- Londoner Kutschenstreit
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Der Londoner Kutschenstreit (frz. Guerre de préséance, engl. Contest for precedence) war ein diplomatischer Zwischenfall, der sich am 30. September 1661 in London zutrug und den schwelenden Rangstreit zwischen dem Königreich Frankreich und dem Königreich Spanien zuspitzte.
Nachdem eine Zeit lang beide Seiten den protokollarischen Vorrang ihrer Repräsentanten für sich reklamiert hatten, eskalierte der Konflikt anlässlich des Einzugs des neuen schwedischen Botschafters Per Brahe in London. Sowohl der französische Botschafter Godefroy d'Estrades als auch der spanische Botschafter Jean Charles de Watteville nahmen für sich in Anspruch, mit ihren Kutschen an der Spitze des Zuges zu fahren. Beide Seiten waren zuvor gut instruiert worden. Besonders Ludwig XIV. bestand darauf, dass Frankreich als Vormacht Europas den Vorrang vor jedem anderen hatte. Es kam schließlich auf dem Weg nach Whitehall zum Eklat: Die Franzosen hatten sich gut bewaffnet, doch im folgenden Handgemenge, das mehrere Todesopfer forderte, gewannen die Spanier die Oberhand, da sie vorsorglich zahlreiche Schaulustige bestochen hatten. Spanier und „verpflichtete“ Anwohner töteten die Pferde vor der französischen Kutsche sowie Angehörige der Delegation des französischen Botschafters. Daher konnten die Franzosen nur noch nachrangig am Einzug teilnehmen.
Damit hatten die Spanier genau das geliefert, was Ludwig XIV. erhofft hatte, nämlich eine erneute Beleidigung der französischen Krone. Der König von Frankreich reagierte umgehend: Der spanische Botschafter in Frankreich wurde des Landes verwiesen, der Botschafter Frankreichs in Spanien abgezogen. Ludwig XIV. forderte eine öffentliche Entschuldigung des Königs von Spanien und den uneingeschränkten Vorrang Frankreichs in allen Angelegenheiten und an allen Höfen Europas. Sollte Spanien diesen Forderungen nicht nachkommen, so würde Frankreich in Spanien einmarschieren und die Spanischen Niederlande annektieren. Wohl wissend, dass Spanien zahlungsunfähig war und über keine Truppen mehr verfügte, nachdem es erst 1659 im Pyrenäenfrieden einen langen Krieg mit Frankreich verloren hatte, blieb Spanien nichts übrig, als alle Forderungen anzuerkennen.
Der Londoner Kutschenstreit gilt als erster großer Auftritt des „Sonnenkönigs“ in der europäischen Politik. Mit dem Streit hatte Ludwig XIV. auch das Ziel verfolgt, ganz Europa zu zeigen, dass er nicht nur der mächtigste König Europas, sondern auch ein politisch erfahrener Mann war. Dieser Zwischenfall gilt als eines der besten Beispiele für außenpolitische Staatsräson. Es geht dabei nicht um die Aktion an sich, sondern um die bewusste Provokation eines Zwischenfalls seitens Frankreichs und dem darauf folgenden Aufbau einer Drohkulisse gegenüber Spanien nach dem Londoner Zwischenfall.
Der Fall wurde von einem Zeitzeugen beschrieben: Samuel Pepys erwähnt die Episode in seinem Tagebuch am 30. September und 4. Oktober 1661 (siehe: Weblinks). Interessant ist der Stimmungsbericht. Er erzählt dort: “And indeed we do naturally all love the Spanish, and hate the French.” (deutsch: „Und natürlich lieben wir wirklich alle die Spanier und hassen die Franzosen.“)
Literatur/Weblinks
- The Diary of Samuel Pepys: Monday 30 September 1661, Friday 4 October 1661
- A Contest for Precedence ausführliche Beschreibung des Ereignisses und der Vorgeschichte im Book of Days von Robert Chambers (1802-1871)
- Olivier Bernier: Ludwig XIV. Die Biographie. Albatross-Verlag, Düsseldorf 2003, ISBN 3-491-96085-1
- Joël Cornette: Chronique du Règne de Louis XIV. Edition Sedes, Paris 1997, ISBN 2-7181-9011-6
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