Marduk

Marduk
Marduk und sein Drache - Zeichnung nach einem babylonischen Rollsiegel

Marduk (sumerisch: DINGIRAMAR.UD "Kalb des Utu"; DINGIRTU.TU.eribu "Die untergehende Sonne"[1]) war der Stadtgott von Babylon und später der Hauptgott der babylonischen Religion. Seine Attribute waren der Mardukdrache Mušḫuššu, oft auch als Marduktier bezeichnet, und der Spaten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich war Marduk nur ein relativ unbedeutender Stadtgott von Babylon. Als es jedoch Hammurapi gelang, die verschiedenen Zwistigkeiten der anderen Stadtstaaten auszunützen und unter die Herrschaft von Babylon zu zwingen, erklärte er auch den babylonischen Stadtgott, zum obersten Gott des Pantheons. Dementsprechend wurde Marduk im Codex Hammurapi bereits als Sohn von Ea bezeichnet. Sein Aufstieg als oberster Gott über die Stadtgrenzen hinaus erfährt Marduk ab der 2. Dynastie von Isin in dem Schöpfungsmythos Enuma Eliš. In diesem wird beschrieben, wie Marduk von den bisherigen Göttern zu ihrem Oberhaupt gewählt wird. Somit übernahm Marduk die Funktion einer Vielzahl von Göttern, was sich in den 50 Namen des Marduks widerspiegelte. Marduk konnte also alleine die Funktion der bisherigen Göttertrias An, Enlil und Enki bzw. des Quartetts An, Enlil, Enki und Ninmach übernehmen, was in dem stetig wachsenden Einfluss Babylons begründet war.

Genealogie

Obwohl die schreibweise des Namens „amar-ud“ als Kalb des Utu übersetzt werden kann, gibt es keine Hinweise, dass der Sonnengott Utu als Vater von Marduk galt. Viel eher ist es so, dass er mit dem Beschwörungsgott Asalluchi gleichgesetzt wurde, um so als Sohn Eas gelten zu können. Seine ursprüngliche Funktion als Sonnengott wird auch in der Gleichsetzung mit Tutu, dem Stadtgott von Borsippa deutlich, welcher als Gott der untergehenden Sonne galt.[2]

Mythologie

Enuma Eliš

Im Enuma Eliš wird Marduks Aufstieg beschrieben: Ea zeugt in seiner Behausung auf dem Apsu Marduk, das überragendste seiner Kinder. Er erhält doppelt göttliche Fähigkeiten von seinem Vater und dessen Vätern, und ihm werden die sogenannten Schicksalstafeln anvertraut, welche die Geschichte der Welt bestimmen.

Die jungen Göttergenerationen stören mit ihrem lärmenden Treiben bald Tiamat, Urmutter aller Götter, und Apsu, ihren männlichen Gegenpart. Apsu beschließt, seine Nachkommen zu vernichten, jedoch kommt Ea ihm zuvor, tötet ihn und errichtet auf ihm seine Wohnstatt. Tiamat gebiert viele Ungeheuer, um gegen ihre göttlichen Kinder zu kämpfen und wählt sich Kingu, einen ihrer Söhne, zum Gatten. Ihm übergibt sie auch die Schicksalstafeln und so die oberste Macht. In ihrer Not wählen die Götter Marduk zu ihrem Anführer, der sich bereit erklärt, sie zu retten, wenn er danach Herr über alles werde.

Im Chaosdrachenkampf tritt er Tiamat entgegen und spaltet sie in zwei Hälften, aus denen er die Welt und den Himmel formt. Er wird von den Göttern geehrt und zu ihrem Herrn gekrönt. Fünfzig Ehrennamen werden ihm verliehen und die Schicksalstafeln an seiner Brust befestigt. Seinen Thron errichtet Marduk in Babylon, das zum Zentrum der Welt wird.

Nachdem die Welt geschaffen ist und geordnet werden will, ersinnen Marduk und sein weiser Vater Ea den Menschen. Sie formen ihn aus Lehm und dem Blut von Kingu.

Möglicherweise diente das babylonische Schöpfungsepos Enuma Eliš dazu, Marduk als Oberhaupt des babylonischen Pantheons zu installieren und die parallelen Kosmogonien der vielen Stadtstaaten zu beseitigen. Viele Götter und Begebenheiten des Enuma Eliš stammen aus der sumerischen Kultur, die größtenteils von den Babyloniern adaptiert worden ist. Die archäologische Quellenlage in Bezug auf die sumerische und babylonische Mythologie lässt verschiedene Interpretationen des Schöpfungsmythos zu. Der Kampf von Chaos gegen Kosmos hat auf verschiedene Weise Ausdruck in der materiellen Kultur der mesopotamischen Hochkulturen gefunden, jedoch bleiben Interpretationen dieser Quellen immer spekulativ und die Einschätzung bestimmter Details geht weit auseinander.[3]

Derselben Tradition der Mardukverehrung wie das Enuma Eliš gehört die Dichtung Ludlul bel nemeqi an. Sie setzt wie das Schöpfungsepos eine überlegene Stellung Marduks über alle Götter voraus, bezieht diese aber auf Fragen der persönlichen Frömmigkeit.

Bibel

In den Spätschriften des alten Testaments (Apokryphen), Stücke zu Daniel 2,1-21 und Buch Baruch 6,41, wird Marduk Bel/Bēl genannt (siehe auch Ba'al). Die Bezeichnung Beelzebub kommt jedoch von dem Gott Baal Ṣebul, der später Beelsebul gelesen wurde und volksetymologisch zu Beelzebub geformt wurde.

Literatur

  • Helmut Freydank u.a.: Lexikon Alter Orient. Ägypten * Indien * China * Vorderasien. VMA-Verlag, Wiesbaden 1997, ISBN 3-928127-40-3.
  • Gwendolyn Leick: A Dictionary of Ancient Near Eastern Mythology. New York 1998.
  • Brigitte Groneberg: Die Götter des Zweistromlandes. Kulte, Mythen, Epen. Artemis & Winkler, Stuttgart 2004, ISBN 3-7608-2306-8.
  • Michael Jursa: Die Babylonier, Geschichte, Gesellschaft, Kultur. München 2004
  • Otto E. Dietz: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Berlin/New York 2005
  • Florian Illerhaus: Marduks Kampf gegen das Chaos-Ungeheuer Tiamat. Darstellungen des babylonischen Schöpfungsmythos und die Vielfalt der Deutungen. München 2011, ISBN 3-640-80470-8.

Einzelnachweise

  1. Otto E. Dietz: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie.
  2. Michael Jursa: Die Babylonier, Geschichte, Gesellschaft, Kultur.
  3. Florian Illerhaus: Marduks Kampf gegen das Chaosungeheuer Tiamat. Darstellungen des babylonischen Schöpfungsmythos und die Vielfalt der Deutungen. München. 2011. S. 13.

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