Mescha-Stele

Mescha-Stele
Die Mescha-Stele fotografiert um 1891

Die Mescha-Stele (auch Moabiterstein genannt) ist eine Bauinschrift auf einer Stele (Gedenkstein) in moabitischer Sprache. Dieser Basaltstein ist das älteste erhaltene Denkmal in einer dem Hebräischen nahe verwandten Sprache und Schrift. In der Inschrift rühmt sich der moabitische König Mescha – neben der Ausführung verschiedener, von seinem Reichsgott Kemosch in Auftrag gegebener Bauvorhaben – der Befreiung seines Volkes aus der Abhängigkeit und Tributpflicht vom Nordreich Israel unter König Ahab der Dynastie Omri.

Die Stele wurde 1868 östlich des Toten Meeres bei Dhiban (Dibon) von dem elsässischen Missionar Frederick Augustus Klein entdeckt, später aber von Beduinen jener Gegend, den Beni Hamiden, mutwillig zerstört.[1]

Der restaurierte Stein steht heute im Louvre in Paris, eine Kopie davon im Britischen Museum in London. 1958 wurde in Kerak ein weiteres Fragment mit ähnlicher Inschrift zum gleichen Ereignis gefunden.

Der Fund der Mescha-Stele löste um 1870 eine Welle von wissenschaftlichen Fälschungen aus, die sogenannten Moabitica.

Inhaltsverzeichnis

Text der Mescha-Stele

Ich bin Mescha, Sohn des Kemosch [...], König von Moab, der Dibonite. Mein Vater war König über Moab dreißig Jahre, und ich herrschte nach meinem Vater. Und ich machte dieses Höhenheiligtum für Kemosch in Qarchoh (vermutlich ein Teil von Dibon), ich baute sie als Zeichen der Rettung, denn er rettete mich vor allen Angreifern und ließ mich triumphieren über alle meine Gegner.
Omri war König über Israel und bedrängte Moab viele Tage, denn Kemosch zürnte seinem Land. Und es folgte ihm sein Sohn. Und auch er sprach: "Ich will Moab bedrängen." In meinen Tagen sprach er (so). Aber ich triumphierte über ihn und über sein Haus. Und Israel ist sicher für immer zu Grunde gegangen. Und Omri hatte sich des ganzen Landes von Medeba bemächtigt. Und er wohnte darin in meinen Tagen und in der Hälfte der Tage seines Sohnes, vierzig Jahre, aber Kemosch wohnte darin in meinen Tagen. Und ich baute Baal-Meon und machte die Zisterne darin und ich baute Qirjatan.
Und die Leute von Gad wohnten im Lande Atarot von jeher. Und der König von Israel hat für sich Atarot gebaut. Ich griff die Stadt an und nahm sie ein. Und ich tötete alles Volk (?) der Stadt als Opfer für Kemosch und für Moab. Und ich brachte von dort den Altar ihres Geliebten und schleppte ihn vor Kemosch in Qerjot. Und ich ließ dort die Leute von Scharon und die Leute von Maharot wohnen. Und Kemosch sprach zu mir: Geh, nimm Nebo (im Kampf) gegen Israel.
Und ich zog bei Nacht los und kämpfte gegen es vom Anbruch der Morgenröte bis Mittag. Und ich nahm es ein und tötete alle: siebentausend Männer und Sklaven und Frauen und Sklavinnen und Dirnen, denn ich hatte es dem Kemosch geweiht. Und ich nahm von dort die (Kult-)Geräte JHWHs und schleppte sie vor Kemosch. Und der König von Israel hatte Jahaz gebaut und lagerte darin während seines Feldzuges gegen mich. Da vertrieb ihn Kemosch vor mir.
Und ich nahm aus Moab zweihundert Mann, alle seine Anführer. Und ich brachte sie nach Jahaz und nahm es ein, um es Dibon anzugliedern. Ich baute Qarhoh, die Mauern, die Mauern des Parks und die Mauern der Zitadelle. Und ich baute seine Tore und ich baute seine Türme und ich baute den Palast des Königs und ich machte die Dämme des Becken[s für die Quel]len inmitten der Stadt. Aber eine Zisterne gab es nicht inmitten der Stadt, in Qarhoh.
Da sagte ich zu allem Volk: Macht euch jeder eine Zisterne in seinem Haus. Und ich habe die Gruben hauen lassen für Qarhoh durch Gefangene Israels. Ich habe Aroër gebaut und machte die Straße am Arnon. Ich habe Bet-Bamot gebaut, denn es war eine Ruine. Ich habe Beser gebaut, denn es war in Trümmern, mit fünfzig Mann aus Dibon, denn ganz Dibon sind meine Untertanen. Ich regierte über Hundert in den Städten, die ich dem Land angegliedert habe.
Und ich baute [Mede]ba und Bet-Diblatan und Bet-Baal-Meon und trug dort davon [...] Kleinvieh des Landes. Und [was] Hauronan [anlangt], so wohnte darin [...und] Kemosch sprach zu mir: Steige hinab und kämpfe gegen Hauronan. Da stieg ich hinab und [...und es wohnte] darin Kemosch in meinen Tagen [...] und von dort [...]und ich [...]

Aus dem Fragment der parallelen Inschrift in Kerak lässt sich möglicherweise der Name des Vaters von Mescha als Kemosch-Jat rekonstruieren.

Mit dem genannten Geliebten ist eventuell eine Gottheit gemeint; diese Stelle wird auch als "ich brachte von dort den Uriel, ihren David" übersetzt.

Die Massentötung der Bewohner von Nebo gilt als Beleg für eine damalige kanaanäische Praxis des Bannes eroberter Güter und Personen, die auch in der Bibel im Zuge der Landnahme Kanaans durch die Israeliten überliefert ist. Die vollständige Tötung von Frauen, Sklaven und Kindern ist dort jedoch nicht als historische Praxis belegt, sondern als fiktives Gottesgebot, das die zurückliegende tatsächlich mildere Praxis nachträglich verschärfen und tabuisieren sollte.

Literatur

Textausgaben
  • Charles Clermont-Ganneau: La Stèle de Dhiban ou stèle de Mesa roi de Moab, 896 avant J. C. Lettres à M. Le Cte de Vogüé. Librarie Polytechnique de J. Baudry u. a., Paris 1870 [Erstveröffentlichung].
  • Charles Clermont-Ganneau: La Stèle de Dhiban. In: Revue Archéologique. NS 21, 1870, ISSN 0035-0745, S. 184–207, 357–386.
  • Rudolf Smend, Albert Socin (Hrsg.): Die Inschrift des Königs Mesa von Moab. Für Akademische Vorlesungen. Mohr, Freiburg im Breisgau 1886.
  • Die Inschrift des Königs Mesa von Moab (um 840 v. Chr.). In: Kurt Galling (Hrsg.): Textbuch zur Geschichte Israels. 2. neubearbeitete Auflage. Mohr (Siebeck), Tübingen 1968.
  • Die Inschrift des Königs Mesa von Moab. In: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Band 1: Rechts- und Wirtschaftsurkunden. Historisch-chronologische Texte. Gütersloher Verlags-Haus, Gütersloh 1985, ISBN 3-579-00065-9, S. 646–650 (= Bd 1 Lfg. 6 mit exakten Zeilenangaben).
Sekundärliteratur
  • Theodor Nöldeke: Die Inschrift des Königs Mesa von Moab. (9. Jahrhundert vor Christus). Schwers, Kiel 1870.
  • Konstantin Schlottmann: Die Siegessäule Mesa's, Königs der Moabiter. Ein Beitrag zur hebräischen Alterthumskunde. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1870 (Halle-Wittenberg, Univ., Diss., 1870).
  • Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Aus den Quellen neu bearbeitet. Bd 2: Geschichte der Israeliten vom Tode des Königs Salomo (um 977 vorchr. Zeit) bis zum Tode des Juda Makkabi (160). Hälfte 1: Vom Tode des Königs Salomo bis zum babylonischen Exile (586). 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Leiner, Leipzig 1902.
  • Andrew Dearman (Hrsg.): Studies in the Mesha inscription and Moab. Scholars Press, Atlanta GA 1989, ISBN 1-55540-356-5 (Archaeology and biblical studies 2).
  • Hubert Irsigler: Großsatzformen im Althebräischen und die syntaktische Struktur der Inschrift des Königs Mescha von Moab. In: Hubert Irsigler (Hrsg.): Syntax und Text. Beiträge zur 22. Internationalen Ökumenischen Hebräisch-Dozenten-Konferenz 1993 in Bamberg. EOS-Verlag, St. Ottilien 1993, ISBN 3-88096-540-4, S. 81–121 (Philosophische Fakultät Altertumskunde und Kulturwissenschaften. Münchener Universitätsschriften 40).
  • Christian Molke: Der Text der Mescha-Stele und die biblische Geschichtsschreibung. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2006, ISBN 3-631-55807-4 (Beiträge zur Erforschung der antiken Moabitis (Arḍ el-Kerak) 5).
  • Thomas Wagner: Mescha-Stele. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen (Hgg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), 2006
  • Jonathan Stökl: Kings, Heroes, Gods. The History of the Translation of the term ’r’l dwdh in Line Twelve of the Meša‘-Stele. In: Kleine Untersuchungen zur Sprache des Alten Testaments und seiner Umwelt. (KUSATU). 8, 9, 2008, ISBN 978-3-89991-080-3, S. 135–162.
  • Kwang Cheol Park: Ende Zeile 11 der Mesha-Inschrift. Vorschlag einer neuen Lesung. In: Kleine Untersuchungen zur Sprache des Alten Testaments und seiner Umwelt. (KUSATU). 10, 2009, ISBN 978-3-89991-103-9, S. 161–172.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Bd 2.1. Leipzig 1902, S. 387-392

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