- Mietnomade
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Als Mietnomaden werden Personen bezeichnet, die in eine Mietwohnung einziehen, ohne die entsprechende Miete zu entrichten und nach Aufdeckung in die nächste Mietwohnung ziehen, ohne die Mietschulden zu begleichen. Hierbei kann die Spanne von sozial schwachen Familien reichen, die eher unabsichtlich nicht zu bewältigende Mietschulden auftürmen und dann die Wohnung verlassen[1] bis hin zu tatsächlich zahlungsfähigen Mietern, die Mieterrechte missbrauchen[2] und durch Behauptung von Wohnungsmängeln Mietminderungen rechtfertigen und stets etwas weniger als zwei Monatsmieten im Rückstand bleiben, so dass das juristische Vorgehen erheblich erschwert wird.[1]
Häufig werden dabei vor Einzug dem Vermieter falsche oder unzureichende Angaben gemacht (z.B. Verschleierung der Einkommen oder Verschweigen der Zahlungsunfähigkeit) oder es werden angebliche Mängel bei der Wohnung behauptet. Da solche als Mietnomaden bezeichnete Personen sich nicht für die Wohnung verantwortlich fühlen und die Wohnung häufig fluchtartig über Nacht verlassen wird, kommt es auch vor, dass mit dem Auszug heruntergekommene oder vermüllte Wohnungen hinterlassen werden.
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Der Begriff ist eine Anspielung auf die Lebensweise von Nomaden – Wandervölker ohne Sesshaftigkeit. Sowohl der Mietbetrug als auch das Vortäuschen wirtschaftlich geordneter Verhältnisse (Eingehungsbetrug) sind nach dem Strafgesetzbuch strafbar.
Der Begriff wurde in den letzten Jahren häufig in den Medien verwendet und in den Medien-Schätzungen wird der jährliche Schaden für die Vermieter in Deutschland mit 200 Mio. EUR beziffert.[3] Eine wissenschaftliche Untersuchung („Mieterschutz und Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau - Mietausfälle durch so genannte Mietnomaden“) von der Forschungsstelle Immobilien der Universität Bielefeld (2010) schätzt das Problem geringer ein. Untersucht wurden im Gutachten rund 50 Fälle von Mietnomaden pro Jahr (Fälle in betrügerischer Absicht eingerechnet, Mietrückstand z. B. wegen Verlustes des Arbeitsplatzes nicht eingezählt), eine Gesamtermittlung über den Umfang existiert auf Grund der geringen freiwilligen Betroffenenmeldungen allerdings in der Studie nicht.[4][5] Nach Auskunft der betroffenen Vermieter aus dem Gutachten betrug der Schaden bei 45 % der Fälle unter 5.000 Euro, bei 30 % unter 10.000 Euro (entsprechend bei 25 % der Fälle höher).
Mit Begründung der Bekämpfung von Mietnomaden plant die Bundesregierung eine Mietrechtsreform, die unter anderem die Vereinheitlichung von Kündigungsfristen und keine Mietminderungen für Vermieter während der energetischen Sanierung vorsieht.[6]
Betroffen sind vorzugsweise ältere Vermieter, die ein solches Vorgehen nicht gewohnt sind.[7]
Deutsches Mietrecht
Eine fristlose Kündigung kann der Vermieter nach deutschem Recht aussprechen, wenn der Mieter bei zwei aufeinander folgenden Monaten mit mehr als einer Monatsmiete (§ 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB) oder insgesamt mit dem Betrag von zwei Monatsmieten (§ 543 Abs. 2 Nr. 3b BGB) im Rückstand ist.
Unter Wahrung der Fristen einerseits und der schleppenden Abarbeitung von Fällen durch Überlastung der Amtsgerichte andererseits kann es dann mehrere Monate länger dauern, bis ein vollstreckbares Räumungsurteil ergeht und ein Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beginnt. Der Vermieter muss, falls er die Kosten nicht vom Mieter erfolgreich eintreiben kann, die Kosten des Verfahrens der Zwangsräumung und der Renovierung tragen.
Mit einer zur Zeit von der Bundesregierung vorangetriebenen Mietrechtsreform sollen unter anderem bessere Maßnahmen gegen Mietnomaden ergriffen werden können. [8]
Vorbeugemethoden
Es gibt Bestrebungen, Mietnomaden und eventuell säumige Mieter schon im Vorwege zu identifizieren, etwa indem sich der Vermieter Originalbanküberweisungen oder Abbuchungen der letzten Miete vorweisen lässt, Mieter- bzw Bonitätsauskünfte bei Auskunfteien, wie etwa der DEMDA Deutsche Mieter Datenbank KG, der Schufa Holding AG einholt oder sich eine vom Mieter eingeholte Eigenauskunft vorweisen lässt.
In der Praxis kann es zu verschiedenen Problemen kommen:
- der Zersplitterung des Datenbestands der Auskunfteien. In diesem Markt existieren verschiedenste Unternehmen nebeneinander, die ihre Daten aber kaum untereinander abgleichen.
- da bestimmte Wohnungen geringer Qualität schwer vermietbar sind, haben die in Frage kommenden Mieter in solchen Fällen meist generell nur eine geringe Zahlungsfähigkeit.
- das Mietverhältnis durch eine Bonitätsanfrage oder gar durch Aufforderung der Vorlage von Gehaltsabrechnungen schon von Anfang an gestört ist oder bei genug freistehenden Wohnungen die zahlungsfähigen Mieter dadurch eher abgeschreckt werden.
- den relativ hohen Kosten, die eine Bonitätsprüfung verursacht.
- Mängel bei der Bonitätsprüfung
- auch gibt es gegen die routinemäßige Durchleuchtung von Mietinteressenten aus Sicht des Datenschutzes Bedenken.
Mietnomaden können (illegal) ihre Identität verschleiern, beispielsweise mit falschen Ausweisen, gefälschten Selbstauskünften und gefälschten Lohn- oder Gehaltsabrechnungen zur Wohnungsübernahme erscheinen. Eine weitere Vorbeugemethode ist daher ein vorheriger Besuch in der bisherigen Wohnung des potentiellen Mieters bzw. eine Kontaktaufnahme mit dessen bisherigen Vermieter.[9]
Durch das Vortäuschen wirtschaftlich geordneter Verhältnisse begeht der Mieter einen sogenannten Eingehungsbetrug, der gemäß § 263 StGB strafbar ist, wenn der Mieter von vornherein den Vorsatz hat, seine vertraglichen Pflichten nicht zu erfüllen. In diesem Zusammenhang wird auch von Einmietbetrug oder Einmietungsbetrug gesprochen.
Siehe auch
Weblinks
- Die Zeit: Der Feind im Haus, 2004
- Der Westen: Vermieter schlittern sorglos in Mietnomaden-Falle, 2010
- BGH: VIII ZR 216/04: Ansprüche auf Miete aus Wohnraummietverträgen können im Urkundenprozess geltend gemacht werden (PDF-Datei; 42 kB)
Einzelnachweise
- ↑ a b „Der Feind im Haus“ – Die Zeit online, abgerufen am 30. Juli 2010
- ↑ Nie der eigenen Menschenkenntnis trauen Focus online, abgerufen am 30. Juli 2010
- ↑ SpiegelOnline von März 2009
- ↑ Vermieter schlittern sorglos in Mietnomaden-Falle, Der Westen, 2. Dezember 2010
- ↑ Vermieter-Schreck wird überschätzt, 6. Dezember 2010
- ↑ Der Spiegel: Schwarz-Gelb beugt sich der Vermieterlobby, 25. November 2009
- ↑ Wenn Mieter einfach türmen gehen, Der Westen, 15. Dezember 2010
- ↑ Pressemitteilung des BMJ vom 17.11.2011: Modernes Mietrecht: Mosaikstein für Energiewende (dort Pkt. III. Bekämpfung des „Mietnomadentums“)
- ↑ Information zu Mietnomaden auf Rechtsanwaltserfahrung
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