Archidiakonat

Archidiakonat

Ein Archidiakonat war eine kirchliche Verwaltungseinheit, genauer eine Untereinheit eines Bistums, die oft selbst wieder mehrere Dekanate umfassen konnte. Ihm stand ein Archidiakon (Erzdiakon) vor, dessen räumliche Gebietshoheit als Bann, seine Einnahmen als Synodalia bezeichnet werden konnten. Eine weitere Unterteilung der Archidiakonate oder der Dekanate gab es auch in sedes, d. h. Erzpriestersitze. Der Begriff des Archidiakonats stammt aus dem 11. Jahrhundert.

Gebäude des Archidiakonats in Wismar
Ehem. Archidiakonatskirche St. Martin in Lühnde

Ursprünglich handelte es sich bei den Archidiakonen um von diesem abhängige Stellvertreter des Bischofs. In der Blütezeit des Archidiakonats im 12. und 13. Jahrhundert besaßen die Archidiakone ein eigenständiges Benefizium und eine eigenständige, "ordentliche" Jurisdiktion. Die Archidiakone konnten selbstständig Pfarreien visitieren, Pfarrer und Dekane strafen, ihnen Abgaben auferlegen oder sie von ihren Ämtern suspendieren. Sie hatten sogar das Recht zu exkommunizieren.

Aufgrund der Vielzahl ihrer Geschäfte beauftragten Archidiakone selbst ab dem 12. Jahrhundert Offiziale und Vikare mit der eigentlichen Amtsführung. Allerdings waren die genauen Rechte in den einzelnen Bistümern sehr verschieden, da viele der Rechte nicht im allgemeinen Kirchenrecht geregelt wurden. So sprach das Mainzer Provinzialkonzil von 1310 den Archidiakonen in den Bistümern der Kirchenprovinz Mainz nur eine niedere kirchliche Gerichtsbarkeit in Ehesachen und in Sachen zu, welche Kirchen, Investitur und Wucher betrafen, und zwar bis zur Summe von 20 Schillingen, während alle anderen Sachen den Diözesanbischöfen und ihren Offizialen vorbehalten blieben.

Vom 13. Jahrhundert an wurden die Archidiakone in ihren Rechten weiter und weiter eingeschränkt, so vor allem auch im Konzil von Trient. In einigen Diözesen waren die Archidiakonate schon vor diesem Konzil eingegangen, in anderen geschah dies im 17. und 18. Jahrhundert. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts an diente Archidiakon in der katholischen Kirche nur noch als Ehrentitel.

Da die Zentralorte der Archidiakonate später oft ihre Mittelpunktsstellung verloren, finden sich besonders in Norddeutschland nicht selten in kleinen Ortschaften große, baulich kaum veränderte Archidiakonatskirchen aus romanischer Zeit.

Literatur

  • V. Hefele, Archidiacon und Archidiaconat, Kirchenlexikon 1, Freiburg 1882, Sp.
  • Manfred Groten, Archidiakon, LThK³ 1, Freiburg 1993, Sp. 947 f.
  • B. Panzram, Archidiakon, Lexikon des Mittelalters 1, München 1980, Sp. 896 f.
  • Johannes Naumann, Bistum, TRE 6, Berlin 1980, 701 f.
  • Willibald M. Plöchl, Geschichte des Kirchenrechts II, Wien 1962, vor allem S. 146 ff.

Weblinks


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