Londoner Akte

Londoner Akte

Die Londoner Akte (auch Londoner Neunmächtekonferenz oder Neun-Mächte-Konferenz) vom 3. Oktober 1954 ermöglichte der Bundesrepublik Deutschland den Beitritt zur NATO. Gleichzeitig war damit für die Bundesrepublik die Aufhebung des Besatzungsstatuts verbunden. Die Konferenz bereitete die Pariser Verträge entscheidend vor.

Nachdem der Vertrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) an der französischen Nationalversammlung gescheitert war, stand die bereits seit Anfang der 1950er-Jahre geplante Wiederbewaffnung der Bundesrepublik vor dem Scheitern, da für alle daran interessierten Mächte eine neue deutsche Armee nach dem Zweiten Weltkrieg nur im Rahmen einer supranationalen Organisation denkbar war.

Um zu einer Lösung zu kommen begann auf Einladung des britischen Außenministers Sir Anthony Eden am 28. September 1954 in London eine Konferenz mit dem Ziel die Bundesrepublik in das westliche Bündnissystem zu integrieren. Beteiligt waren sieben europäische Staaten (Großbritannien, Frankreich, Italien, Beneluxländer und Deutschland) und die NATO-Staaten USA und Kanada. Bereits am 3. Oktober wurde das Verhandlungsergebnis unterzeichnet.

Darin wurden Italien und der Bundesrepublik der Beitritt zum Brüsseler Vertrag und Westdeutschland auch der Beitritt zur NATO ermöglicht. Die Bundesrepublik musste sich verpflichten, die Charta der Vereinten Nationen anzuerkennen. Außerdem musste sie erklären in der Frage der Wiedervereinigung auf jegliche Gewalt zu verzichten. Die Bundesrepublik durfte nunmehr im Rahmen des Bündnisses eine Armee von insgesamt 500.000 Mann aufbauen. Dabei musste sie aber auf die Produktion von atomaren, biologischen und chemischen Waffen (ABC-Waffen) auf deutschem Boden verzichten. Außerdem sicherten die westlichen Weltkriegsalliierten zu, so bald wie möglich das Besatzungsstatut aufzuheben. Großbritannien, die USA und Kanada sicherten bei der Konferenz die Stationierung von Truppen zu, um etwaigem sowjetischen Hegemonialstreben vorzubeugen.

In der Bundesrepublik stieß der Vertrag und die Wiederaufrüstung auf scharfe Kritik der Opposition, ohne das dies etwas an dem eingeschlagenen Kurs ändern konnte. Auf vier Konferenzen in Paris wurden die Beschlüsse von London Ende Oktober 1954 konkretisiert und vertraglich geregelt. Aus dem Brüsseler Vertrag ging die Westeuropäischen Union (WEU) hervor, die die gescheiterte EVG ablöste. Am 9. Mai 1955 trat die Bundesrepublik der NATO bei. Gleichzeitig wurde das Besatzungsstatut aufgehoben und die Bundesrepublik erhielt ihre Souveränität.

Siehe auch

Literatur

  • Dietrich Thränhardt: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1949–1990. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997, S. 83 f.

Weblinks


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