Kabeljau

Kabeljau
Kabeljau
Kabeljau (Gadus morhua)

Kabeljau (Gadus morhua)

Systematik
Acanthomorpha
Ordnung: Dorschartige (Gadiformes)
Unterordnung: Gadoidei
Familie: Dorsche (Gadidae)
Gattung: Gadus
Art: Kabeljau
Wissenschaftlicher Name
Gadus morhua
Linnaeus, 1758
Junger Kabeljau (Dorsch)
Kabeljau im Schwarm

Kabeljau und Dorsch (in oberdeutscher Mundart auch Bolch) sind unterschiedliche Bezeichnungen für die Fischart Gadus morhua aus der Familie der Dorsche. Als „Dorsch“ bezeichnet man den noch nicht geschlechtsreifen Kabeljau. Das niederländische Kabeljauw – und später schließlich die deutsche Bezeichnung – wurden „offenbar mit Konsonantenumstellung (Interversion) aus span. bacalao entlehnt“.[1] Die in der Ostsee lebenden Stämme werden jedoch unabhängig vom Lebensalter insgesamt als Dorsch bezeichnet; im südlichen Bereich auch Pomuchel und Pomuchelskopf. Im Nordseeanrainerstaat Norwegen heißt der in Küstennähe lebende Fisch Torsk, der hochseebewohnende Fisch wird Skrei genannt. In den Niederlanden wird er Kabeljauw, in England wird er Cod genannt.

Der Kabeljau war bis etwa 1970 eine der am weitesten verbreiteten Fischarten der Welt. Die gute Verwertbarkeit und Lagerfähigkeit sowie die leichte Erbeutbarkeit haben dazu geführt, dass inzwischen der Kabeljau am meisten unter Überfischung gelitten hat und sogar im Fortbestand bedroht ist.

Im Dezember 2004 befasste sich der Rat der Europäischen Union für Landwirtschaft und Fischerei mit der Gefährdung des Kabeljau. Die damals amtierende deutsche Verbraucherministerin Renate Künast wies darauf hin, dass der Bestand des Dorsches in der Ostsee und des Kabeljau in der Nordsee gefährdet und das baldige Einsetzen wirkungsvoller Schutzmaßnahmen dringlich geboten sei. Der Versuch zur Einführung von Schutzzonen scheiterte am 22. Dezember 2004.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen und Lebensweise

Der Kabeljau hat einen lang gestreckten Körper mit drei dicht beieinander stehenden und abgerundeten Rückenflossen sowie einer Bauch- und zwei Afterflossen. Der typische Kinnfaden aller Dorsche ist lang und kräftig. Eine Seitenlinie ist zu erkennen. Die Färbung des Kabeljaus ist uneinheitlich, meist ein grünlich, bräunlich oder rötlich gefärbtes Fleckenmuster, die Bauchseite ist heller als der Rücken.

Der Kabeljau ernährt sich von Würmern, Weich- und Krebstieren, mit zunehmendem Alter auch von kleineren Fischen. Die Laichzeit in Nordsee und westlicher Ostsee ist von Januar bis Mai. Die ausgewachsenen Tiere werden 1,5 Meter lang.

Er kommt im gesamten Nordatlantik von Grönland bis North Carolina und von Spitzbergen bis zur Biskaya sowie in der Nordsee und Ostsee und im Nordpazifik vor. Besonders zahlreich war der Kabeljau bis Mitte des 20. Jahrhunderts über der Neufundlandbank zu finden. Er hält sich sowohl in küstennahen flacheren Gewässern als auch in Tiefen bis 600 Meter auf.

Verwandte Arten

Bevor der Kabeljau durch Überfischung Ende des 20. Jahrhunderts erheblich dezimiert wurde, konnten ausgewachsene atlantische Kabeljaue zwei Meter lang und bis zu 100 kg schwer werden. In der Nord- und Ostsee liegt das durchschnittliche Gewicht des Dorschs zwischen zwei und vier Kilogramm. Der Pazifikdorsch (zool.: Gadus macrocephalus, englisch: Pacific cod) wird mit bis zu 1,14 m nicht ganz so groß wie sein nordatlantischer Verwandter.

Im Pazifik verbreitet sind der Polardorsch (zool.: Boreogadus saida) und der kleine, nur bis zu 30 cm groß werdende Pazifik-Tomcod (zool.: Microgadus proximus).

Kabeljau als Speisefisch

Inneren Organe eines Kabejaus. 1: Leber. 2: Niere. 3: Rogen. 4: Pylorusschläuche. 5: Magen. 6: Darm.
Klippfisch

Der Kabeljau hat weißes, saftiges, jedoch mageres Fleisch, das sich locker lamellenförmig aneinander fügt. Sein Geschmack ist wenig ausgeprägt und eher mild. Filets werden vorwiegend gedünstet und gebacken. Die Leber des Kabeljaus ist schmackhaft und wird als Dorschleber heute auch als Konserve angeboten; sie liefert zudem einen vitaminreichen Lebertran. Frisch geräucherter Dorschrogen gilt als Delikatesse, die sich trotz der Räucherkonservierung aus geschmacklichen Gründen nicht lange lagern lässt.

Für das Nationalgericht der Briten, Fish and Chips, wurde meist Kabeljau verwendet. Aufgrund der starken Bestandsrückgänge wird jedoch heute überwiegend Schellfisch verwendet.

Das fettarme Fleisch lässt sich hervorragend trocknen und danach lange Zeit lagern. In diesem Zustand kommt er als Stockfisch oder (gesalzen) Klippfisch in den Handel. Geräuchert wird er als Seelachs (Karbonadenstücke), teilweise mit anderen Fischarten gemischt vermarktet. Frisch in Fässern eingesalzen war Kabeljau lange Zeit als Laberdan verbreitet. Vor allem in Portugal und Brasilien ist der Stockfisch unter dem Namen Bacalhau stark gebräuchlich.

Bedrohung durch Überfischung

Als Stock- und Klippfisch ist er seit dem Mittelalter einer der wichtigsten Speisefische Europas und diente der Versorgung von Schiffsmannschaften und dem Militär. Der Handel und die Versorgung mit dieser Dauerkonserve beeinflussten in erheblichem Maß die Geschichte der Entdeckungen und die Politik der seefahrenden Nationen.

Brehm (im Tierleben, 1892) konnte noch schreiben, dass man trotz hoher Fangquoten keine Abnahme der Populationsstärke merke. Die wirtschaftliche Bedeutung des von Norwegen bis nach Brasilien als Volksnahrungsmittel verbreiteten Kabeljaus war selbst gegen Ende des 20. Jahrhunderts so groß, dass um die Fangrechte weit vor den Küsten einzelner Staaten regelrechte Kabeljaukriege mit Waffengewalt geführt wurden.

Im Jahre 1992 brachen die Kabeljaubestände vor der Küste Neufundlands extrem ein. Deshalb verhängte die kanadische Regierung ein absolutes Fangverbot. Die Fischer wichen an andere Küstenabschnitte aus und fingen weiter Kabeljau. 1994 musste das Fangverbot auf die gesamte kanadische Ostküste ausgedehnt werden. Der ehemals reichste Fischbestand der Welt war durch Überfischung vollständig zusammengebrochen und hat sich bis heute nicht erholt. 40.000 kanadische Fischer verloren ihren Unterhalt.[2]

Der Kabeljau ist außerdem eines der beliebtesten Ziele für Meerangler. Er wird an den Stränden der Ostsee, vor allem aber auf hoher See beangelt. Kutterfahrten für Hochseeangler sind an den Nord- und Ostseeküsten von Deutschland und Dänemark ein regionaler Wirtschaftsfaktor. Angeltouren auf Cod für Sportangler gestatteten selbst einigen wenigen neufundländischen Fischern bisher ein bescheidenes Überleben in ihren Ortschaften. Die Überfischung erfolgt nicht durch Hochseeangler, sondern durch Schleppnetze von Fabrikschiffen diverser Nationen.

Von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei wurde der Gesamtbestand in den europäischen Seegebieten für Ende 2006 auf mindestens 300.000 Tonnen Kabeljau geschätzt.[3] Da jedoch allein in der Nordsee jährlich 28.000 Tonnen Kabeljau gefangen wurden, empfahlen die Wissenschaftler wirksamere Schutzmaßnahmen, um die Kabeljaubestände wieder aufbauen zu können.

Die EU reduzierte die Fangquote für 2007 um 14 Prozent. Die Zahl der Seetage für die Fischer wurde je nach Flotte um rund sieben bis zwölf Prozent gekürzt. Das bedeutet für die Kabeljaufischer der Nordsee eine Reduktion von 103 auf 91 Tage.[4]

Die Umsetzung der Fangquoten ist für Fischer schwierig. Weichen sie nach Ausschöpfung ihrer Quote auf andere Fischarten aus, wie zum Beispiel auf Plattfische, geht ihnen unweigerlich auch Kabeljau ins Netz, der dann jedoch als Beifang gilt und, nachdem er im Netz gestorben ist, wieder ins Meer geworfen werden muss. Bringt der Fischer den Kabeljau illegal an Land, macht er sich nach der heutigen EU-Gesetzgebung strafbar.[5] Ohne diese Regelung entstünde aber auch ein Schlupfloch zur Umgehung der Fangquoten.

Der Umweltschutz-Fonds WWF hat am 19. März 2007 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Überfischung des Kabeljaus in der Nordsee eingereicht. Die festgelegte Kompromiss-Quote von 20.000 Tonnen verstoße gegen den eigenen Kabeljau-Wiederaufbauplan der EU-Kommission, hieß es in der Begründung. „Die EU bricht ihre eigenen Umweltgesetze“, kommentierte WWF-Sprecherin Karoline Schacht, „wir ziehen die juristische Notbremse.“[6]

Für 2012 schlägt die Europäische Kommission mit Blick auf die schlechte Bestandslage einen völligen Fangstopp für die Fischereigebiete westlich von Schottland, in der Irischen See und im Kattegat vor. Der Vorschlag wird von den EU-Mitgliedstaaten auf der Tagung der Fischereiminister im November 2011 beraten.[7]

Bedrohung durch Klimawandel

Lebensraum des Kabeljaus

Die ausgebeuteten Kabeljaubestände im Nordostatlantik leiden laut einer neuen WWF-Studie (Quelle?) zunehmend unter den Folgen des Klimawandels. Wärmere Meere würden das Drama des überfischten Kabeljaus verschärfen. Die Kombination aus Klimawandel und kommerzieller Ausbeutung mache es immer wahrscheinlicher, dass die Kabeljaubestände zusammenbrechen, so WWF-Fischereiexperten. Die Erwärmung des Nordostatlantiks führt nach Angaben des Reports dazu, dass der Kabeljau immer langsamer wächst und immer weniger neue Fische die geschwächten Bestände auffrischen.

Der Klimawandel trifft den Nordostatlantik und hier insbesondere die Nordsee besonders stark. Experten messen in der Nordsee seit 1993 einen jährlichen Temperaturanstieg von 0,13 Grad Celsius, die Gesamttemperatur ist mittlerweile um 1,7 Grad angestiegen. Für den gesamten Nordostatlantik kommen Klimamodelle im Laufe des 21. Jahrhunderts auf eine Erwärmung um 0,5 bis 1 Grad Celsius.

Als Folge sei laut WWF-Studie schon in den 90er Jahren ein deutlich geringeres Anwachsen der Kabeljaubestände zu beobachten gewesen. Wärmere Meere beeinträchtigen das Nahrungsangebot für Fischlarven. So wachsen sie langsamer, ihre Überlebenschancen sinken.

Die Folgen der Meereserwärmung müssten laut WWF in der Fischereipolitik berücksichtigt werden. Der doppelte Druck mache es derzeit unmöglich, dass sich der Kabeljau erholt. Der WWF fordert einen rigorosen Fangstopp für die am stärksten gefährdeten Bestände. Die Umweltorganisation setzt sich zudem für eine drastische Reduktion des CO2-Ausstoßes ein, um die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Zucht

Die Zucht von Kabeljau ist sehr schwierig. Erst in den letzten Jahren konnten diese Probleme bewältigt und Kabeljau erfolgreich gezüchtet werden. Gründe hierfür sind:

  • Der frisch geschlüpfte Dorsch ist nur 4 Millimeter groß und ernährt sich von Plankton. Deshalb muss ein Kabeljau-Zuchtbetrieb auch Plankton züchten.
  • Ein Dorsch bzw. Kabeljau frisst nur Futter in der Größe seines Auges. Daher müssen die Tiere bei der Aufzucht nach der Größe sortiert gehalten werden.
  • Ein Kabeljau frisst vorzugsweise in der Tiefe (bis zu 200 Meter). Es ist daher schwierig zu kontrollieren, ob der Fisch das dargebotene Futter frisst bzw. wann Fressbereitschaft besteht.

Einzelnachweise

  1. Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
  2. Die Plünderung der Weltmeere
  3. Pressemitteilung des Senats der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des BMELV vom 22. Dezember 2006 13:44
  4. http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID3486696,00.html Meldung des NDR vom 21. Dezember 2006 14:20
  5. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
  6. http://www.taz.de/pt/2007/03/20/a0132.1/text taz vom 20. März 2007, S. 9, 24 Z. (TAZ-Bericht)
  7. Pressemeldung EU-Kommission: Schlechte Bestandslage: Fangmöglichkeiten in Nordsee und Atlantik 2012

Literatur

  • Mark Kurlansky: Kabeljau – Der Fisch, der die Welt veränderte. List Taschenbuch, ISBN 3-548-60115-4
  • H. Henking: Seefisch-Bilderbuch. Herausgegeben vom Deutschen Seefischerei-Verein, Berlin 1910.

Weblinks

 Commons: Kabeljau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Kabeljau – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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