Oberste Volksversammlung (Nordkorea)

Oberste Volksversammlung (Nordkorea)
Koreanische Schreibweise
koreanisches Alphabet: 최고인민회의
chinesische Schriftzeichen: 最高人民會議
Revidierte Romanisierung: Choego inmin hoe(-)ui
McCune-Reischauer: Ch'oego inmin hoeŭi

Die Oberste Volksversammlung der Demokratischen Volksrepublik Korea, besser bekannt als Nordkorea, ist formell das höchste Machtorgan des Staates. Ihre Befugnisse und die Wahl ihrer Mitglieder sind in den Artikeln 87 bis 99 der nordkoreanischen Verfassung geregelt. Derzeit gehören ihr 687 Abgeordnete an.[1]

Inhaltsverzeichnis

Wahlen

Die Abgeordneten werden alle fünf Jahre vom Volk gewählt. Die Wahlen sind gemäß Art. 89 der Verfassung "allgemein, gleich, direkt und geheim." Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Oberste Volksversammlung demokratisch gewählt wird, weil es in Nordkorea kein funktionierendes Mehrparteiensystem gibt, in dem sich konkurrierende Gruppierungen mit unterschiedlichen Programmen einer Wahl durch das Volk stellen. Das Land wird dominiert von der kommunistischen Partei der Arbeit Koreas (Abkürzung PdAK), deren Führungsanspruch in der Verfassung des Landes festgeschrieben ist. Die zwei weiteren so genannten "nichtkommunistischen" Parteien (die Koreanische Sozialdemokratische Partei und die Chondoistische Ch'ŏngu-Partei), die in Nordkorea sonst noch zugelassen sind, entfalten keine politischen Aktivitäten und sollen nur den Schein eines demokratischen Mehrparteiensystems erzeugen.

Die drei formell in Nordkorea existierenden Parteien sind in der Einheitsliste "Demokratische Front für die Vereinigung des Vaterlandes" (ähnlich der Nationalen Front der DDR) zusammengefasst. Es besteht also bei Wahlen theoretisch nur die Möglichkeit für oder gegen diese Liste zu stimmen. Eine Alternative zur Wahl der Einheitsliste besteht nicht. Offiziellen Angaben zufolge entfallen regelmäßig 100 % der abgegebenen Stimmen auf die Einheitsliste. Auch Vertreter der nordkoreanischen Auslandsorganisation in Japan, Ch'ongryŏn, werden über die Liste ins Parlament gewählt.

Entgegen den Vorgaben der Verfassung sind die Wahlen nicht frei. So wird berichtet, dass es üblich sei, den bekommenen Wahlzettel direkt zu falten und in die Wahlurne zu werfen. Die so abgegebene Stimme gelte dann als Ja-Stimme für den Kandidaten der Einheitsfront. Wähler, die mit dem bereitgelegten Stift ihre Stimme zu einer ungültigen oder einer Nein-Stimme machen wollen, müssten demnach mit drakonischen Strafen bis hin zu mitunter tödlich endender Lagerhaft rechnen. Zur Überwachung des Wahlvorgangs seien dafür jedem Wahllokal Beamte des nordkoreanischen Inlandsgeheimdienstes zugeteilt, die die Stimmabgabe jedes einzelnen beobachten. Ein Fernbleiben von der Wahl ist ebenfalls strafbar. Im Vorfeld des Wahltermins ist es so auch schwierig für Nordkoreaner eine Reiseerlaubnis zu bekommen.[2]

Funktion

An sich obliegt der Obersten Volksversammlung die Gesetzgebung des Landes. Dennoch ist sie kein Parlament im klassischen Sinne, weil sie nicht konstant arbeitet. Sie tritt gemäß Art. 92 der Verfassung nur ein- bis zweimal jährlich zu Sitzungen zusammen. In den Zeiten zwischen den Sitzungen, also so gut wie immer, wird die Gesetzgebung durch das Präsidium der Obersten Volksversammlung ausgeübt. Dessen Vorsitzender war bis zur Einführung des Präsidentenamtes 1972 zugleich Staatsoberhaupt von Nordkorea. Nach dem Tod des bislang einzigen Präsidenten Kim Il-sung wurde erklärt, das Amt des Vorsitzenden der Nationalen Verteidigungskomission, das Kim Jong-il innehat, sei das höchste im Staate. Laut Verfassung ist jedoch nach wie vor der Vorsitzende des Präsidiums der Obersten Volksversammlung (seit 5. September 1998 Kim Yong-nam) Staatsoberhaupt und nimmt auch dementsprechend protokollarische Aufgaben wahr, wie etwa die Akkreditierung von ausländischen Botschaftern.

Geschichte

Das Vorgängerorgan der Obersten Volksversammlung war die Volksversammlung. Ihre Mitglieder wurden 1946 von kommunalen Verwaltungsorganen gewählt und wählten ihrerseits das so genannte Provisorische Volkskomitee, das Organ, das bis zur Ausrufung der Demokratischen Volksrepublik die Regierungsgeschäfte übernahm. Die Volksversammlung setzte auch eine Kommission ein, die eine Verfassung ausarbeiten sollte. Diese wurde am 28. April 1948 in einer Sondersitzung des provisorischen Parlaments verabschiedet. Die ersten Wahlen zur Obersten Volksversammlung fanden am 25. August desselben Jahres statt. Nach offiziellen Angaben entfielen dabei bei einer Wahlbeteiligung von 99,97 % auf die 212 Kandidaten der Einheitsliste 98,49 % der Stimmen. Eine so genannte "Versammlung der Vertreter der südkoreanischen Bevölkerung" wählte weitere 360 Abgeordnete. Vom 2. bis 10. September 1948 trat das Parlament zu seinen ersten Sitzungen zusammen, auf denen es die Verfassung annahm und am 9. September die Regierung unter Kim Il-sung offiziell ins Amt hievte.[3]

Die letzten Wahlen zur Obersten Volksversammlung (12. Legislaturperiode) fanden am 8. März 2009 statt.[4]

Präsident der Obersten Volksversammlung ist derzeit Kim Yong-nam. Tagungsort ist die Mansudae Assembly Hall.

Wahlperioden und staatliche Ämter

Wahlperiode Wahltag Abgeordnete Parlamentspräsident* Staatspräsident Vizepräsident(en) Premier** Vizepremier(s) Kabinett
1 25.08.1948 572 Kim Du-bong - - Kim Il-sung Kim Ch'aek u. a. Kim Il-sung I
2 27.08.1957 215 Choe Yong-gon - - Kim Il-sung Kim Il u. a. Kim Il-sung II
3 08.10.1962 383 Choe Yong-gon - - Kim Il-sung Kim Il Kim Il-sung III
4 25.12.1967 457 Choe Yong-gon - - Kim Il-sung Kim Il Kim Il-sung IV
5 12.12.1972 541 - Kim Il-sung Choe Yong-gon,
Kang Ryang-uk
Kim Il Kim Il
Pak Song-chol Pak Song-chol
6 11.11.1977 579 - Kim Il-sung Kim Il,
Kang Ryang-uk,
Pak Song-chol
Ri Jong-ok Ri Jong-ok I
7 28.02.1982 615 - Kim Il-sung Kim Il,
Kang Ryang-uk,
Pak Song-chol
Ri Jong-ok Ri Jong-ok II
Kang Song-san Kang Song-san I
8 02.11.1986 655 - Kim Il-sung Pak Song-chol,
Rim Chun-chu,
Ri Jong-ok
Ri Kun-mo Ri Kun-mo
Yon Hyong-muk Yon Hyong-muk I
9 22.04.1990 687 - Kim Il-sung Ri Jong-ok,
Pak Sung-chol
Kim Yong Chu
Kim Pyong Sik
Yon Hyong-muk Yon Hyong-muk II
Kang Song-san Kang Song-san II
Hong Song-nam Hong Song-nam I
10 26.07.1998 687 Kim Yong-nam - - Hong Sŏng-nam Cho Ch'ang-d'ŏk,
Kwak Pŏm-gi
Hong Sŏng-nam II
11 03.08.2003 687 Kim Yong-nam - - Pak Pong-ju Kwak Pŏm-gi,
Ro Tu-ch'ŏl,
Chŏn Sŭng-hun
Pak Pong-ju
Kim Yŏng-il Kim Yŏng-il I
12 08.04.2009 687 Kim Yong-nam - - Kim Yŏng-il Kwak Pŏm-gi,
T'ae Chong-su,
Ro Tu-ch'ŏl
Kim Yŏng-il II
- - Ch'oe Yŏng-rim Kang Nŭng-su,
Kim Rak-hŭi,
Ri T'ae-nam,
Chŏn Ha-ch'ŏl,
Cho Pyŏng-ju,
Han Kwang-bok
Ch'oe Yŏng-rim
* offiziell Vorsitzender des Präsidiums der Obersten Volksversammlung; ** offiziell Vorsitzender der Ministerrates
Quelle: Chronology of Supreme People's Assembly (Daten bis 1990); Korean Central News Agency

Weblinks

Quellen

  1. The Economist Intelligence Unit: Country Report North Korea. London, Mai 2007. S. 8
  2. Japan Probe: A guide to voting in North Korea
  3. KBS World Radio: North Korea A to Z, Brief history of the NK, 1940s
  4. BBC News: N Korea announces March election (englisch)
39.028611111111125.74972222222

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