Marmoriertes Papier

Marmoriertes Papier

Als Marmorpapier (auch: marmoriertes Papier, türkisches Papier, venezianisches Papier; türkisch ebru und persisch abri) bezeichnet man mit verschiedenen speziellen Verfahren von Hand verzierte Papierbögen, die besonders im 19. Jahrhundert, teils aber auch heute als Überzugsmaterial für handgebundene Bücher, als Vorsatzpapier sowie neuerdings als Geschenkpapier (lizenzierte Nachdrucke von Originalen) verwendet werden.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Die Herstellung von traditionellem handgemachten Marmorpapier, die in Japan bereits um das Jahr 1000 bekannt war, gleicht der eines Marmorschnitts. Ein flaches Becken wird mit der sog. Schlichte gefüllt; dies ist eine Gallerte, die durch Auflösen von Tragantgummi in Wasser, Aufkochen von Irländischem Moos (Chondrus crispus) oder durch eine Lösung von Methylcellulose in Wasser hergestellt wird. Die Schlichte wird abgestrichen. Nun werden auf die flache Oberfläche des Leimbades Aquarellfarben aufgebracht, die mit Ochsengalle versetzt sind. Dieser Zusatz dient der Herabsetzung der Oberflächenspannung der Farbe, damit diese sich auf der Oberfläche der Schlichte ausbreiten kann. Die Farbe kann sich wegen der Konsistenz der Schlichte nicht mit dieser selbst oder den anderen Farben vermischen. Daher können die Farben nun mit verschiedenen Techniken in ornamentale Schlierenmuster gebracht werden, die tlw. natürlichem Marmor ähneln – daher der Name ‚Marmorpapier‘. Nun wird ein starker Papierbogen, der zuvor mit Alaunwasser gebeizt wurde, vorsichtig auf das Leimbad gelegt und anschließend wieder abgehoben. Die Farbe bleibt am Papier haften. Anschließend werden die Reste der Schlichte mit Wasser abgespült. Die Beize mit Alaunlösung dient dazu, dass die Farbe bei dem Abspülen der Leimreste nicht mitabgespült wird. Die Farbe verbindet sich beim anschließenden Trocknen dauerhaft mit dem Papier.

Neben der traditionellen Herstellung mit Aquarellfarben kann auch mit Ölfarben marmoriert werden. Diese Technik erlaubt es auch ohne eine Gallerte als Grund in einem bloßen Wasserbad zu marmorieren. Allerdings bleiben die Ergebnisse im Regelfall deutlich hinter denen des Marmorpapiers auf Basis von Aquarellfarben zurück, da sich die Musterung des Papiers nicht so weitgehend wie bei der traditionellen Herstellung kontrollieren lässt. Mit Ölfarben marmorierte Papiere haben insbesondere ein spezifisches körniges Aussehen, das nicht der Feinheit eines Marmorpapiers auf Aquarellbasis entspricht.

Arten

Je nach der Art der Aufbringung der Farben (Spritzen, Tupfen, Sprühen usw.) und der anschließenden Behandlung entstehen verschiedene Ornamente. Besonders typisch sind getupfte Muster, die echtem Marmor am nächsten kommen, sowie wellenartige Muster, die entstehen, wenn man mit einem Kamm durch die Farbschicht (sog. Kamm-Marmor) fährt. Auch strudelartig verquirlte u. ä. Varianten kommen vor; letztlich sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Aus der Türkei stammt etwa der Brauch, Blütenbilder auf den Leim zu zeichnen. Der Begriff Ebru wird auch als spezifische Bezeichnung von Mustern der letztgenannten Technik verwendet. Auch durch gezielte Bewegung des Papiers beim Aufbringen auf die Schlichte kann das Muster in spezifischer Form beeinflusst werden. Dabei ergeben sich dunkle Streifen, die das sonstige Marmormuster regelmäßig durchbrechen (Spanisches Muster).

Qualität

Marmorpapier ist ein besonders hochwertiges veredeltes Papier: Jeder Bogen stellt ein Unikat dar, da sich die Muster auch bei gleichem Vorgehen nicht genau wiederholen; zudem tritt auch innerhalb eines Bogens keine exakte Wiederholung des Musters auf, wie das bei anderen Verzierungstechniken der Fall ist. Marmorpapier wurde als Überzugsmaterial sowie Vorsatzpapier für Bücher früher in ganz Europa hergestellt und verwendet, besonders in England. Heute werden Marmorpapiere insbesondere in England, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Italien aber auch in Amerika manuell produziert und verkauft, wobei die Marmorierwerkstätten in Venedig in der öffentlichen Wahrnehmung am präsentesten sind. Neben dem echten Marmorpapier gibt es auch preiswerte Imitate, die das Muster in gewöhnlichem Farbdruck reproduzieren.

Beispiele

Weblinks

Literatur

  • Anne Chambers: Marmoriertes Papier. Ein praktischer Leitfaden. Verlag Paul Haupt, Bern, Stuttgart 1988, ISBN 3-258-03961-5
  • Gabriele Grünebaum: Buntpapier - Geschichte, Herstellung, Verwendung. DuMont Buchverlag Köln 1982, ISBN 3-7701-1406-X
  • Gabriele Grünebaum: How to Marbleize Paper: Step-By-Step Instructions for 12 Traditional Patterns. Dover Publications 1984, ISBN 0-486-24651-5
  • Gabriele Grünebaum: Techniques for Marbleizing Paper. Dover Publications 1995, ISBN 0-486-27156-0
  • Josef Halfer: Die Fortschritte der Marmorirkunst. Ein praktisches Handbuch für Buchbinder und Buntpapierfabrikanten. Budapest 1885.
  • Marianne Moll: Buntpapier. Herausgegeben von Susanne Krause, Hamburg 2004, ISBN 3-930961-94-6

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