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Jericho auf der Karte der Palästinensischen Autonomiegebiete
Jericho (hebräisch יְרִיחוֹ; arabisch أريحا Ariha, DMG Arīḥā) in den Palästinensischen Autonomiegebieten am Westufer des Jordan ist mit ihrer Lage von 250 Meter unter dem Meeresspiegel die tiefstgelegene Stadt der Welt. Sie liegt an einer uralten Handels- bzw. Karawanenstraße und kontrollierte seit jeher die Furt durch den Jordan. Die heutige Einwohnerzahl beträgt etwa 25.000. Jericho gilt als eine der ältesten ununterbrochen bewohnten Städte der Welt, wenn nicht überhaupt als älteste Stadt der Welt. Die Stadt trägt den Übernamen die Palmenstadt.
Inhaltsverzeichnis
Heutige Stadt
Die heutige Stadt Ariha wurde 1967 durch Israel im Sechstagekrieg erobert. Es war die erste Stadt, die Israel 1994 nach den Verträgen von Oslo an die Palästinensische Autonomiebehörde übergab.
Auch nach dem Abkommen von Scharm El-Scheich vom Februar 2005, das offiziell die Zweite Intifada beendete, wurde Jericho am 16. März 2005 als erste Stadt wieder palästinensischer Kontrolle übergeben. Die israelische Armee ist aber weiterhin an der strategisch wichtigen Straßenkreuzung vor der Stadt mit einem Checkpoint stationiert.
In Jericho befindet sich ein palästinensisches Gefängnis, in dem seit 2002 aufgrund einer israelisch-palästinensischen Übereinkunft Ahmad Saadat, der Anführer der Volksfront zur Befreiung Palästinas, einsitzt. Die israelische Regierung macht ihn für die Ermordung des Tourismusministers Rechaw'am Ze'ewi verantwortlich. Am 14. März 2006 wurden die britischen und US-amerikanischen Beobachter, die die Einhaltung dieser Vereinbarung überwachten, abgezogen, wenig später wurde das Gefängnis von der israelischen Armee gestürmt. In der Folge kam es zu palästinensischen Protesten und Übergriffen gegen Bürger westlicher Staaten.
In Jericho wurde 1998 das von der österreichischen BAWAG-Bank finanzierte und von den österreichischen Casinos Austria betriebene erste palästinensische Casino eröffnet. Mit dem Ausbruch der al-Aqsa-Indifa musste das Oasis Casino jedoch schließen. Bei dem in Österreich für große politische Aufregung sorgenden BAWAG-Prozess kam das Geschäft zur Sprache.
Geschichte
In den letzten 13.000 Jahren existierten in und um Jericho drei voneinander unabhängige Siedlungen. Der Ort war wegen seiner Lage an einer der wasserreichsten Oasen des Orients nördlich des Toten Meers besonders für die Besiedlung geeignet. Das Osmanische Reich besiegte die Mamelucken 1516 und beherrschte Jericho mit kurzen Unterbrechungen 400 Jahre lang.
Forschungsgeschichte
Die ersten archäologischen Ausgrabungen unternahm Charles Warren 1868. Ernst Sellin und Carl Watzinger gruben zwischen 1907 und 1909 Tell es-Sultan und 1911 Tulul Abu el-'Alayiq aus. John Garstang leitete Ausgrabungen zwischen 1930 und 1936. Größere Forschungen mit moderner Technik wurden zwischen 1952 und 1958 von Kathleen Kenyon unternommen.
Tell es-Sultan
Die früheste Siedlung lag beim heutigen Tell es-Sultan (oder Tell Sultan), einige Kilometer vom heutigen Stadtzentrum entfernt (31° 52′ 16″ N, 35° 26′ 38″ O31.87105555555635.443916666667 ).
Aufeinanderfolgende Schichten von Bauten bildeten im Lauf der Zeit einen Tell (arab. für Hügel). Die Ansiedlung lässt sich in mehrere Phasen einteilen:
- Proto-Neolithikum etwa um 11.000 v. Chr.. Baumaterial war Stein.
- Präkeramisches Neolithikum A (PPNA), 8350 v. Chr. bis 7370 v. Chr. Eine 4 Hektar große Siedlung mit dem ältesten Steinturm der Welt (Turm von Jericho) und mit runden Lehmziegelbauten. An einer Seite des Schnittes wurde eine Steinmauer angeschnitten, entweder eine Stadtmauer oder, nach Ofer Bar-Yosef ein Schutz vor Überflutungen. Man ernährte sich durch den Anbau von Emmer, Gerste und Hülsenfrüchten, Viehhaltung sowie durch die Jagd. Ab 7700 v. Chr. gab es eine Besiedlungspause für mehrere Jahrhunderte. Danach kamen neue Siedler.
- Präkeramisches Neolithikum B (PPNB), 7220 v. Chr. bis 5850 v. Chr. Es wurden nun große rechteckige Lehmziegelhäuser gebaut. Eine neue Mauer wurde errichtet, wohl ebenfalls zur Befestigung des Geländes. Es finden sich zahlreiche Nutzpflanzen und Spuren von Schafzucht. Es wurden menschliche Schädel unter den Fußböden aufbewahrt. Teilweise waren Gesichtsmerkmale mit Gips rekonstruiert und in manchen Fällen die Augen durch Muscheln ersetzt. Parallelen zu Catalhöyük.
- In der Spätphase 4. Jahrtausend v. Chr. (PN) findet sich eine kontinuierlich besiedelte ummauerte Stadt, aber erst in der Bronzezeit dient die Mauer auch nachweislich militärischen Zwecken, bis zur Zerstörung zwischen 1580 v. Chr. und 1400 v. Chr.
Tulul Abu l-Alayiq
Eine spätere Siedlung (31° 51′ 1″ N, 35° 26′ 0″ O31.85027777777835.433388888889 ), die während der hellenistischen, neutestamentarischen und islamischen Zeit bestand und von der noch Hügel bei Tulul Abu l-Alayiq, 2 km westlich des modernen er-Riha erhalten sind.
Jericho in der Bibel
Für jüdische und christliche Pilger war Jericho die letzte Station vor dem beschwerlichen Anstieg nach Jerusalem. Die Stadt liegt in der Jordansenke und diente aufgrund ihrer wärmeren Temperaturen den Herrschern Jerusalems als Aufenthaltsort im Winter.
Nach dem Buch Josua wurde das von Jebusitern bewohnte Jericho um das Jahr 1230 v. Chr. bei der Landnahme Kanaans als erste Stadt westlich des Jordan von den Israeliten erobert und zerstört. Der Name der Jericho-Trompete leitet sich von dem in der Bibel erwähnten Fall Jerichos ab, bei dem der Klang von Trompeten, genauer sieben Schofaren, den Einsturz der Stadtmauern eingeläutet hat (Jos 6,4 LUT).
Wer sie wieder aufbaue, sei verflucht. Sein erstes Kind solle sterben, wenn die Stadt neu gegründet wird, seinen Jüngsten, wenn die Tore eingesetzt werden (Jos 6,26 EU). Später, unter König Ahab (1 Kön 16,34 EU) wurde Jericho wieder befestigt, und das älteste und das jüngste Kind des Erbauers soll gestorben sein. Die Stadt war dazwischen jedoch nicht vollständig unbewohnt, da bereits zur Zeit der Richter wieder von einer Eroberung Jerichos durch Moab berichtet wird.(Ri 3,16 GNB)
Im Neuen Testament ist mehrfach von Jericho die Rede, so trifft Jesus nach (Lk 19,1–10 LUT) in Jericho auf den Zöllner Zachäus und nach (Mk 10,46–52 LUT) geschieht hier die Heilung des Blinden Bartimäus.
Siehe auch
- Liste historischer Stadtgründungen
- Liste der Städte in den palästinensischen Autonomiegebieten
- Rose von Jericho
- Çatalhöyük, zweitälteste bekannte Siedlung, in der Südosttürkei
- Göbekli Tepe, ältestes bekanntes Heiligtum, in Südosttürkei
Literatur
- Kathleen M. Kenyon: Digging up Jericho. Benn, London 1957.
- Kathleen M. Kenyon, Thomas A. Holland: Excavations at Jericho. Bd 5. The pottery phases of the tell and other finds. British School of Archaeology in Jerusalem, London 1983. ISBN 0-9500542-5-9
- Kathleen M. Kenyon: Excavations at Jericho. Bd 3. The architecture and stratigraphy of the Tell. British School of Archaeology in Jerusalem, London 1981. ISBN 0-9500542-3-2
Weblinks
- Tell Sultan
- Bilder aus Jericho
- Peter G. van der Veen: Jericho. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex). 2007ff., Zugriffsdatum: 25.02.2009.
31.85611111111135.463055555556Koordinaten: 31° 51′ N, 35° 28′ O
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