Oh, Pretty Woman

Oh, Pretty Woman

Oh, Pretty Woman von Roy Orbison war weltweit einer der erfolgreichsten Hits des Jahres 1964, der in den wichtigsten Ländern den ersten Rang der Hitparade einnahm.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Orbison nahm bereits seit März 1956 Platten auf, Sun Records verließ er wegen fehlender Perspektiven im September 1958 in Richtung RCA, ab September 1959 war er bei Monument Records unter Vertrag.[1] Orbison traf sich mit seinem neuen Autorenpartner William „Bill“ Dees am Freitag, dem 25. Juli 1964 in seinem Haus, um neue Songs auszuarbeiten. Als Orbisons Frau Claudette sich zum Shopping in die Stadt verabschiedete, fragte Roy sie, ob sie hierfür noch Geld brauche. Dees reagierte charmant: „Pretty woman never needs any money“ (eine hübsche Frau braucht niemals Geld)[2], die Idee zum Titel war entstanden. Als Claudette nach etwa 40 Minuten vom Einkauf zurückkam, war der Song fertig. „Wir schrieben den Song an einem Freitag, am nächsten Freitag nahmen wir ihn auf, am darauf folgenden Freitag wurde er veröffentlicht“.[3]

Am 1. August 1964 wurde der Song und die B-Seite Yo Te Amo Maria im Fred Foster-Sound Studio in Nashville unter Produktionsregie des Studioinhabers und Mitgesellschafters von Monument Records, Fred Luther Foster, aufgenommen. Die Tonstudios befanden sich in Hendersonville, nicht weit gelegen vom Wohnort Orbisons. Besetzung waren neben Orbisons Begleitgruppe Candy Men (Billy Gilmore, Rodney Justo, Bobby Peterson, John Rainey Adkins) noch der Sessionmusiker Jerry Kennedy (Leadgitarre Gibson ES-335),[4] von dem das charakteristisch repetitive Achtelnoten-Riff stammt, Ray Edenton (Rhythmusgitarre), Billy Sanford, Jerry Moss (Gitarre), Floyd Cramer (Piano) und Boots Randolph (Tenorsaxophon). Die Gitarristen Jerry Kennedy, Wayne Moss und Billy Sanford haben eines der berühmtesten Gitarren-Intros der Popmusik geschaffen.[5] Für lediglich zwei Takes wurden drei Stunden benötigt, bis die Arrangements einwandfrei waren.[6] Pretty Woman präsentierte einen komplett anderen Musikstil als die vorangegangenen, mit melancholischer Intensität vorgetragenen Singles. Es war eine Riff-betonte Rock-Ballade. Only the Lonely erforderte eine Stimme zwischen B-Moll 3 bis C 5, letzteres im Falsett; das sind etwas mehr als 2 Oktaven innerhalb eines Bereichs von 17 Noten.[7] Im simplen Songtext sind einige ungewöhnliche Passagen enthalten. Während das „yeah, yeah“ von den Beatles adaptiert wurde, kam es noch zu einem für Musikaufnahmen ungewöhnlichen Fauchen, das Orbison einem Bob Hope-Film entnommen hatte.[8] Inhaltlich spielen sich große Teile der Story in den Gedanken des Sängers ab, der eine vorbeikommende attraktive Frau beobachtet. Er fragt sich, ob sich die hübsche Frau einsam fühlt. Er wünscht sich, dass sie mit ihm spricht, mit ihm lacht und bei ihm bleibt, aber sie geht an ihm vorbei. Erst im letzten Augenblick dreht sie sich um und kommt auf ihn zu.

Veröffentlichung

Roy Orbison - Oh, Pretty Woman

Die Single erschien am 8. August 1964 als Oh, Pretty Woman / Yo Te Amo Maria (Monument #851) und gelangte am 29. August 1964 in die US-Hitparade, wo sie ab 26. September 1964 für drei Wochen den ersten Rang einnahm. In Großbritannien kam die Platte im September 1964 auf den Markt und hielt sich hier ab 8. Oktober 1964 für zwei Wochen auf dem ersten Rang. Ab 19. Dezember 1964 belegte sie in den deutschen Charts für drei Wochen den Spitzenrang. Das war auch in allen anderen wichtigen Musikmärkten weltweit der Fall. Bis Oktober 1964 war die Single in den USA bereits Millionenseller, weitere 680.000 Exemplare wurden in Großbritannien verkauft, 350.000 in Deutschland und 180.000 in Kanada.[9] Insgesamt wurden über 7 Millionen Stück weltweit vermarktet.[10] Damit entwickelte sich die Platte zu Orbisons erfolgreichstem Hit.

Für die LP-Version wurde übrigens eine neue Studio-Aufnahme eingespielt (hörbar in der Liedbrücke). Während er in der Single-Fassung singt: „Come to me, baby, I'll treat you right ...", heißt es in der LP-Version dagegen "Come with me, baby ...". In jener puritanischen Zeitphase hatte „Come with me Baby“ eine zu sinnliche Bedeutung, sodass man für das Massenprodukt die harmlosere Textvariante vorzog.

Coverversionen, Auszeichnungen und Plagiatsprozess

Insgesamt sind bei BMI 14 Coverversionen registriert.[11] Der Song wurde mit einem BMI-Award ausgezeichnet. Im Jahre 1991 erhielt Orbison für Oh, Pretty Woman posthum einen Grammy. In der Liste der 500 besten Songs aller Zeiten des Magazins Rolling Stone belegt das Stück Platz 222.

Die erfolgreichste Coverversion stammte von Van Halen (Februar 1982), die Rang 12 der US-Charts erreichte. Die deutsche Fassung erschien unter dem Titel Pretty Woman von Gerd Böttcher im Jahre 1964, ohne in den deutschen Charts notiert zu werden. Der Musiktitel bildete auch die Titelmusik für den Kinofilm Pretty Woman, der am 23. März 1990 in den USA in die Kinos kam.

Im Jahre 1989 kam es zu einem Plagiats-Prozess mit 2 Live Crew. Dieses Rap-Quartett hatte am 15. Juli 1989 die LP As Clean As They Wanna Be herausgebracht, auf der auch „Pretty Woman“ (mit Erwähnung der Autoren Orbison/Dees) enthalten war. Am 5. Juli 1989 wurde Orbisons Musikverlag Acuff-Rose Publishing über die beabsichtigte Parodie der 2 Live Crew unterrichtet, der aber eine Genehmigung verweigerte. Dessen ungeachtet wurde die Parodie veröffentlicht. Nach knapp 250.000 verkauften LPs kam es dann zur Klage. 2 Live Crew übernahmen das charakteristische Gitarren/Bass/Schlagzeug-Riff vom Original als Sample und änderten den Text und geringfügig auch den Rhythmus für ihre Version ab. Die Änderungen waren nicht substantiell, sodass das Original selbst für den Laien erkennbar bleibt. Es kam zur Klage, die letztlich beim Obersten US-Zivilgericht (Supreme Court) am 7. März 1994 endete. Das Gericht sah keine Urheberrechtsverletzung, sondern einen erlaubten Fall der fair use-Doktrin[12] im Rahmen einer – vom Gericht ausdrücklich nicht bewerteten - Parodie.[13] 2 Live Crews Fassung war bis zu einem bestimmten Grad ein kritischer Kommentar zum Original.

Auswahl der Interpreten, die Coverversionen aufnahmen:

Sonstiges

Der Blues- und Rockmusiker Gary Moore veröffentlichte auf seiner LP Still Got the Blues im März 1990 ein Lied mit dem Titel Oh Pretty Woman. Zwischen diesem und Orbisons Song besteht kein Zusammenhang; Text und Melodie stammen von A. C. Williams. Die Aufnahme von Gary Moore ist eine Cover-Version des am 3. August 1966 von Albert King aufgenommenen Bluessongs. John Mayall mit seinen Bluesbreakers nahm bereits am 12. Juli 1967 diesen Song für seine LP Crusade auf.

Literatur und Quellen

Einzelnachweise

  1. Monument Records wurde kurz zuvor im September 1958 erst gegründet
  2. Alan Clayson, Only the Lonely – The Life and Artistic Legacy of Roy Orbison, 1990, S. 132
  3. Jon Kutner/Spencer Leigh, 1000 UK #1 Hits, 2005, S. 149
  4. spielte u.a. bei Harper Valley P.T.A. oder In the Ghetto
  5. Michael Kosser, How Nashville Became Music City, U.S.A., 2006, S. 61
  6. Colin Escott, Roadkill on the Three-Chord Highway - Art And Trash in American Popular Music, 2002, S.34
  7. Peter Lehmann, Roy Orbison: The Invention of an Alternative Rock Masculinity, 2003, S. 54
  8. Colin Escott, a.a.O., S. 35
  9. Joseph Murrells, Million Selling Records, 1985, S. 196
  10. Mary-Lou Galician/Debra L. Merskin, Critical Thinking About Sex, Love And Romance in the Mass Media, 2007, S. 151 f.
  11. BMI-Eintrag über Oh, Pretty Woman
  12. fair use („erlaubte Nutzung“) ist nach amerikanischem Urheberrecht die Reproduktion für Kritik-, Kommentar-, Lern- oder Forschungszwecke, die keine Urheberrechtsverletzung darstellt; 17 U.S.C. § 107
  13. SUPREME COURT OF THE UNITED STATES, No. 92-1292, 510 U.S. 569 Gerichtsentscheidung vom 7. März 1994

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