Nachhaltige Fischerei

Nachhaltige Fischerei

Nachhaltiger Fischfang bedeutet, dass die eingesetzten Fischereimethoden und ihre Anwendungsweisen bestandserhaltend sind und die Reproduktionsfähigkeit der Zielfischarten nicht herabsetzen (keine Überfischung), dass das Ökosystem (z. B. der Meeresboden) nicht geschädigt und der Anteil ungewollter Beifänge weitgehend minimiert wird. Nachhaltige Fischprodukte können aus der Seefischerei, der Binnenfischerei, der Angelfischerei und aus Aquakultur stammen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Überfischung, Illegale Fischerei und zu hohe Beifangraten haben bereits zahlreiche Fischarten der Weltmeere bestandgefährdend dezimiert oder an den Rand der Ausrottung gebracht.[1]

Besonders sich nur sehr langsam vermehrende Fischarten wie z. B. Haie, Schwertfische oder die größeren Thunfischarten können durch Überfischung schnell in ihrem Bestand gefährdet werden. Zu den weltweit am stärksten überfischten Speisefischarten gehören aber auch Arten wie der Kabeljau.[2] Fischarten, die schnell wachsen, die sich vergleichsweise früh vermehren und keine speziellen Laichgründe haben wie Sardinen, Hering oder Skipjack-Thunfisch sind dagegen widerstandsfähiger.

Auch die Aufzucht von Fischen in Fischfarmen kann mit schädlichen Folgen für das Ökosystem verbunden sein. Bei bestimmten Arten, wie dem Gelbflossen-Thun hat Aquakultur auch direkte Auswirkungen auf den Bestand der Art, da die Fische in den Anlagen nicht gezüchtet, sondern als Jungfische wild gefangen und in den Netzkäfigen lediglich bis zur Schlachtreife gemästet werden. Zudem können Fischzuchtanlagen, in denen Raubfische gezüchtet oder gemästet werden, negative Auswirkungen auf die Bestände der Futter-Fischarten haben, die wiederum der freien Wildbahn entnommen werden.

Verschiedene Fischereien und Teile der fischverarbeitenden Industrie wie auch immer mehr Verbraucher sehen in nachhaltiger Fischerei und Aquakultur einen Ausweg aus der weltweiten Fischereikrise.

Umweltsiegel und Zertifizierungsorganisationen

Marine Stewardship Council

MSC-Umweltsiegel

Die derzeit größte Zertifizierungsorganisation ist das unabhängige und gemeinnützige Marine Stewardship Council (MSC). Im September 2007 gab es 857 MSC-zertifizierte Fischprodukte, die in 34 Ländern verkauft werden.[3]. Etwa 2 % der weltweiten Fischfänge und Meeresfrüchte stammen aus MSC zertifizierten Fischereien. Vom MSC als nachhaltig anerkannte Fischereien sind mit dem blauen MSC-Umweltsiegel ausgezeichnet.

Zur Beurteilung der Nachhaltigkeit einer Fischerei werden vom MSC drei Kriterien herangezogen:

  1. Der Zustand der Fischbestände (ist ausreichend Fisch für eine nachhaltige Fischerei vorhanden).
  2. Die Auswirkungen der Fischerei auf die maritime Umwelt (wie wirkt sich das Fischen auf die unmittelbare maritime Umgebung, andere Fischarten, Meeressäugetiere und Seevögel aus).
  3. Die Managementsysteme der Fischerei (gewährleisten die implementierten Regeln und Verfahren sowie die Art ihrer Implementierung eine nachhaltige Fischerei und eine minimale Beeinträchtigung der maritimen Umwelt).

Kritik

Verschiedene Umweltorganisation wie z. B. Greenpeace kritisieren das MSC-Siegel, da etwa 50 % der MSC-zertifizierten Produkte aus überfischten Beständen stammen oder mittels der zerstörerischen Grundschleppnetzfischerei gefischt werden.[4][5]

Friend of the Sea

FOS-Umweltsiegel

Friend of the Sea (Freund des Meeres) ist ein Programm zur Förderung und Zertifikation von umweltfreundlichen Fischerein und Aquakulturen und wurde vom US-amerikanischen Earth Island Institute (EII) gegründet. Von Friend of the Sea (FOS) anerkannte Fischereien beschränken sich auf den Fang nicht überfischter Arten, die Fischfangmethoden dürfen den Meeresboden nicht beeinträchtigen und die Beifangrate muss unter 8 % der Gesamtfangmenge liegen.

Von FOS zertifizierten Fischzuchten dürfen keine negative Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen, das Futter darf nur Fischbestandteile aus Filettierabfällen oder aus einer von FOS zertifizierten Fischerei enthalten, es dürfen keine genetisch veränderten Organismen, Chemikalien und Korrosionsschutzfarben eingesetzt werden. Das Entweichen der gezüchteten Fische muss ebenso unterbunden sein wie das Eindringen anderer Tiere in die Zuchtfarm. Die von der Zuchtfarm ausgehenden Emissionen müssen beschränkt und kontrolliert werden.

Im Gegensatz zum MSC stellt FOS keine eigenen Untersuchungen zum Zustand einer befischten Art in einem bestimmten Gebiet an. Der Zertifizierungsprozess einer Fischerei oder Aquakultur wird gemäß den Daten und Richtlinien der Food and Agriculture Organization (FAO) und der verschiedenen Fischereikommissionen durchgeführt. Das rote FOS-Label wird jeweils für ein Produkt aus einer Fischfangregion vergeben. Alle Produkte, die das FOS-Label tragen, sind auf der Website von FOS[6] gelistet.

FOS ist das einzige Zertifizierungsorganisation, die zusätzlichen einen CO2-Rechner Seafood Carbon Footprint Calculator (SCFC) anbietet, mit dessen Hilfe man die Menge der für die Produktion von 1 Kilogramm Fisch entstehenden CO2-Emissionen beim Weg vom Fang bis zum Supermarkt errechnen kann. Damit sollen die Klimaauswirkungen der Fischerei und des weltweiten Handels mit Fisch beurteilt werden können.[7]

SAFE

SAFE-Umweltsiegel

Bei dem bereits seit 1990 existierenden Kontrollprogramm für delfinsicher gefangenen Thunfisch des US-amerikanischen Earth Island Institute (EII) handelt es sich vornehmlich um ein Delfinschutzprogramm, das den gewollten und ungewollten Beifang von Meeressäugern beim Thunfischfang für Dosenthunfischprodukte verhindern soll. Von SAFE zertifizierte Fischereien müssen jedoch Maßnahmen zur Beifangreduzierung für Meeresschildkröten, Haie und andere Nichtzielfischarten wie Schwertfisch oder Marline einsetzen, sie sollen auf den Fang von Jung-Thunfischen verzichten und diese, wie auch alle anderen Beifangarten, wieder freilassen.[8]

SAFE ist nach ISO-9001 ind ISO 14001 zertifiziert und hat weltweit 12 Kontrolleure im Einsatz, die fast 400 Thunfischproduzenten in 52 Ländern kontrollieren. Etwa 90 Prozent des weltweiten Handels mit Dosenthunfisch ist SAFE angeschlossen. Anerkannte Produkte erhalten das SAFE-Umweltsiegel.

Ökologische Aquakultur

Neben FOS gibt es verschiedene Programme, wie Naturland oder regionale Erzeuger wie Bio-Lachszuchten aus Irland und Schottland, die Fischprodukte aus nachhaltiger und ökologischer Produktion anbieten und entsprechend kennzeichnen.

Seafood Watch

Das vom kalifornischen Monterey Bay Aquarium gegründete Seafood Watch Program vergibt kein Umweltsiegel wie MSC oder FOS. Es handelt sich um ein umfangreiche Informations- und Beurteilungsplattform nachhaltiger Fischereien und listet die Bestandsituation verschiedener Fischarten, Krustentiere und anderer Meeresfrüchte.[9]:

Fischführer

Verschiedene Umweltorganisationen aus dem In- und Ausland geben teilweise nicht übereinstimmende, so genannte Fischführer heraus. Diese arbeiten meist nach einem Ampelsystem, Grün steht für unbedenkliche Fischprodukte, Rot für Fischarten, vor deren Verzehr aus Umweltgründen abgeraten wird. Die detaillierteren Fischführer gehen dabei auch auf die in einer Fischereizone eingesetzte Fischereimethode für die jeweilige Zielfischart ein. So kann z. B. Weißer Thunfisch sowohl unbedenklich (grün) sein, Fang mit Schleppangeln im Pazifik, als auch bedenklich (rot), wenn der Fang aus der pelagischen Langleinenfischerei stammt.[10]

Siehe auch

Quellen

  1. Fischereibericht der FAO warnt vor Überfischung der Weltmeere
  2. Der Kabeljau wurde in den vergangenen Jahren zum Synonym für die Krise der Fischerei
  3. About MSC (engl.)
  4. Save the High Seas - Bottom Trawling (engl.)
  5. Greenpeace–Position zum „Marine Stewardship Council“ (MSC), 9. November 2006
  6. Friend of the Sea (engl.)
  7. Seafood Carbon Footprint Calculator (engl.)
  8. SAFE: Eine globale Erfolgsstory
  9. Seafood Watch Program FAQ (engl.)
  10. SeaChoice Auswahlplattform für nachhaltig gefangenen Fisch (engl.)

Literatur

  • Peter C. Mayer-Tasch: Meer ohne Fische? Profit und Welternährung. 1. Aufl. Campus Verlag, 2007, ISBN 3-593-38350-0
  • Hans-Peter Rodenberg und Gudrun Pawelke: See in Not. Die größte Nahrungsquelle des Planeten: eine Bestandsaufnahme. 1. Aufl. Marebuchverlag, 2004, ISBN 3-936384-49-5

Weblinks


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