Moscopole

Moscopole
Kirche Shën Kollë

Voskopoja (albanisch auch Voskopjë, aromunisch: Moscopole und Moscopolea, griechisch: Μοσχόπολις, Moscopolis oder Moschopolis, serbisch: Москопоље/Moskopolje) ist eine im Südosten Albaniens gelegene Ortschaft mit im Jahr 2000 rund 700 Einwohnern. Seine große Zeit hatte Voskopoja in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Voskopoja liegt 21 km westlich von Korça in den Bergen Südostalbaniens auf 1160 Meter ü.d.M. Die Umgebung ist sehr abgelegen. Rund um Voskopoja gibt es nur Alp-Weiden und Wälder. Einzig die Straße hinunter nach Korça verbindet das Dorf mit der Außenwelt. Voskopoja gehört zum Kreis Korça.

Bevölkerung

Die Einwohner sind in ihrer Mehrheit orthodoxen Glaubens, während die Umgebung muslimisch besiedelt ist. Sie sind zu einem großen Teil Aromunen. Bis heute wird in Voskopoja neben Albanisch auch Aromunisch gesprochen. Von Aromunen wurde im Juli 2008 in Tirana ein „Aromunischer Rat“ (Consilu Armânjlor) gegründet, der nach Darstellung der Organisation seinen Sitz in Voskopoja haben soll.[1]

Geschichte

Eine Siedlung ist seit etwa 1300 durch Quellen belegt. Zur Zeit der türkischen Eroberung des Landes Anfang des 15. Jahrhunderts entwickelte sich durch Zuzug von Aromunen allmählich eine Stadt.In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann die Blütezeit Voskopjas. Grundlage dafür war der wirtschaftliche Erfolg aromunischer Kaufleute, die in jener Zeit den Fernhandel auf dem Balkan dominierten. Ihre Handelsbeziehungen reichten bis nach Deutschland (Leipziger Messe), Ragusa (das heutige Dubrovnik), Venedig und Konstantinopel. In der Vergangenheit war der Ort aufgrund seiner Lage gut zu verteidigen und bot somit Sicherheit, was ebenso wie eine Anzahl guter Wasserquellen seinen Aufstieg begünstigte. In keiner anderen Stadt auf dem Balkan lebte um 1700 eine derartig große Zahl aromunischer Kaufleute wie in Voskopoja. In der Stadt gab es zahlreiche Handwerksbetriebe und Banken. Die zur orthodoxen Kirche gehörenden aromunischen Kaufleute stifteten ab dem 17. Jahrhundert zahlreiche Kirchen, insgesamt soll Voskopoja etwa 26 Kirchen und Klöster besessen haben, die meisten wurden im 18. Jahrhundert gebaut. Damit zusammenhängend war Voskopoja ein wichtiges Zentrum der Ikonenmalerei, da Ikonen für die Liturgie gebraucht werden.

In der Stadt wurde 1720 eine der ersten Druckereien des Balkans eingerichtet. Viele Bücher wurden publiziert, oft in Griechisch und Aromunisch, in griechischer Schrift verfasst. 1744 wurde mit der Neuen Akademie, die einzige christliche Hochschule im Osmanischen Reich begründet. 1770 ist in Voskopoja das erste Wörterbuch vier moderner Balkan-Sprachen (Griechisch, Albanisch, Aromunisch und Bulgarisch) erschienen.

Einigkeit herrscht über die große Bedeutung der Stadt bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, über die damaligen Bevölkerungszahlen werden jedoch unterschiedliche Angaben verbreitet. Großzügige Schätzungen nehmen für das Jahr 1750 rund 45.000 Einwohner an und für die 1760er Jahre 50.000 oder sogar 60.000 Einwohner. Möglicherweise realistischer sind 20.000 Einwohner oder auch nur wenige Tausend Einwohner.[2] [3] Damit wäre auch die oft wiederholte Behauptung, Voskopoja sei nach Konstantinopel die zweitgrößte Stadt der europäischen Türkei oder überhaupt nur eine der größten Städte des Balkans gewesen, in Frage gestellt.[3]

Die Stadt war nicht nur von Aromunen bewohnt, ihre Prosperität zog auch Angehörige anderer Balkanvölker an. Eine im Jahr 1935 durchgeführte Analyse der Familiennamen zeigte, dass auch Griechen, Bulgaren und Albaner zu den Vorfahren der Bewohner gehören. Der deutsche Historiker Johann Thunmann, der Voskopoja besucht hatte und 1774 über die Geschichte der Aromunen schrieb, berichtete, dass alle Bewohner der Stadt Aromunisch und viele auch Griechisch sprachen, was damals die Handelssprache war.

Zwischen 1769 und 1788 wurde Voskopoja wiederholt von osmanischen Truppen angegriffen und geplündert. Danach verließen die meisten Bewohner den Ort und Voskopoja sank wieder zu einer dörflichen Siedlung herab. An die Stelle von Voskopoja trat das nahe gelegene Korça, das im 19. Jahrhundert einen anhaltenden Aufschwung erlebte. Voskopoja dagegen erlangte seine frühere Bedeutung nie wieder. Im Ersten Weltkrieg wurde der Ort erneut zerstört. Schon in den vorangegangenen Balkankriegen und auch im Zweiten Weltkrieg war die Gegend rund um Voskopoja Schauplatz bewaffneter Konflikte.

Kirche Shën Kollë (Innen)

Sehenswürdigkeiten

Fünf der Kirchen sind vollständig erhalten, wenn man von teilweise fehlenden Anbauten absieht. Es sind mit Längen zwischen 19 Metern und 38 Metern ungewöhnlich große dreischiffige Kuppelbasiliken, deren Kuppeln allerdings entsprechend türkischer Anordnung von außen nicht zu sehen sein durften. Daher wurden die Kuppeln unter weiten, mit Steinplatten gedeckten, Satteldächern verborgen. Sichtbare Kuppeln waren in der Regel Moscheen vorbehalten. Zurückhaltung war auch bei Schmuckmotiven an den Außenwänden geboten. Nur der üblicherweise im Osten liegende Altarraum ist von außen als Apsis erkennbar.

Die mehr oder weniger noch vorhandenen Wandmalereien zeigen deutliche Spuren von mangelndem Unterhalt in der Vergangenheit. Voskopojas Kirchen wurden im Jahr 2002 vom World Monuments Fund in die Liste der 100 am meisten gefährdeten Kulturgüter weltweit aufgenommen. Das Deutsche Auswärtige Amt unterstützt die Restaurierung von Fresken in den Kirchen.

Von der Ortsmitte liegen vier der Kirchen sternförmig nicht weiter als 300 Meter entfernt. Umgeben von Weideland wirken sie heute isoliert. Im Rundblick läßt sich die einzige Größe der Stadt nur schwer erahnen.

  • Shen Kolli (Kirche Heiliger Nikolaos) liegt in der Ortsmitte und ist als einzige mit Vorhalle (Nartex) im Westen und Arkadengang an der südlichen Längsseite vollständig erhalten. Der Bau wurde um das Jahr 1722 errichtet, der Glockenturm datiert später. Das Steinplattendach wurde 2007 neu eingedeckt.
  • Shen Meria (Marienkirche): Die einstige Bischofskirche der Stadt aus dem Jahr 1712 faßte über 1000 Gläubige und gehört zu den größten Kuppelbasiliken des Landes.
  • Shen Mehilli (Michaelskirche) liegt zwischen Feldern im Westen des Ortes. Eine Inschrift nennt das Erbauungsjahr 1722. Die Arkade an der Südwand fehlt, dafür ist im Westen der Nartex unter einem immens breiten Walmdach angebaut.
  • Shen Ilias liegt auf einem Hügel im Nordwesten. Innen sind kaum noch Malereireste zu erkennen, dafür findet sich hier das einzige zweistufige Satteldach (Obergaden).
  • Shen Thanasi (Kirche Heiliger Athanasios): Es fehlt der Nartex, dafür ist der Arkadenvorbau entlang der Südseite vollständig erhalten. In den Bogenfeldern sind dort Scheinfenster mit griechischen Inschriften. Die Kirche liegt etwas unterhalb im Nordosten und wird mit dem Erbauungsjahr 1724 angegeben.

Der Fahrweg Richtung Osten aus dem Ort hinaus führt einige Kilometer einen Berg hoch auf 1400 Meter zur ältesten Kirche des Gebiets. Es ist die kleine, 1632 erbaute Kreuzkuppelkirche des ehemaligen Klosters des Heiligen Johannes Prodomos (Prodhomi). Sie verfügt als einzige über eine von außen sichtbare Kuppel. Innen sind noch Reste von Wandmalereien aus dem 17. Jahrhundert vorhanden. 2006 wurde das Dach neu eingedeckt, dagegen sind die später entstandenen Klostergebäude stark zerfallen.

Wirtschaft

Die Bewohner Voskopojas leben fast ausschließlich von der Viehwirtschaft. Es werden Schafe, Rinder und Schweine gehalten. Felder sind nur wenige vorhanden. In Hausgärten werden Gemüse und Obst geerntet.

Die Hoffnungen liegen insbesondere im Tourismus. Dank seiner ruhigen Lage in einer beinahe unberührten Natur böte sich der Ort für Erholungssuchende, Bergwanderer und Wintersportler an. Der Fahrweg zum Kloster Prodhomi endet wenig unterhalb an einem ehemaligen kommunistischen Pionierlager, das zu einem Hotel umgebaut wurde.

Literatur

  • Max Demeter Peyfuss: Die Druckerei von Moschopolis, 1731–1769. Buchdruck und Heiligenverehrung im Erzbistum Achrida. Wien - Köln 1989. (= Wiener Archiv f. Geschichte des Slawentums u. Osteuropas. 13), ISBN 3-205-98571-0.
  • Karin Kirchhainer: Die Malereien in den Gewölbezonen der Kuppelbasiliken von Voskopoje (Moschopolis). Acta Studia Albanica 1, 2007, S. 60–96
  • Thede Kahl: Wurde in Moschopolis auch Bulgarisch gesprochen? In: Probleme de filologie slavă XV, Editura Universităţii de Vest, Timişoara 2007, S. 484–494, ISSN 1453-763X
  • Maximilien Durand: Patrimoine des Balkans. Voskopoje sans frontières 2004. Somogy, Paris 2005, ISBN 2-85056-927-5.
  • Aurel Plasari: Fenomeni Voskopojë. Tiranë 2000.
  • Stilian Adhami: Voskopoja dhe monumentet e saj. Tiranë 1998.
  • Valeriu Papahagi: Aromanii Moscopoleni şi comerţul veneţian în secolele al 17. şi al 18. Bucureşti 1935.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Mazedo-Romanen(Aromunen) aus den Balkanländern vereinigten sich in einem Rat. Agentur-Presse, 25. November 2008
  2. Raymond Hutchings: Historical Dictionary of Albania. London 1996, S. 249.
  3. a b Max Demeter Peyfuss: Die Druckerei von Moschopolis. 1731-1769, S. 27-41 (vgl. Literaturangaben). Vgl. Daniel Ursprung

40.63305555555620.5888888888897Koordinaten: 40° 38′ N, 20° 35′ O


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