Gips

Gips
Gips
Gips 01.jpg
Gipskristallstufe aus Friedrichroda, Thüringen
Chemische Formel Ca[SO4] • 2H2O
Mineralklasse Sulfate
7.CD.40 (8. Auflage: VI/C.22-20) (nach Strunz)
29.06.03.01 (nach Dana)
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse monoklin-prismatisch \ 2/m [1]
Farbe farblos, weiß, gelblich, rötlich, grau, braun
Strichfarbe weiß
Mohshärte 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,317 ; berechnet: 2,31 [2]
Glanz Glasglanz, Perlmutterglanz, Seidenglanz
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig
Bruch muschelig
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach {010}, deutlich mit Faserbildung nach {111}
Habitus tafelige, prismatische, nadelige Kristalle; körnige, massige Aggregate
Häufige Kristallflächen {010}
Zwillingsbildung sehr häufig Kontaktzwillinge nach {100} Schwalbenschwanz, Montmartre, Durchdringung
Kristalloptik
Brechungsindex nα = 1,519 bis 1,521 ; nβ = 1,522 bis 1,523 ; nγ = 1,529 bis 1,530 [3]
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
δ = 0,010 [3] ; zweiachsig positiv
Winkel/Dispersion
der optischen Achsen
2vz ~ gemessen: 58° , berechnet: 58° bis 68° [3]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten in Wasser schwer löslich

Gips, auch als Gipsspat oder unter seiner chemischen Bezeichnung Calciumsulfat (standardsprachlich Kalziumsulfat) bekannt, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (und Verwandte)“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca[SO4] • 2H2O[4] und entwickelt meist tafelige, prismatische bis nadelige Kristalle, aber auch körnige bis massige Aggregate.

Im Allgemeinen ist Gips farblos oder weiß. Er kann aber durch Aufnahme von Fremdionen oder Beimengungen unterschiedlicher Art (Sand, Bitumen) eine gelbliche, rötliche, graue oder braune Farbe annehmen. Seine Strichfarbe ist jedoch weiß.

Die Bezeichnung Gips wird synonym auch für das monomineralische Gestein gebraucht.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Abspaltung von Kristallwasser bei CaSO4 in der DTA

Gips hat die sehr geringe Mohshärte von 2 und ist neben Halit ein Standardmineral auf der Härteskala nach Friedrich Mohs. Seine Dichte beträgt zwischen 2,2 und 2,4 g/cm³ und er ist im Gegensatz zu den oft vergesellschafteten Mineralen Halit und Calcit nur schwer in Wasser löslich. Die Löslichkeit in Wasser beträgt je nach Calciumsulfat-Modifikation 2,7 bis 8,8 g/l. Aus reiner wässriger Lösung kristallisiert Calciumsulfat unterhalb von 66 °C stets als Gips, oberhalb von 66 °C als Anhydrit. Bei Gegenwart anderer Ionen, zum Beispiel Natrium, verschieben sich die Löslichkeitsgleichgewichte.

Beim Erhitzen geht das Kristallwasser verloren (TG-Kurve = Masseverlust, onset = Beginn der Wasserabspaltung, Peaks = Maxima der Reaktion) und es entsteht zuerst ein Hemihydrat (auch Halbhydrat bzw. Bassanit genannt) mit der chemischen Formel CaSO4 • ½ H2O, bei weiterem Wasserverlust entsteht schließlich Anhydrit III (CaSO4), das aber mineralogisch schlicht Anhydrit genannt wird.

Gips kann unter besonderen natürlichen Umständen einem gesteinsbildenden Prozess unterliegen. Durch Verdunstung von calciumsulfathaltigem Meerwasser fallen Gips und Anhydrit in früher Phase der Carbonatabscheidung aus. Primär sedimentiert dabei Gips. Das in größeren Schichten beziehungsweise Aggregaten entstehende Gestein wird in der Petrographie zur Gruppe der Evaporite gezählt und ist auch unter dem Kulturbegriff Alabaster bekannt. Die Genese führt dabei zu kryptokristallinen oder kristallinen Ausbildungen mit einer Korngröße bis in den Zentimeterbereich.

Im Nahbereich von solchen Lagerstätten können kristalline Neubildungen des Minerals Gips entstehen (Marienglas genannt).

Etymologie und Geschichte

Irisierende, durchsichtige Gipskristallstufe (Selenit) aus Lubin, Polen

Der Name Gips ist aus dem griechischen Nomen γύψος („gypsos“, Gips, Kreide), abgeleitet das seinerseits aus dem semitischen Sprachbereich übernommen wurde. Das lateinische Wort lautet gypsus. Weitere antike Bezeichnungen für Gips sind selenites (Mondstein), alabastron und lapis specularis (Spiegelstein).

Schon in der Jungsteinzeit wurde Gips als Baumaterial verwendet. Bereits 7000 v. Chr. wurde in der kleinasiatischen Stadt Çatalhöyük Gips zur Verzierung der Innenräume verwendet. In den Keilschriften der Sumerer und Babylonier finden sich Hinweise für die Verwendung von Gips, ebenso in Jericho (6000 v. Chr.). Ab 3000 v. Chr. wurde in Uruk und später in Ägypten Gips auch als Mörtel verwendet, dem Kalk oder Steine als Verunreinigung oder zur Streckung beigemengt waren. Beispielsweise wurde bei der Sphinx (2700–2600 v. Chr.) für bestimmte Arbeiten ein kalkhaltiger Gipsmörtel verwendet. Auch lichtdurchlässige Scheiben aus Alabaster waren bei den Ägyptern bekannt. Die minoische Kultur verwendete Gipsmörtel und Alabaster anstatt von Marmor als Fußboden oder Wandbelag und als Baustein (Palast von Knossos, 2100–1800 v. Chr. und Palast von Phaistos) und der griechische Naturforscher Theophrastos von Eresos beschrieb in einer Abhandlung die Herstellung von Gips. In Griechenland wurde Gips wegen seiner leichten Bearbeitbarkeit auch für Bauornamente an den Häusern genutzt.

Die Römer verwendeten Gips nur für Ornamentik im Innenbereich, da sie mit dem wesentlich dauerhafteren Kalk vertraut waren.

In Europa nahm die Verwendung von Gips ab dem 11. Jahrhundert wieder zu, Gips wurde zum Verfugen von Mauerwerk und zum Ausfachen von Innenwänden und ab dem 17. Jahrhundert für Stuckarbeiten verwendet.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Gips zur Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Ardealit, Bassanit und Rapidcreekit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Gips ebenfalls in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate, etc.) ohne weitere Anionen, mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.CD.40 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Gips in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate“. Hier ist er einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 29.6.3 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate mit der allgemeinen Formel AXO4 • x(H2O)“.

Varietäten und Modifikationen

Sandrose
Gips (Schwalbenschwanz-Zwilling) - Nordhausen, Harz.jpg

Gips kommt sowohl massiv, in feinkörniger Form als farbloser, weißer, gelber, roter oder grauer Alabaster vor, als auch feinfaserig als Fasergips oder Atlasspat. Alabasteraugen entstehen aus Calciumsulfat, das sich an einzelnen Stellen innerhalb eines Muttergesteins sammelte, bevor sich dieses gefestigt hatte, und dann später zu Alabasterkugeln verhärtete. Daneben finden sich manchmal durchsichtige Kristalltafeln, die als Marienglas oder Fraueneis (Selenit) bekannt sind.

Gefunden wird das Mineral in verschiedenen Kristallformen: So sind die Kristalle oft sehr groß, plastisch biegsam, vollkommen spaltbar, dicktafelig, oft krummflächig, manchmal auch verzwillingt; andererseits kommt Gips auch rosettenartig verwachsen als so genannte Sandrose, Gipsrose oder Wüstenrose vor.

Irreführend als Polyhalit wird eine Gips-Varietät bezeichnet, welche mit Kaliumsulfat und Magnesiumsulfat verbunden, in den Steinsalzlagern von Staßfurt, Berchtesgaden und Ischl vorkommt.

Bildung und Fundorte

Gips entstand geologisch durch Auskristallisieren aus Calciumsulfat-übersättigtem Meerwasser, und zwar wegen seiner geringen Wasserlöslichkeit als erstes Mineral noch vor dem Anhydrit. Man findet ihn aber auch als Verwitterungsprodukt sulfidischer Erze und in vulkanischen Schloten, wo er durch Reaktion von austretender Schwefelsäure mit Kalkstein entstehen kann. Die natürlichen Lagerstätten sind meist mit Beimengungen versehen, die eine Parallelentwicklung bzw. aufeinanderfolgende Bildung verschiedener Minerale (Paragenese) begünstigen. So tritt Gips in Paragenese unter anderem mit Anhydrit, Aragonit, Calcit, Coelestin, Dolomit, Halit und Schwefel auf.

Gips ist weit verbreitet und konnte bisher (Stand: 2010) an rund 4300 Fundorten nachgewiesen werden. Besonders häufig trat er unter anderem in Algerien, Argentinien, Armenien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Indonesien, Iran, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Madagaskar, Marokko, Mexiko, Namibia, Norwegen, Österreich, Peru, auf den Philippinen, in Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, der Schweiz, in Slowakei, Spanien, Südafrika, Tschechien, der Türkei, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien), und den Vereinigten Staaten (USA) auf.[5]

In Deutschland ist das Mineral unter anderem im Neckar-Odenwald-Kreis (Umgebung von Mosbach), bei Osterode am Harz, Eisleben in Sachsen-Anhalt, Borken bei Kassel und im Segeberger Kalkberg zu finden, als Bestandteil des Gipskeuper auch im Steigerwald, der Frankenhöhe und nördlich der Schwäbischen Alb.

In Österreich gibt es Lagerstätten in Preinsfeld bei Heiligenkreuz, Puchberg am Schneeberg, Wienern am Grundlsee, Spital am Pyhrn, Moosegg bei Golling, Abtenau und Weißenbach am Lech.

In der Mine von Naica, Chihuahua (Mexiko) wurden Gips-Riesenkristalle von bis zu 15 Meter Länge entdeckt.

Des Weiteren konnte Gips auch in Mineralproben vom Meeresboden der Barentssee (Arktischer Ozean), des Mittelatlantischen Rückens sowie außerhalb der Erde auf dem Mars (Juventae Chasma, Margaritifer Terra) nachgewiesen werden.

Synthetische Herstellung

Historisch

Gipsbrennerei, Théodore Géricault, 1822–1823

Im Mittelalter wurde gipshaltiges Gestein in Steinbrüchen oder bergmännisch abgebaut, sortiert und in Brechmühlen weiter zerkleinert, so dass es dem Brenn- oder Kochprozess zugeführt werden konnte. Die Gipsbrennereien betrieben Meiler- oder Grubenöfen, die mit Holz oder Torf befeuert wurden. Anschließend wurde der Gips in einer Gipsmühle fein gemahlen. Ein anderes Verfahren bestand darin, im Stollen ein Feuer anzufachen und anschließend den gebrannten Gips herauszuschlagen.

Diese Tätigkeiten wurden zumeist von Bauern oder Müllern in der Zeit der Unterbeschäftigung erledigt. Je nach Reinheit und Feinheit unterschied man Baugips, Estrichgips und Stuckgips.

Industriell

Weil Calciumsulfat bei vielen chemischen Prozessen (in der Regel in Form von Gips) als Sekundärprodukt entsteht, beispielsweise bei der Citronensäure-, Weinsäure- und Oxalsäureherstellung, erübrigt sich eine gezielte industrielle Herstellung im größeren Stil. Der bei der Herstellung von Phosphorsäure entstehende sogenannte Phosphorgips ist u.a. mit Uran verunreinigt und ein Problemabfall. Der klassische Prozess ist die Fällung aus schwefelsaurem Wasser mit Kalkmilch oder Kalkstein:

\mathrm{H_2SO_4  +  CaCO_3  \longrightarrow CaSO_4  +  H_2O  +  CO_2 }

Schon Goethe, ein passionierter Naturwissenschaftler und Chemiker, beschrieb diesen Prozess in seinem Roman Die Wahlverwandtschaften:

„Was wir Kalkstein nennen, ist eine mehr oder weniger reine Kalkerde, innig mit einer zarten Säure verbunden, die uns in Luftform bekannt geworden ist. Bringt man ein Stück solchen Steines in verdünnte Schwefelsäure, so ergreift diese den Kalk und erscheint mit ihm als Gips; jene zarte, luftige Säure hingegen entflieht“ - wobei der dichtende Chemiker Kohlendioxid meinte.

Gips entsteht auch bei vielen Abwasserreinigungsverfahren, wenn es um die Neutralisation von sulfathaltigen Prozessabwässern oder schwefelsauren Beizen geht. Ebenso entsteht Gips oft als ein Endprodukt der Rauchgasentschwefelung der Abgase von Kraftwerken. In der Regel – je nach Verunreinigungen – können solche Gipse (entwässerter Filterkuchen) in der Zementindustrie oder zur Weiterverarbeitung zu Calciumsulfat-Modifikationen (Hydraten) verwendet werden.

Bei der Herstellung von Fluorwasserstoffsäure aus Fluorit (Flussspat) und Schwefelsäure fällt ebenfalls Gips an (Fluoroanhydrid), der in der Zementindustrie und Bauindustrie als Anhydrit-Estrich Verwendung findet.

Calciumsulfat-Modifikationen

  • α-Halbhydrat (CaSO4 • ½ H2O) entsteht in einem geschlossenen Gefäß (Autoklav) unter Nassdampfatmosphäre beziehungsweise drucklos in Säuren und wässrigen Salzlösungen. Er ist Ausgangsstoff für härtere Gipse (Typ III, IV und V) und benötigt weniger Wasser, aber mehr Zeit zum Abbinden.
  • β-Halbhydrat (CaSO4 • ½ H2O) entsteht beim Brennen in einem offenen Gefäß unter normaler Atmosphäre. Beim Vermischen mit Wasser erfolgt innerhalb von Minuten eine Hydratation zum Dihydrat. Er ist Ausgangsstoff für die weicheren Gipse.

Im Fall von α- und β-Halbhydrat handelt es sich um unterschiedliche kristalline Formen des Halbhydrats.

  • Anhydrit III (CaSO4 ) entsteht bei Temperaturen bis 300 °C aus dem Halbhydrat. Bei Vorhandensein von Wasser, auch Luftfeuchtigkeit, bildet sich sehr schnell Halbhydrat.
  • Anhydrit IIs (CaSO4) entsteht bei Temperaturen zwischen etwa 300 bis 500 °C, das s steht für „schwerlöslich“. Beim Vermischen mit Wasser erfolgt die Hydratation innerhalb von Stunden und Tagen.
  • Anhydrit IIu (CaSO4) bildet sich bei Temperaturen von 500 bis 700 °C aus dem Anhydrit IIs, das u steht dabei für „unlöslich“.
  • Anhydrit I (CaSO4) ist die Hochtemperaturmodifikation des Gipses, sie bildet sich bei 1180 °C.


Kristallstruktur

perfekter, durchsichtiger Gipskristall, Blickrichtung auf die b-Achse

Gips kristallisiert monoklin in der Raumgruppe A2/a mit den Gitterparametern a = 6,52 Å; b = 15,18 Å; c = 6,29 Å und β = 127,4° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Verwendung

Als Rohstoff

Gips als Rohstoff wird vorwiegend bergmännisch als Gipsgestein gewonnen, fällt aber heute auch häufig als Nebenprodukt verschiedener chemischer großtechnischer Verfahren an.

Technisch nutzt man das Vermögen des Gipses, das durch Erhitzen (Brennen) teilweise oder ganz verlorene Kristallwasser beim Anrühren mit Wasser wieder aufzunehmen und dabei abzubinden. Bei Erhitzen auf etwa 110 °C entsteht so genannter gebrannter Gips (das oben erwähnte Hemihydrat), bei 130 bis 160 °C Stuckgips, ein Gemisch aus viel Hemihydrat und wenig Anhydrit. Bei 290 bis 900 °C entsteht Anhydrit, wobei das Kristallwasser ganz ausgebrannt ist. Sehr hoch erhitzter Gips wird auch „totgebrannter Gips“ (Analin) genannt, weil er mit Wasser nicht mehr abbindet.

In der heutigen Bautechnik wird Gips (als Hemihydrat oder Mehrphasengips) meist in Form von REA-Gips für Gipswandbauplatten für Zwischenwände als auch für Gipskartonplatten für den Trockenbau, als Grundstoff für verschiedene Putze und Trockenestriche verwendet, daneben auch als Grundierung und Füllmittel. Durch Vermengen mit Kalk erzeugt man für Stuckarbeiten Gipskalk, der formbar wie Plastilin wird, bevor er aushärtet.

In der Medizin wird Gips für den Gipsverband verwendet: Dabei werden die betroffenen Gliedmaßen oder Gelenke zur Ruhigstellung und Stabilisierung mit feuchten Gipsbinden umwickelt, die dann innerhalb von Minuten aushärten und nach ungefähr zwölf Stunden voll belastbar sind.

In der Zahntechnik ist Gips der wichtigste Rohstoff für Dentalgipse zur Herstellung von Modellen, die aus Abformungen der Mund- und Zahnsituation erstellt werden. Nach der Norm für Dentalgipse EN ISO 6873 werden fünf Typen unterschieden:

  • Typ I (Abformgips, β-Halbhydrat)
  • Typ II (Alabastergips, β-Halbhydrat)
  • Typ III (Hartgips, α-Halbhydrat)
  • Typ IV (Superhartgips mit niedriger Expansion, bis 0,15 %, α-Halbhydrat)
  • Typ V (Superhartgips mit hoher Expansion, bis 0,3 %, α-Halbhydrat)

International werden eher die genauen Spezifikationen angegeben, insbesondere das Mischungsverhältnis (ml Wasser je 100 g Gips) und die Druckfestigkeit (in MPa bzw. N/mm nach bestimmter Zeit und im trockenen Zustand). Je nach Verwendungszweck wichtig ist auch die prozentuale Abbindeexpansion und die Dauer der Verarbeitungs- sowie Abbindezeiten.

In der bildenden Kunst wird Gips sehr oft für die Erstellung von Skulpturen verarbeitet, in der Technik für die Erstellung von Formen und Modellen verwendet. Marienglas spielt auch heute noch bei Kirchen- und Alabaster-Restaurierungen eine wichtige Rolle, während der totgebrannte Gips auch gerne als Zusatzstoff (Streckmittel) für Malerfarben verwendet wird, da er zu billigeren Produkten führt, ohne die Farbqualität stark zu beeinträchtigen. Auch wird es für Grundierungen in der Tafelmalerei oder auch als Goldgrund (Assis) verwendet. Gips kommt in diesem Zusammenhang auch unter Namen wie Alabasterweiß, Analin, Anhydrit, Bologneser Kreide, Elektrikergips, Federspat, Leichtspat oder Marienglas, Plaster of Paris in den Handel.

Auch Tafelkreide und Malkreide besteht in Deutschland aus Gips.

Als Baustoff

Ein aus Hochbrand-Gips gegossener Mauerstein, hergestellt um 1870.

Da der abgebundene Gips eine gewisse Wasserlöslichkeit besitzt, werden Gipsbaustoffe überwiegend nur für den Innenausbau verwendet. Im geschützten Außenbereich müssen Gipsbaustoffe imprägniert werden. Früher wurde Gips auch für Stuckarbeiten an Fassaden eingesetzt und mit Leinöl imprägniert. Weil Gips hygroskopisch (wasseranziehend) ist und daher bei schlechtem Einbau, schlechter Pflege oder Lüftung zu Verfärbungen und Verpilzungen neigt, ist er im Nasszellen- und im Kellerbereich nur eingeschränkt zu verwenden. Bei Renovierungsarbeiten wird Stuckgips verwendet, um kleine Risse und Löcher in den Wänden zu schließen. Im Neubau werden Gipsputze oder auch Gipskartonplatten verwendet, um auf rauem und unebenem Mauerwerk eine streich- und tapezierfertige Oberfläche herzustellen. Daneben beruhen auch manche Estriche auf einer Basis aus Gips. Statisch nicht belastete Trennwände werden heute oft aus Gipskartonplatten mit Metallunterkonstruktion oder aus Gipswandbauplatten hergestellt. Daneben wird Gips zum Befestigen von Unterputzelementen für Elektroinstallationen in Rohbauwänden verwendet. Die Geschwindigkeit des Abbindens wird bei alkalischen Formulierungen zum Beispiel Gipsputz durch Zugabe von Wein- oder Zitronensäure reguliert. Neutrale Formulierungen können mit Eiweißverbindungen verzögert werden. Die Beschleunigung des Abbindevorgangs wird durch Zugabe von Kaliumsulfat oder fein aufgemahlenem Gips erreicht.

Im baulichen Brandschutz verwendet man bevorzugt Gips, da er bei relativ geringem Gewicht einen großen Feuerwiderstand bietet; den Schutz bewirkt das Kristallwasser des Dihydrats, das im Brandfall verdampft und auf der dem Brand zugewandten Seite einen schützenden Dampfschleier bildet.

Der Baustoff wurde auch namensgebend für den Beruf des Gipsers (heute Stuckateur).

Als Modell- und Formengips

Bei der Anwendung als Modell- oder Formengips, etwa bei Bozzettis, werden erhöhte Anforderungen an die Reinheit der Gipsrohstoffe und an die Aufbereitung gestellt. Durch eine feinere Aufmahlung und geringere Anteile an Fremdmineralien wird eine gleichmäßigere Oberflächenstruktur erzielt. Durch die Verwendung von α-Halbhydrat (entsteht unter Wasserdampfdruck und hat eine höhere Dichte) können höhere Festigkeiten der Formteile erreicht werden. In diesem Zusammenhang wird auch von Hartgips gesprochen.

Weitere Anwendungsgebiete

Zur Herstellung von Tofu wird das Protein aus gemahlenen Sojabohnen mit Calciumsulfat zur Gerinnung gebracht. Des Weiteren wird Calciumsulfat auch als Lebensmittelzusatzstoff (E 516) eingesetzt. Als eines der zwölf Schüßler-Salze findet es als Heilmittel Verwendung.

Übertragene Bedeutung

Da Gips weltweit reichhaltig vorkommt, hat es eine kriegerische Auseinandersetzung um diesen Rohstoff in der Menschheitsgeschichte niemals gegeben. Auf der machtpolitischen Bedeutungslosigkeit des Gipses fußt das Sprichwort „Erzähl' mir nichts vom Gipskrieg“, um jemandem ironisch gefärbt klarzumachen, dass er keine Geschichten zu nichtexistenten Begebenheiten erzählen soll.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Webmineral - Gypsum (englisch)
  2. Handbook of Mineralogy - Gypsum (englisch, PDF 67,5 kB)
  3. a b c Mindat - Gypsum (englisch)
  4. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 393.
  5. Mindat - Localities for Gypsum
  6. Thomas Hofmeier: Achtung Gipser. 100 Jahre Grassi & Co. AG in Basel. 2. Auflage. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 3837050955, S. 16. (online verfügbar per Google-Buchsuche)

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. 7. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler, Eggolsheim 2008, ISBN 3-89555-076-0.
  • Stefan Weiß: Das große Lapis-Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Weise, München 2002, ISBN 3-921656-17-6.
  • Fritz Scheidegger (Hrsg.): Grundlagen. Birkhäuser, Basel 1990, ISBN 3-7643-2385-X (Aus der Geschichte der Bautechnik. Band 1).
  • Franz Wirsching: Gips - Naturrohstoff und Reststoff technischer Prozesse. In: Chemie in unserer Zeit. 19. Jahrg. 1985, Nr. 4, S. 137-143, ISSN 0009-2851.

Weblinks

 Commons: Gips (Gypsum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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