Mala Zimetbaum

Mala Zimetbaum

Malka („Mala“) Zimetbaum (* 26. Januar 1918[1] in Brzesko; † 15. September 1944 in Auschwitz) war eine belgische Jüdin polnischer Herkunft und Widerstandskämpferin im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, wo sie 1944 ermordet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mala Zimetbaum wurde als Tochter von Pinkas und Chaya Zimetbaum im südlichen Polen geboren, wuchs aber in Belgien auf, wohin ihre Familie in den Zwanziger Jahren zog. Sie war das jüngste unter fünf Geschwistern. In Antwerpen, wo sich die Familie 1928 definitiv niederließ, trat sie als Jugendliche einer jüdischen Organisation bei. Schon während ihres Studiums ging sie arbeiten, da der erblindete Vater die Familie nicht mehr ernähren konnte; zuerst war sie in der Modebranche tätig, dann als Übersetzerin bei einem Juwelier.

In Auschwitz

Nach der deutschen Besetzung Belgiens im Sommer 1940 ging Mala mit ihrer Familie in den Untergrund. Am 22. Juli 1942 wurde sie von der Gestapo verhaftet und zunächst nach Fort Breendonk, anschließend ins Sammellager Mecheln (Malines) verbracht, bevor man sie im September 1942 nach Auschwitz deportierte, wo sie die Häftlingsnummer 19880 erhielt. Sie überstand die Selektion und kam ins Frauenlager Birkenau, wo sie wegen ihrer vielfachen Sprachkenntnisse – sie sprach Deutsch, Französisch, Holländisch, Italienisch und Polnisch – als Dolmetscherin, also in einer vergleichsweise privilegierten Stelle, eingesetzt wurde und auch Büroarbeiten verrichtete. Zu ihren Aufgaben gehörte es, Häftlingen, die aus dem Häftlingskrankenbau als gesund entlassen wurden, Arbeitskommandos zuzuweisen, wobei sie kranke Häftlinge vor bevorstehenden Selektionen gewarnt haben soll. Eine Mitgefangene, die Auschwitz überlebte und 1964 als Zeugin im ersten Frankfurter Auschwitzprozess aussagte, beschrieb sie vor Gericht so:

„Also Mala Zimetbaum habe ich seit 42 gekannt. Das war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, diese junge Frau. Weil sie einen guten Posten hatte, und im [Gegensatz] zu den anderen, die diese Macht ausübten, war sie gut, mitleidig, hat immer allen geholfen und [wurde] so wie ein Engel angeschaut. [Ihr war sehr bewußt], was die Lage der Juden im Lager bedeutet. Und bei uns wurde [darüber] gesprochen, daß ihre Flucht mit einem Polen, der Edek hieß, keine normale Flucht war.[2]

Der letzte Satz spielt darauf an, dass Mala, die die ihr gebotenen Vorteile gegenüber den anderen Häftlingen nicht ausnutzte und das Vertrauen ihrer Leidensgenossen besaß, eine wichtige Rolle im Lagerwiderstand spielte. Am 24. Juni 1944 floh sie gemeinsam mit ihrem polnischen Geliebten, dem „politischen Häftling“ Edek Galinski, in einer SS-Uniform verkleidet aus Auschwitz und versuchte dabei, Deportiertenlisten, zu denen sie Zugang hatte, nach außen zu schmuggeln, um die Welt von den Vorgängen in Auschwitz in Kenntnis zu setzen[3]. Doch am 6. Juli wurde sie mit Edek an der Grenze zur Slowakei gefasst, zurück nach Auschwitz gebracht und nach intensiven Verhören durch die Politische Abteilung (Block 11) wegen ihres Fluchtversuchs zum Tod durch Erhängen verurteilt. Gleichwohl sperrte man sie anschließend in den Strafbunker, wo sie, unter anderem von Wilhelm Boger, schwer misshandelt wurde. Dennoch war ihre Haltung, wie eine Mitgefangene rückblickend erzählte, stark und gefasst:

„Und die Mala selber kam auch zu uns, in die kleine Baracke. Und dann habe ich mit ihr sprechen können. Und sie war stolz und ruhig. Und wie man sie gefragt hat: »Wie geht es dir, Mala?« hat sie gesagt: »Mir geht es immer wohl«, obgleich sie wußte, was ihr Ende sein wird.[4]

Ihre geplante Hinrichtung am 15. September 1944 wurde von der Lagerleitung als Exempel inszeniert; zur Exekution war für das gesamte Frauenlager Generalappell befohlen. Doch Mala hatte sich heimlich Rasierklingen beschafft, und es gelang ihr, sich damit unmittelbar vor der Vollstreckung die Pulsadern zu öffnen. Als ein SS-Aufseher ihr daraufhin die Klingen wegnahm, schlug sie ihn mit ihren blutenden Händen ins Gesicht und rief: "Ich werde als Heldin sterben, du verreckst wie ein Hund!"[5] Daraufhin wurde Mala von den Aufsehern, die dieser Akt des selbstbewussten Widerstandes einer Jüdin rasend machte[6], brutal misshandelt, geschlagen und getreten. Zugleich erging der Befehl, sie lebendig im Krematorium zu verbrennen. Ein Mithäftling berichtet:

„Dann wurde sie durch das ganze Lager geführt und in eine kleine Kiste geworfen. Als man sie in der Kiste in das Krematorium gebracht hat, ist sie an unserem Bürotor vorbeigezogen. Sie war nur noch ein Klumpen. Sie hat nur noch geröchelt.[7]

Augenzeugen berichten übereinstimmend, dass Mala, entgegen dem Befehl, noch vor ihrer Verbrennung den Tod gefunden habe: Die einen behaupten, ein SS-Mann habe sie zuvor aus Mitleid erschossen; andere erzählen, sie sei noch auf dem Karren, worin man sie zum Krematorium zog, verblutet; nach einer weiteren Version habe sie durch Gift, das sie bei sich trug, sich selber das Leben nehmen können.

Fortleben

Im Jahr 2002 wurde in Athen das Musical „Μάλα. Η μουσική του ανέμου“ (dt.: Mala. Die Musik des Windes) von Nikos Karvelas uraufgeführt, das die Liebesgeschichte zwischen Mala Zimetbaum und Edek Galinski verarbeitet. Die Hauptrolle spielte Anna Vissi.[8]

Am 9. Februar 2007 hatte am Maxim Gorki Theater in Berlin das Stück Mala Zementbaum von Armin Petras und Thomas Lawinky Premiere, das die Lebensgeschichte Malas, allerdings stark verfremdet, poetisch aufgreift[9].

Quellen

Literatur

  • Israel Gutman, Mala Zimetbaum, in: Enzyklopädie des Holocaust, Bd. 3, München 1995.
  • Gérard Huber, Mala. Une femme juive héroique dans le camp d'Auschwitz-Birkenau, Paris 2006.
  • Hermann Langbein, Menschen in Auschwitz, Frankfurt/Main u.a. 1980. ISBN 3-548-33014-2
  • Jürgen Serke, Die Gesichter von Auschwitz, in: Cicero-Magazin, Mai 2005, S. 66 ff.
  • Lorenz Sichelschmidt, Mala. Ein Leben und eine Liebe in Auschwitz, Bremen 1995.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Geburtsdatum nach Auschwitz-Prozess, S. 775 f.; abweichend findet sich auch „16. Januar“ bzw. „1922“ angegeben.
  2. Vgl. Auschwitz-Prozess, S. 13862.
  3. Vgl. Auschwitz-Prozess, S. 13895
  4. Vgl. Auschwitz-Prozess, S. 13863.
  5. Vgl. Auschwitz-Prozess', S. 13864.
  6. Vgl. Wolfgang Sofsky, Die Ordnung des Terrors. Das Konzentrationslager, Frankfurt/Main 1993, S. 254, 367.
  7. Vgl. Auschwitz-Prozess, S. 19448.
  8. Vgl. Homepage (gr.) im Internet Archive.
  9. Vgl. Eberhard Spreng, "Mala Zementbaum", Deutschlandfunk, 10. Februar 2007.

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