Musical Director (Barbershop)

Musical Director (Barbershop)

Barbershop-Gesang ist überwiegend homophone syllabische A-cappella-Musik mit einem vierstimmigen Akkord auf jeder Silbe. Die Melodie wird von der Führungsstimme („lead“) gesungen; darüber liegt der Tenor (ausgesprochen: "Tenner"), darunter der Bariton und der Bass. Dabei kreuzen sich Lead und Bariton sehr häufig - in manchen Sätzen liegt der Bariton vorwiegend über den Lead -, seltener liegt der Lead für einzelne Töne über dem Tenor. Zugunsten der Stimmführung kann die Melodie gelegentlich von anderen Stimmen übernommen werden. Kurze Passagen können mit weniger als vier Stimmen gesungen werden.

Inhaltsverzeichnis

Kennzeichen

Barbershop wird traditionell in Quartetten und Chören gesungen, aus musikalischen Gründen (close harmony) meist nach Geschlechtern getrennt.

Typisch für die Barbershop-Musik sind Melodien, deren zugrundeliegende Harmonien sich gemäß dem Quintenzirkel auflösen. Daher ist der Dominantseptakkord der Klang, der den Barbershop-Gesang am meisten prägt. Bevorzugt werden dabei die stabil klingenden Voicings mit Quinte oder Grundton im Bass sowie Terz und Septime in Bariton und Tenor. Durch Tritonussubstitution einzelner Akkorde können Passagen absteigend chromatisch verschobener Dominantseptakkorde entstehen, die an das chromatische Verschieben von Gitarrengriffen erinnern.

Kennzeichnend für Barbershop-Sätze ist außerdem das Stilmittel der Ausschmückungen („embellishments“) durch die drei Begleitstimmen, wenn Melodietöne gehalten werden. Die zum Teil ausschweifende und harmonisch anspruchsvolle Ausschmückung eines gehaltenen Schlusstones eines Satzes nennt sich "Tag" (gesprochen "täg", englisch für "Anhängsel"). Die Tags sind manchmal so stark ausgearbeitet, dass sie als eigenständige, kurze "Stücke" in der Barbershop-Szene mündlich tradiert kursieren und auch als eigenständige Noten vorliegen. Bei manchen Tags ist sogar nicht mehr zuzuordnen, zu welchem Stück sie einmal gehört haben; viele sind Eigenkompositionen.

Die erstrebte obertonreiche Klangfülle („expanded sound“) wird durch dreierlei erreicht:

  • untemperierte, d.h. reine Intonation („pitch“)
  • differenzierte Lautstärke der vier Akkordtöne („balance“)
  • Angleichung der Vokale („blend“)

Neben einer Obertonverstärkung entstehen dabei zu den Akkorden passende Kombinationstöne, die das Klangerlebnis verstärken und erweitern.

Da die relativ rigiden Regeln des Barbershop-Satzes ein bestimmtes Klangergebnis erzeugen, sind gut aufeinander abgestimmte Quartette in der Lage, Barbershop-Sätze nach und nach improvisierend zu erstellen (sog. "Woodshedden", benannt nach der Vorstellung, dass sich früher Quartette in den Holzschuppen hinterm Haus zurückzogen, um zu improvisieren).

Im Barbershop wird stets vierstimmig gesungen:

  • Tenor ("tenner" gesprochen), Verzierungsstimme, im Quartett der Einzelstimmen leise, im Chor eine kleine Gruppe
  • Lead, die Melodie- oder Führungsstimme (engl. "to lead"= führen, im Quartett der dominant laute Sänger, der zudem den Takt gibt bzw. den Boss macht, im Chor oft die größte Stimme)
  • Baritone (im Quartett eher leise und für die Akkordik zuständig, in aller Regel derjenige Sänger, der das feinste Gehör hat)
  • Bass/Base (das "Fundament" guten Barbershop-Gesangs, im Quartett laut, im Chor im Idealfall die mächtigste Stimme noch vor dem Lead)

Diese Stimmbezeichnung gilt auch bei Frauenensembles. Frauen nutzen auch zumeist die gleichen Arrangements wie Männerensembles, singen sie lediglich in jeder Stimme ungefähr um eine Quinte höher.

In der Barbershop-Gemeinschaft ist ein bestimmtes Repertoire an Songs als Standard festgelegt („Polecats“ oder „Polecat Songs“, die Polecats sind eigentlich die auf Barbershop versessenen, notorischen Sänger), ein Repertoire, das es ermöglicht, dass so genannte Barbershopper sich frei zusammenfinden und ohne weiteres Kennenlernen gemeinsam singen können. Eine besondere Rolle spielen dabei auch die Tags (s.o.), die es spontan zusammengesetzten Quartetten ohne aufwändiges Töne-Lernen ermöglichen, den gemeinsamen Klang auszuprobieren.

Geschichte, Herkunft

Der Barbershop ist einer der wenigen originär amerikanischen Musikstile. Schon vor der Zeit des Radios gab es Schlager, populäre Musik, die im Süden der USA ersonnen und verbreitet wurde, zumeist von reisenden Vaudeville-Ensembles. Die Zuschauer einer solchen Aufführung griffen die gehörten Songs oft am nächsten Tag auf, um sich die Wartezeit beim Barbier (Englisch Barber) zu verkürzen: einer summte die Melodie, einer ersann eine Bass-Linie darunter, eine hohe Stimme sang Terzen über der Melodie, und schließlich füllte ein harmonisches Genie den Sound mit Quintakkordierung, der Baritone. Auch diejenigen Ortsbewohner, die nicht im Vaudeville-Theater gewesen waren, hörten die neuen Songs und machten mit. So entstand die Barbershop-Musik.

In den Haushalten der weißen Oberschicht gab es oft ein Reproduktionsklavier. Die armen Leute hatten hingegen meist nur ihre Stimme zum Musizieren. Insofern entstand die Barbershop-Musik aus den weißen Unterschichten der Südstaaten. Das spiegeln auch die Themen des Barbershop wieder: es geht fast immer um zwischenmenschliche Beziehungen, Liebe, Leid und Herzensschmerz, gelegentlich ergänzt um patriotische Aussagen.

Als das Radio sich verbreitete, drohte die Barbershop-Musik in Vergessenheit zu geraten. Ende der 1930er Jahre wurden jedoch mehrere Vereine gegründet, die den Erhalt und die Pflege dieser Gattung zum Ziel hatten. Am bekanntesten ist die 1938 gegründete Barbershop Harmony Society. Deren ursprünglicher Name trieb die damalige Mode auf die Spitze, die Namen von Organisationen mit teilweise sehr langen Buchstabenfolgen abzukürzen: Society for the Preservation and Encouragement of Barber Shop Quartet Singing in America (Gesellschaft zur Ermutigung und zur Bewahrung des Barbershop-Quartett-Gesanges in Amerika), abgekürzt S.P.E.B.S.Q.S.A.

Musical Director

Der Musical Director ist der Chorleiter eines Barbershop-Chores. Da im Barbershop auch in Deutschland amerikanische Begriffe gepflegt werden, wird der Chorleiter nicht einfach „Chorleiter“ genannt, sondern ist der „Emm Die“, MD, die Abkürzung für eben den Musical Director.

Ein MD kann in Deutschland nicht ausgebildet werden; die aktiven MDs deutscher Barbershop-Chöre sind allesamt entweder Autodidakten, oder sie besitzen eine anderweitige musikalische Vorbildung. Eine fachlich fundierte MD-Ausbildung im Barbershop ist zurzeit nur in Großbritannien oder in den USA, dem Heimatland des Barbershop, möglich.

Wettbewerbe

In Deutschland werden zwei verschiedene Wettbewerbe des deutschen Barbershop Verbandes BinG abgehalten: Die alle zwei Jahre stattfindende Convention und der im Rahmen des jährlichen Harmony Colleges stattfindende Coesfeld-Cup.

Dabei richtet sich das Bewertungssystem nach den Vorgaben des amerikanischen Verbandes SPEBSQSA (Society for the Preservation and Encouragement of Barbershop Quartet Singing in America Inc.). Die einzige Ausnahme besteht darin, dass in Deutschland nacheinander sowohl männliche als auch weibliche Chöre oder Quartette auftreten können und gemeinsam in einer Kategorie bewertet werden. Auf der Convention werden nicht nur international renommierte Quartette oder Chöre eingeladen, sondern auch Juroren, die von der SPEBSQSA anerkannt worden sind.

Bekannte Ensembles

Niederlande:

  • Whale City Sound - Zaanstad
  • Southern Comfort Barber Mates - Eindhoven

England

  • Cambridge Chord Company
  • Cottontown Chorus
  • Great Western Chorus

USA

  • Westminster Chorus
  • Masters of Harmony
  • Take 6

Verbände

[M] = Männer; [F] = Frauen; [G] = Gemischt

Klangbeispiele und Noten

Freie Downloads von Noten und Musik bei BinG

Freie PDF-Downloads bei der Barbershop Harmony Society mit einer Fülle von Tags


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