Mundhöhlenkarzinom

Mundhöhlenkarzinom
Klassifikation nach ICD-10
C01 Bösartige Neubildung des Zungengrundes
C02 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile der Zunge
C03 Bösartige Neubildung des Zahnfleisches
C04 Bösartige Neubildung des Mundbodens
C05 Bösartige Neubildung des Gaumens
C06 Bösartige Neubildung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Mundes
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
histologisches Präparat eines Plattenepithelkarzinoms der Mundhöhle

Der Begriff Mundhöhlenkarzinom umschließt alle bösartigen Tumoren der Mundhöhle und Zunge, hierbei handelt es sich in 80 bis 90 % der Fälle um Plattenepithelkarzinome. Andere Tumorarten wie z. B. das von den seromukösen Schleimhautdrüsen ausgehende Adenokarzinom sind selten. Mundhöhlenkarzinome gehören zur Klasse der Kopf-Hals-Tumoren.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Die häufigste Ursache dieser Tumoren sind mechanische Irritationen (z. B. scharfe Zahnkanten oder schlecht sitzende Prothesen, die an der Zunge oder Wangenschleimhaut scheuern), ein schlechter Ernährungsstatus, schlechte Mundhygiene sowie chronische Einwirkung karzinogener Substanzen wie Tabakrauch in Verbindung mit Alkohol.

Epidemiologie

Die Karzinome der Mundhöhle treten nach der 5. Lebensdekade auf und haben einen Gipfel zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Die Mortalität des Mundhöhlenkarzimoms weist geographische Unterschiede auf, in Frankreich ist sie z. B. viermal so hoch wie in Deutschland. Das Mundhöhlenkarzinom liegt mit 6 % aller Krebserkrankungen weltweit an 6. Stelle.

Pathologie

Entstehung

Das Entstehen eines Mundhöhlenkarzinoms vollzieht sich in den seltensten Fällen ohne Präkanzerosen, welche – abhängig von der Wahrscheinlichkeit einer Entartung ("Boshaftigkeit") – in fakultative (geringe Wahrscheinlichkeit) und obligate (Wahrscheinlichkeit ≥ 30%) Präkanzerosen unterteilt werden. Eine fakultative Präkanzerose des Mundhöhlenkarzinoms ist die Leukoplakie und findet sich am häufigsten auf der Wangenschleimhaut und im Mundwinkel. Die obligaten Präkanzerosen sind insgesamt seltener als Leukoplakien und häufig schon zum Zeitpunkt der Diagnose bösartig (maligne) entartet. Hierzu gehört z. B. der Morbus Bowen (bzw. Erythroplasie Queyrat), sie sind oft an der Gingiva oder der Zungenunterseite lokalisiert.

Lokalisation

Exulcerierendes Carcinom des hinteren Zungendrittels
Plattenepithelkarzinom bei 40-jährigem Raucher

Nach einer Studie des DÖSAK (Deutsch-Österreichisch-Schweizerischer Arbeitskreis für Tumoren im Kiefer- und Gesichtsbereich) sind etwa 20 % aller Mundhöhlenkarzinome an der Zunge (Zungenkrebs) lokalisiert. Die Tumoren des Mundbodens folgen mit ca. 45 %. Weitere Lokalisationen, jedoch deutlich seltener, sind in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit Gingiva, Oberlippe und Wangenschleimhaut. Der Mundhöhlenkrebs entsteht oft multifokal, was die hohe Rezidivquote erklärt.

Morphologie

Die beiden Formen des Wachstums des Mundhöhlenkarzinoms unterscheiden sich prognostisch voneinander:

  • Ulzeröse Form: Diese nach innen (endophytisch) wachsende Form besitzt in der Regel einen Zerfallskrater, die Prognose ist abhängig von der Lokalisation, so ist sie besser an der Lippe als z. B. am Mundboden oder an der Zunge. Die ulzeröse Form macht etwa 99 % aus. Histologisch handelt es sich hier um ein geringgradig differenziertes Plattenepithelkarzinom.
  • Verruköse Form: Diese nach außen (exophytisch) wachsende Form macht etwa 1 % aus. Der Tumor wächst langsam und metastasiert später. In der Histologie handelt es sich um hochdifferenzierte Plattenepithelkarzinome.

Metastasen

Die Tumoren der Mundhöhle und der vorderen zwei Drittel der Zunge metastasieren primär fast nie über das Blut (hämatogen), sondern über die Lymphe in die submandibulären, seltener in die submentalen oder tiefer am Hals gelegenen Lymphknoten. Die Häufigkeit der lymphogenen Metastasierung steigt mit dem Tumorstadium. Sie beträgt bei Diagnosestellung des Tumors ca. 30 bis 40 % (T1-Stadium ca. 10 bis 15 % im Stadium T4 mit 55 bis 75 %).

Tumoren der Gingiva und der Wangenschleimhaut weisen bei Diagnosestellung in einem größeren Prozentsatz bereits Metastasen in den regionären Lymphknoten auf. Bei Gingivatumoren können Lymphknoten des Rachens, bei Wangenschleimhauttumoren auch parotideale Lymphknoten befallen sein.

Symptome und Diagnostik

Die Beschwerden sind anfangs unspezifisch. Initialsymptome können Schmerzen, Mundgeruch und Sprechbehinderung sein.

In allen Verdachtsfällen sollte eine Probeexzision erfolgen. Weiter sollte bei bestehendem Verdacht eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie des Primärtumors und der lokoregionären Lymphbahnen durchgeführt werden. Vorteil der Kernspintomographie ist bei Tumoren der Zunge und des Mundbodens der gute Weichgewebskontrast. Soll die Infiltration des Knochens geklärt werden, ist die Kernspintomographie weniger hilfreich, hier bietet sich die Skelettszintigraphie oder die Computertomographie im speziellen Knochenfenster an. Bei fortgeschrittener Tumorerkrankungen (ab Tumorstadium T3 bzw. nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen) sollte eine hämatogene Metastasierung von Lunge, Leber und Nebennieren kontrolliert werden.

Therapie

Chirurgische Therapie

Je nach Stadium und Ausdehnung des Tumors kann eine Resektion mit entsprechend großem Sicherheitsabstand (ca. 1 cm) ausreichen. Bei ausgedehnten Befunden kann eine Teilresektion des Unterkiefers notwendig sein. Bei Überschreiten mehrerer Regionen der Mundhöhle sollte dann eine kombinierte Resektion von z. B. Zunge, Mundboden und Gaumen durchgeführt werden. Bei Lymphknotenmetastasen kann je nach Stadium eine selektive bis radikale Neck-Dissection notwendig sein.

Radiologische Therapie

Bei kleinen Tumoren der Zunge und des harten Gaumens kann die alleinige Strahlentherapie zu einer sinnvollen Tumorkontrolle führen. Bei größeren Tumoren bietet sich ein aggressiveres Vorgehen in Form einer Kombination von chirurgischer und radiologischer Therapie an.

Quellen

Literatur

  • Burkhardt, A. Prämaligne Veränderungen der Mundschleimhaut. Pathologe 6 (1985) 119
  • Riede/Schäfer : Allgemeine und spezielle Pathologie 3. Auflage S. 713

Weblinks

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