- Lügner-Antinomie
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Ein Lügner-Paradox ist ein Paradoxon, das dadurch entsteht, dass ein Satz auf sich selbst Bezug nimmt und seine eigene Falschheit aussagt. Vom Lügner-Paradox gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Varianten, eine einfache Form ist die folgende:
„Dieser Satz ist falsch.“
– Lügner-Paradox
Das Paradox entsteht wie folgt: Nehmen wir an, der Satz sei falsch. Dies ist aber genau das, was der Satz sagt, der Satz ist damit wahr. Dies ist ein Widerspruch. Nehmen wir nun stattdessen an, der Satz sei wahr. Der Satz sagt aber, dass er falsch ist, daher muss er, wenn er wahr ist, falsch sein - ebenfalls ein Widerspruch. Gehen wir nun davon aus, dass der Satz entweder wahr oder falsch ist, dann erhalten wir in jedem Fall einen Widerspruch, d.h. der Satz ist paradox.
Eine etwas längere Form ist: Der nächste Satz ist falsch. Der vorhergehende Satz ist wahr. Diese Form beseitigt die Notwendigkeit der impliziten Annahme, dass der Satz selbstbezüglich ist und "dieser" sich tatsächlich auf den Satz bezieht und nicht etwa auf einen anderen.
Das Paradox wird oft dem Kreter Epimenides zugeschrieben, der den folgenden Satz geäußert habe: Alle Kreter sind Lügner.
In dieser Form ist der Satz jedoch kein Paradox. Die Aussage kann wahr sein, da Lügner nicht immer lügen müssen. Die Aussage kann falsch sein, da nicht alle Kreter Lügner sein müssen, nur Epimenides in diesem Fall gelogen hätte.
Inhaltsverzeichnis
Scheinbare Lösungen
Es gibt eine Reihe von scheinbaren Möglichkeiten, das Paradox zu vermeiden, diese führen jedoch immer wieder dazu, dass sich das Paradoxum in leicht veränderter Form neu stellen lässt.
Die erste Möglichkeit, die einem in den Sinn kommen könnte, wäre, es zu bestreiten, dass Sätze immer entweder wahr oder falsch seien, und es stattdessen zuzulassen, dass Sätze einen dritten Wert, etwa "unbestimmt", haben können. Das Paradox in seiner oben genannten Form löst sich dadurch auf. Es lässt sich jedoch sofort neu in etwas veränderter Form ableiten. Denn im Falle, dass Dieser Satz ist falsch wahr oder unbestimmt wäre, dürfte er nicht falsch sein. Da das nicht sein kann, ist er also falsch. Dies ist wiederum genau das, was er behauptet, er ist also wahr und falsch - erneut ein Widerspruch.
Eine etwas radikalere Möglichkeit, das Paradox aufzulösen, wäre die, zuzulassen, dass Sätze gleichzeitig wahr und nicht wahr (falsch) sind - akzeptiert man einfach diese Möglichkeit, dann ist dies auch nicht mehr paradox. Auch in diesem Falle kann das Paradox jedoch erneut gestellt werden (Currys Paradox):
- Wenn dieser Satz wahr ist, ist der Himmel grün.
(Statt "Der Himmel ist grün" kann eine beliebige offensichtlich falsche Aussage genommen werden.) Nehmen wir nämlich an, dass dieser Satz wahr ist, dann gilt: Wenn dieser Satz wahr ist, dann ist der Himmel grün. Unter der Annahme, dass der Satz wahr ist, können wir also folgern: "Der Himmel ist grün". Damit gilt: Wenn der Satz wahr ist, ist der Himmel grün. Unser Satz ist also tatsächlich wahr. Da der Satz aber sagt, dass wenn er wahr ist, der Himmel grün ist, müssen wir damit also akzeptieren, dass der Himmel grün ist, was offensichtlich falsch ist.
Lösung durch die Einbeziehung der sprachlichen Metaebene
Da der Satz "Dieser Satz ist falsch" selbstbezüglich ist, muss die (metasprachliche) Aussage über den Wahrheitsgehalt des Satzes in die Gesamtaussage mit aufgenommen werden. Die Aussagevariable A möge für die metasprachliche Aussage stehen, die besagt, dass der Satz auf Kommunikationsebene (nämlich: "Dieser Satz ist falsch") wahr ist. Der kommunizierte Satz lässt sich dann durch ¬A ausdrücken. Die Aussage der Metaebene verbindet sich mit der Aussage der Kommunikationsebene zur Gesamtaussage A=¬A. Und dieser Ausdruck ist äquivalent zu A∧¬A. Es ist dies also ein logisch falscher Ausdruck. Das heißt, dass es im Rahmen der Logik keine Wertebelegung für A gibt, so dass diese Aussage wahr wird. Es fehlt demnach die Möglichkeit, der Aussage "Dieser Satz ist falsch" einen Wahrheitswert "falsch" oder "wahr" zuzumessen. Bei einer Äußerung wie "Hoppla!" kommen wir gar nicht auf die Idee, so etwas zu versuchen. Der nicht-logische Charakter der Äußerung ist leicht zu durchschauen. Das sogenannte Lügnerparadoxon ist insofern irreführend, als es sich um einen grammatikalisch wohlgeformten Satz handelt [1].
Tarskis Lösung
Der polnische Logiker Alfred Tarski hat im Rahmen seiner Wahrheitstheorie eine Lösung für das Lügner-Paradox vorgeschlagen, die allerdings nur für formale Sprachen wirklich durchführbar ist. Grundgedanke ist, dass es eine Hierarchie von Sprachebenen und gleichzeitig eine Hierarchie von Wahrheitsprädikaten "wahr0", "wahr1", "wahr2" usw. gibt. Ein Wahrheitsprädikat der Hierarchieebene n darf nur von einem Satz einer Hierarchieebene kleiner n ausgesagt werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass ein Satz von sich selber seine eigene Wahrheit aussagt, solche Sätze gelten als nicht wohlgeformt. Tarskis Lösung erinnert an die Typentheorie, die als Lösung für ein dem Lügner-Paradox ähnliches Paradox, die Russellsche Antinomie, vorgeschlagen worden war.
Das Lügner-Paradox in der Populärkultur
In der englischen Science-Fiction-Fernsehserie "Doctor Who" (Folge: "The Green Death"/"Der grüne Tod") wird das Lügner-Paradoxon dazu verwendet, um einen Computer kampfunfähig zu machen. Der Doktor fragt den (bösartigen) Computer BOSS, ob der ihm glauben würde, wenn er behauptete, dass das, was er als nächstes sagen würde, die Wahrheit sei, was er aber eben gesagt habe, eine Lüge. Der Computer beginnt zu rechnen. Als die Rechnung seine Ressourcen mehr und mehr beansprucht, kann der Doktor fliehen.
Ein ähnliches Motiv taucht in der Folge "Der dressierte Herrscher" der US-amerikanischen Serie Raumschiff Enterprise auf. Spock verwendet hier das Lügner-Paradox, um einen Androiden, der das Außenteam gefangen hält, zu verwirren und letztlich außer Gefecht zu setzen.
Eine weitere populärkulturelle Anspielung gibt es schließlich in Ghost in the Shell: Stand Alone Complex. Hier schalteten die Tachikoma (intelligente Panzer mit individuellem Charakter) einen Roboter durch eine komplexe Form des Lügnerparadoxons aus.
Siehe auch
Weblinks
- Bradley Dowden: Eintrag in der Internet Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
- http://www2.hs-fulda.de/~grams/dnkfln.htm (Denkfallen und Paradoxa)
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