Neuengamme

Neuengamme
Lage des Stadtteils

Neuengamme

Lage des Bezirks

Bergedorf

Basisdaten Neuengamme
Bundesland: Hamburg
Bezirk: Hamburg-Bergedorf
Fläche: 18,6 km²
Einwohner: 3408
Bevölkerungsdichte: 183 Einwohner pro km²
Vorwahl: 040
Postleitzahl: 21037, 21039
Kfz-Kennzeichen: HH

Neuengamme ist ein Stadtteil im Elbmarsch-Gebiet der Vierlande von Hamburg im Bezirk Bergedorf. Es handelt sich um ein Straßendorf entlang des Südufers der Dove Elbe, einem nördlichen Nebenarm der Elbe. Die Hauptstraße führt auf der Krone des Flussdeichs durch den Ort. Da der Deich durch vorgelagerte Eindeichungen und Flutsperrtore seine ursprüngliche Funktion verloren hat stellt dies kein Problem dar: der Deich ist keine Verteidigungslinie.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte Neuengammes ist, wie die aller vier Orte der Vierlande, sehr stark mit der Geschichte der Gegend verknüpft.

Gründung im Mittelalter

Neuengamme um 1790
Gutshof

Ab etwa 1100 wurden die späteren Vierlande, einige fruchtbare Elbinseln zwischen Flussarmen der Elbe, die sich hier vielfältig aufteilte, eingedeicht. Dabei wurden von Anfang an vier Kirchenplätze eingeteilt: Curslack, Altengamme, Neuengamme und Kirchwerder. Diese Planungen wurden unterschiedlich schnell umgesetzt; von Neuengamme haben wir zum ersten Mal 1212 eine urkundliche Erwähnung vorliegen; damals noch als Neue Insel bezeichnet. 1261 ist der Ort Neuengamme bereits existent, und 1316 ist das Dorf so groß, dass der erste Pastor in St. Johannis einzieht. Das heutige Kirchenschiff (ohne Turm) ist vermutlich der damalige Kirchenbau.

Da die eingedeichten Gebiete nur mühsam trockengehalten werden konnten - im Herbst und Winter fast gar nicht - war die Verbindung zwischen den Ortschaften nicht immer sichergestellt. Das wurde immer häufiger zum Problem, als die Bevölkerungszahlen stiegen und die gemeinsame Deichverteidigung immer wichtiger wurde. Zu diesem Zweck wurden zusätzliche Dämme gebaut, die nicht der Verteidigung gegen Fluten sondern dem Straßenbau dienten: 1482 wurde ein Verbindungsdeich nach Altengamme aufgeschüttet, 1492 entstand ein solcher Verbindungsdeich nach Kirchwerder. Curslack, das auf der anderen Seite der Dove-Elbe direkt gegenüber Neuengammes liegt, konnte nicht auf diese Weise angeschlossen werden; bis zum ersten Brückenschlag wurde der Kontakt mit Fähren aufrechterhalten.

Brücken, Blumen und Gemüse

Um 1900: Weg an einer Kate aus dem 18. Jahrhundert

Die reichen, fruchtbaren Gebiete der Vierlande, wie die vier Kirchspiele inzwischen genannt werden, hatten gegen einen Hauptgegner zu kämpfen: den nassen Untergrund. Die Schöpfwerke konnten nicht alles Wasser, das sich an den tiefsten Stellen sammelte, zurück in die Elbe transportieren. Erst als ab 1595 die ersten Schöpfwindmühlen die Vierlande erreichten, konnte das Land dauerhaft Ernten einfahren; das nahe, aufstrebende Hamburg war der beste Abnehmer für die Vierländer Produkte.

Reiche Gebiete ohne militärischen Schutz locken Interessenten an. 1620 überquerten die Lüneburger die Elbe und verleibten die Vierlande, damit auch Neuengamme, ihrem Herrschaftsgebiet ein. Erst 1867 werden die Vierlande unter Hamburger Verwaltung gestellt.

Der Bau der ersten festen Brücke nach Curslack, die Blaue Brücke, machte aus Neuengamme und Curslack einen Doppelort, der nur durch die schmale Dove-Elbe getrennt wird. Weitere Brückenschläge (1873 in Neuengamme-Niederwärts und 1899 die Kirchenbrücke) stärkten diese Verbindung weiter; heute ist es schwierig, die Orte beim Durchqueren auseinanderzuhalten.

Als in der Hamburger Gegend die aus den Niederlanden stammende Mode übernommen wurde, teure Blumen zu züchten und zu zeigen, merkten die geschäftstüchtigen Vierländer, dass mit Blumen mehr Geld zu verdienen ist als mit Blumenkohl. So entstand neben dem Gemüseanbau ab 1675 auch intensive Blumenzucht, die sich bis heute fortsetzt. Erst als um 1880 die Tomatenzucht in den Vierlanden eingeführt wurde, kam der ursprüngliche Gemüseanbau wieder zu Ehren.

Nachdem kurz nach 1900 am nördlichen Ortsrand Erdgas entdeckt worden war, begann eine geringe Industrialisierung des Ortes. Am 4. November 1910 zündete die erste Flamme aus Neuengammer Erdgas. Bis heute wird das Erdgas gefördert; die zugehörige Firma ist allerdings nicht in Neuengamme, sondern im benachbarten Bergedorf angesiedelt.

Das Konzentrationslager

siehe auch Hauptartikel KZ Neuengamme

Etwa 106.000 Menschen aus ganz Europa wurden ab 1938 in einer ehemaligen Ziegelei, die zum Konzentrationslager Neuengamme ausgebaut wurde, unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten. In den Jahren 1940 und 1942 mussten die KZ-Häftlinge einen Kanal zur Dove Elbe graben, um Ziegel aus dem Stammlager des KZ-Neuengamme nach Hamburg transportieren zu können. Dabei wurden etwa 1.600 Häftlinge zur Arbeit gezwungen, die mit Händen und Schubkarren 213.000 Kubikmeter Erde bewegten. Die im Stammlager gefertigten Ziegel sollten bei mehreren großen Ziegelbauten sowie einer Elbbrücke in der Nähe des heutigen Elbtunnels verbaut werden. Bei Kriegsende versuchte die SS die Spuren des Konzentrationslager zu verwischen und Tausende Häftlinge fanden bei Todesmärschen den Tod.

Nach dem Ende des Krieges wurde auf dem ehemaligen KZ-Gelände ein Kriegsgefangenenlager und später eine Jugendstrafanstalt eingerichtet. Heute befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers eine Gedenkstätte.

Politik

Für die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft und der Bezirksversammlung gehört Neuengamme zum Wahlkreis Bergedorf.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Sehenswert sind die Fachwerkhäuser; ebenso die St.Johannis-Kirche, ein mittelalterlicher Backstein-Bau.

St. Johannis-Kirche

Kirche St. Johannis

Die Kirchengemeinde Neuengamme wurde bereits 1261 urkundlich erwähnt; das Kirchengebäude ist ein mittelalterlicher Backsteinbau, der zum Teil mit Feldsteinen verkleidet wurde. Genauere Angaben sind nicht überliefert. 1634 wurde eine Orgel (von Fitzsche) eingebaut; zwischen 1801 und 1803 wurde ein Holzgewölbe eingezogen.

Der Glockenturm, eine Holzkonstruktion, die 1630 errichtet und 1750 in ihre heutige Form gebracht wurde, steht um einige Meter versetzt vom Kirchenschiff und hat keinerlei baulichen Kontakt zu ihm. Dies ist eine für die Vierlande übliche Bauweise. Im Turm hängen drei Glocken. Die Größte wurde 1487 von Geert van Wou gegossen.

Ebenfalls typisch für die Gegend ist der kleine Fachwerkanbau auf der Stirnseite, das so genannte „Brauthaus“ von 1619. Durch diesen Nebeneingang betritt bei Hochzeiten die Braut die Kirche und kann so den gesamten Mittelgang entlang schreiten. Der Haupteingang der Kirche, das „Paradies“, befindet sich dagegen an der Längsseite, direkt vor dem Altarraum.

Der Innenraum der Kirche wurde zwischen 1956 und 1961 behutsam umgestaltet. Gestühlwangen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, Hutständer und Altarbild sind erhalten. Ebenfalls findet sich hier der älteste überkommene Vierländer Grabstein von 1470.


Weblinks

53.4463710.222087Koordinaten: 53° 27′ N, 10° 13′ O


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