Region des Languedoc lebte und vor allem durch legendenhafte Erzählungen bekannt ist. Darin tritt sie in der Rolle einer Femme fatale auf, welche für das Unglück mehrerer ihrer männlichen Zeitgenossen verantwortlich gemacht wird.

Inhaltsverzeichnis

Loba und die Troubadoure

Blick auf zwei der vier Burgen von Lastours

Der Überlieferung nach war sie die Ehefrau des Jourdain de Cabaret, welcher sich mit seinem Bruder Pierre Roger die Herrschaft über die drei Burgen von Lastours[2] (in den Corbières) teilte. Loba galt als außergewöhnlich schön und jeder Mann, der sie sah, verliebte sich in sie. Allerdings soll Loba jeden ihrer Verehrer, sobald sie ihre Gunst erlangten, schnell wieder fallen gelassen haben, nachdem sie sich einem anderen zugewandt hatte. Das brachte ihr anschließend den Ruf einer besonders grausamen Dame ein, welche den minniglichen Dienst der Ritter verspotte. Neben Persönlichkeiten wie Oliver de Saissac, Pierre Roger de Mirepoix (der Ältere)[3] und Aimery de Montréal[4] ist vor allem der Troubadour Peire Vidal als Buhler um Lobas Gunst bekannt. Dieser kam um das Jahr 1193 in das Languedoc und hatte sein wechselhaftes Verhältnis zu ihr in seinen auf provenzalisch gedichteten Chansons beschrieben.

Zunächst warb Vidal um Lobas Gunst, indem er sich selber Loup nennen ließ und einen Wolf in sein Wappen aufnahm. Schließlich ließ er sich in den Bergen Cabarets von Hirten mit Hunden jagen und zog sich dabei, um die Jagd authentischer zu gestalten, ein Wolfsfell über. Doch dabei wurde er so schwer verletzt, dass die Hirten ihn für tot hielten. Loba soll sich über diese Geschichte sehr amüsiert haben und nahm Vidal mit Erlaubnis ihres Gatten in die Burg von Lastours auf, um ihn gesund zu pflegen.[5]

Lobas Ansehen unter den Troubadouren sollte sich jedoch schlagartig in Spott und Verachtung wandeln, nachdem sie eine tatsächliche sexuelle Beziehung zu dem Grafen Raimund Roger von Foix einging.[6] Nach dem Dichter Raimon de Miraval, welcher als einziger in seinen Liedern eine Ehrenrettung Lobas betrieb, galt eine Dame, die eine körperliche Liebschaft zu einem höheren Herrn, einging als tot. Auch Vidal wandte sich in seinen Dichtungen von seiner Dame ab:

Quel cor ai tan felo
vas leis qu’anc mala fos,
quar per un comte ros
m’a gitat a bando.
bem par que Loba es;
quar ab comte s’empres
es part d’emperador,
qui a fag sa lauzor
qer tot lo mon saber:
mas qui men no ditz ver.
(Mein Herz ist bösgestimmt gegen die, die von je schlecht war, denn um eines rothen Grafen willen hat sie mich preisgegeben. Wol zeigt sichs, dass sie eine Wölfin ist, denn mit einem Grafen lies sie sich ein, und trennt sich von einem Kaiser, der ihr Lob in aller Welt verbreitet hat.)[7][8]

Nach seiner Trennung von Loba begab sich Vidal in das oberitalienische Montferrat, wo er in einer Schwester des Markgrafen Bonifatius I. bereits eine langjährige Gönnerin besaß.

Loba und der Trencavel

Im August des Jahres 1209 gelang es den nordfranzösischen Rittern des Kreuzzuges gegen die Albigenser, die bedeutende Stadt Carcassonne einzunehmen. Begünstigt wurde dieser militärische Erfolg durch die vorangegangene Gefangennahme des Vizegrafen von Carcassonne, Raimund-Roger Trencavel, welcher einer der entschiedensten Gegner des Kreuzzuges war. Trencavel wurde noch während der Belagerung der Stadt gefangen genommen, nachdem er sich in das Lager der Kreuzfahrer begab, um Kapitulationsbedingungen auszuhandeln. Doch statt Verhandlungen aufzunehmen, ließen die Anführer der Kreuzfahrer den Trencavel arretieren, der einen Monat später in einem Turm Carcassonnes unter unklaren Umständen starb.

Als Erklärung für diesen verhängnisvollen Schritt, sich in das Lager des Feindes zu begeben, diente eine in der Region des Languedoc aufkommende Legende, wonach Loba den Trencavel zu diesem Schritt bewegt habe. Anlässlich eines großen höfischen Festes auf der Burg Puivert[9], wenige Jahre vor Beginn des Kreuzzuges, soll Loba den Versuch unternommen haben, den jungen und vielbegehrten Trencavel zu verführen. Dieser nahm jedoch die Avancen der weitaus älteren Loba nicht wahr und bändelte unter deren Augen mit einer jüngeren Adligen an. Loba nahm diese Zurücksetzung als persönliche Beleidigung auf und schwor sich an dem Trencavel zu rächen. Diese Gelegenheit bot sich ihr schließlich bei der Belagerung Carcassonnes. So soll es Simon IV. de Montfort gewesen sein, der dem Trencavel das Angebot zu einer Verhandlung in seinem Zelt angeboten habe. Trencavel erklärte sich bereit, dieses Angebot anzunehmen, doch nur unter der Bedingung, dass eine Person seines Vertrauens für Montforts Zusage auf freies Geleit bereit war zu bürgen. Für diese Bürgschaft habe sich Loba bereit erklärt. Trencavel, der von Lobas Rachsucht gegen ihn im Unklaren war, reichte ihr Wort und begab sich in das Lager der Kreuzfahrer.

Weiteres

  • Das Musical Na Loba Crosada 1209 thematisiert ihre Geschichte.
  • Das Rosengewächs „Loba de Pennautier“ wurde nach ihr benannt, ebenso wie das „Théâtre Na Loba“ in Pennautier.
  • Die Romanfigur „Loba die Wölfin“ aus den historischen Romanen des deutschen Autors Peter Berling (Die Kinder des Gral 1991, Die Ketzerin 2000) weist einige charakterliche Parallelen zu ihr auf.

Literatur

  • Karl Bartsch: Lieder von Peire Vidal (1857)

Weblinks

Anmerkungen

  1. Pennautier – Gemeinde ca. 4 km nördlich von Carcassonne
  2. Cabaret, Querthineux und Surdespine – der Tour Régine (königliche Turm) wurde erst nach den Albigenserkreuzzügen gebaut
  3. Vater des jüngeren Pierre Roger de Mirepoix
  4. 1211 in Lavaur von den Kreuzfahrern gehängt.
  5. Diese Episode wurde von Matfre Ermengau in seinem Chanson Breviari d’amor bestätigt.
  6. Loba gilt als Mutter des unehelichen Sohnes des Grafen, der Loup de Foix genannt wurde.
  7. Die Charakterisierung als „Wölfin“ (lat: Lupae) wird schon in antiken Darstellungen für Liebesgöttinnen oder auch Prostituierte verwendet.
  8. Vidal erhob Ansprüche auf den byzantinischen Kaiserthron, nachdem er während des dritten Kreuzzuges auf Zypern eine Griechin geheiratet hatte, von der er behauptete, sie sei eine kaiserliche Prinzessin.
  9. Tatsächlich fand 1185 anlässlich eines Besuches Königs Alfons VIII. von Kastilien und seiner jungen Braut Aenor von England auf Puivert ein großes Fest der Noblesse des Languedoc statt, der Trencavel war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht geboren.

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