Locked-in-Syndrom

Locked-in-Syndrom
Klassifikation nach ICD-10
G83.80 Locked-in-Syndrom
P91.80 Locked-in-Syndrom beim Neugeborenen
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das so genannte Locked-in-Syndrom (engl.; dt. Eingeschlossensein- bzw. Gefangensein-Syndrom) bezeichnet einen Zustand, in dem ein Mensch zwar bei Bewusstsein, jedoch körperlich fast vollständig gelähmt und unfähig ist, sich sprachlich oder durch Bewegungen verständlich zu machen.

Kommunikationsmöglichkeiten nach außen ergeben sich meist nur durch die erhaltene vertikale Augenbeweglichkeit. Wenn auch diese verloren gegangen ist, ist die Verwendung eines Brain-Computer-Interfaces die letzte verbleibende Möglichkeit, dem Betroffenen die Kommunikation mit der Außenwelt zu ermöglichen. Der Hörsinn ist völlig intakt. "Ja"-"Nein"-Fragen sowie "und"-"oder"-Fragen kann also jeder Patient (mit einem Augenzwinkern) beantworten.

Zu den neurologischen Ursachen des Locked-In-Syndroms zählen unter anderem Läsionen im Pons, selten auch im Mittelhirn oder auf beiden Seiten der Capsula interna. Den Läsionen liegt im Allgemeinen eine Gefäßstörung nach einer Thrombose der Arteria basilaris zugrunde. Es ist schwierig, diese Form des Locked-in-Syndroms von anderen Formen der Querschnittlähmung mit Bewusstseinsverlust zu unterscheiden. Aufgrund der Schädigung im Bereich des Pons sind vertikale Blickbewegungen möglich, da die motorischen Bereiche, im Gegensatz zu den horizontalen Bewegungen, oberhalb des Pons liegen. Mithilfe dieser Augenbewegungen ist eine Verständigung möglich.

Die Betreuung macht besondere Pflegemaßnahmen erforderlich. Eine Behandlung der Ursachen, Psycho- und Physiotherapie sowie Ergotherapie zur Förderung der Selbstständigkeit sind notwendig. Gewöhnlich muss der Patient wegen der Schluckstörung (Dysphagie) künstlich ernährt werden. Die expressiven sprachlichen Fähigkeiten und die Schluckfähigkeit werden mittels der Logopädie teilweise oder manchmal auch komplett wieder hergestellt. Die Krankheit ist schwerwiegend und weist eine erhebliche Mortalitätsrate auf. Eine teilweise erfolgende Besserung ist aber möglich.

Ein Betroffener berichtete:

„Ich glaube, dass die unendliche Geduld, welche die Behandlung meiner Krankheit braucht, in unserer Gesellschaft nicht sehr verbreitet ist und dass meine Krankheit und diese schnelllebige Gesellschaft nichts gemeinsam haben. Sicherlich ist die Ungeduld das, was ich am meisten fürchte. Es scheint, als hätten die Menschen vergessen, dass sie selbst ungefähr ein Jahr benötigt haben, um laufen und sprechen zu lernen... Ich werde sicherlich unter erschwerten Bedingungen mindestens ähnlich lange brauchen.“

Karl-Heinz Pantke, August 1996: dradio.de Deutschlandfunk, Das Feature, 27. Mai 2011, Manuskript, S. 5 (25. Juli 2011)

Das Locked-in-Syndrom ist vom Wachkoma abzugrenzen, da das Bewusstsein des Patienten größtenteils erhalten bleibt. Er ist meist genauso aufnahmefähig wie ein Gesunder. Er kann alles in seiner Umgebung hören und verstehen, kann sich aber nicht auf herkömmliche Weise mitteilen.

Inhaltsverzeichnis

Weblinks

dradio.de, Deutschlandfunk, Das Feature, 27. Mai 2011, Michael Langer: Auf der anderen Seite - Wenn Menschen Gefangene ihres Körpers sind (25. Juli 2011); Manuskript zu dieser Sendung: [1] (25. Juli 2011)

Literatur

  • Zebin Gernlach: War ich nicht tot genug? Tatsachenbericht. Empfinden im Koma. BoD GmbH, Norderstedt 2000, ISBN 3-89811-875-4
  • Dr. Karl-Heinz Pantke: Locked-in. Gefangen im eigenen Körper. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-933050-08-1
  • Philippe Vigand, Stephane Vigand: Verdammte Stille. Heyne, München 2000, ISBN 3-453-17143-8
  • Julia Tavalaro: Bis auf den Grund des Ozeans. Herder-Spektrum, Freiburg 1998, ISBN 3-451-26658-X
  • Jean-Dominique Bauby: Schmetterling und Taucherglocke. Zsolnay, Wien 1997, ISBN 3-552-04869-3
  • Laetitia Bohn-Derrien: "Ich spreche". Die Geschichte einer Frau, die am Locked-in-Syndrom erkrankte und auf unglaubliche Weise ins Leben zurückkehrte. Goldmann Verlag, 2006, ISBN 3-442-31111-X
  • Hera Lind: "Der Mann, der wirklich liebte", Diana Verlag, März 2010, ISBN 3-453-35445-1

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