Ars dictaminis

Ars dictaminis

Die Ars dictandi (lat. „Kunst des Schreibens“, auch: Ars dictaminis) bezeichnete im Mittelalter die Fähigkeit eines Schreibers, Briefe und Urkunden abzufassen. Ab dem 12. Jahrhundert entwickelte sich die Kunst des Schreibens als Epistolographie, als Wissenschaft der Briefkunst, in Bologna zum Zweig der Literaturwissenschaft, inspiriert durch Adalbertus Samaritanus. Seine lateinischen Praecepta Dictaminum gelten als einer der Meilensteine der deutschen Geschichte.

Der Aufbau einer typischen mittelalterlicher Urkunde gliederte sich demnach verpflichtend in drei Hauptabschnitte, das Protokoll, den Textteil und das Eschatokoll (abschließendes Protokoll).

Das Protokoll bestand aus Invocatio (Anrufung „Im Namen...“), Intitulatio (Name und Titel des Briefausstellers mit Devotio: „..., von Gottes Gnaden...“), Inscriptio (Benennung des Adressaten incl. begrüßender Salutatio) und Arenga (überleitende Phrase). Der anschließende eigentliche Textteil setzte sich zusammen aus der Promulgatio (Absichtserklärung), der Narratio (Schilderung wie es dazu kam), der Dispositio (der rechtlichen Abwägung), der Sanctio (Belehrung über Folgen einer Übertretung der Auflage) und schließlich der Benennung der Mittel zur Beglaubigung in der Corroboratio. Auf den zentralen Textteil folgten im Eschatokoll die Unterzeichnung der Urkunde durch Absender und ggf. Zeugen in den Subscriptiones sowie das aktuelle Datum.

Später gesellte sich noch eine zweite Bedeutung hinzu, nämlich als Bezeichnung und teilweise als Titel für Bücher, welche dem Leser einen mustergültigen Korrespondenzstil vermittelten. Diese Lehrbücher befassten sich theoretisch wie praktisch mit der Kunst des Briefstils und lösten die bis dahin beliebten Formelbücher ab. Die Ars dictaminis war demnach eine Zwischenstufe der geschriebenen Briefsteller als Anweisung zum mustergültigen Briefstil.

Quellen

  • F. J. Worstbrock: Die Anfänge der mittelalterlichen Ars dictandi. 1989:1-42
  • H. M. Schaller: Ars dictaminis, Ars dictandi. In: Lexikon des Mittelalters I, 1034-1039
  • Helmut Glück (Hsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 2000
  • P. J. Schuler: Formelbuch und Ars dictandi. Kaum genutzte Quellen zur politischen und sozialen Geschichte. 1984
  • K. Smolak: Einleitung zu: Erasmus von Rotterdam, De Conscribendis Epistolis. Anleitung zum Briefschreiben. 1980:IX-LXXXVI
  • H. Weinacht: Lieben Freunde! Ewr lateynischer Brief ist uns kleglich zu hören! Wie sich der deutsche Brief von der lateinischen Urkunde löste.

Weblinks


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