- Orthorhombisches Kristallsystem
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Das Orthorhombische Kristallsystem gehört zu den sieben Kristallsystemen in der Kristallographie. Es umfasst alle Punktgruppen mit drei senkrecht aufeinander stehenden zweizähligen Dreh- oder Drehinversionsachsen. Das orthorhombische Kristallsystem wird auch rhombisches Kristallsystem genannt. Der Begriff rhombisch darf allerdings nicht mit rhomboedrisch verwechselt werden.
Inhaltsverzeichnis
Punktgruppen
Das orthorhombische Kristallsystem umfasst die Punktgruppen und . Sie bilden die orthorhombische Kristallfamilie und können mit dem orthorhombischen Gittersystem beschrieben werden.
Gittersystem
Das Orthorhombische Gittersystem hat die Holoedrie .
Im orthorhombischen Gittersystem liegen Gitterachsen in Richtung der 3 senkrecht aufeinanderstehenden Symmetrieachsen. Für die Länge der Gitterachsen erhält man keine weiteren Bedingungen. Somit ergibt sich:
Für die Festlegung, welche Achse a, b oder c ist, gibt es nur die Bedingung, dass ein rechtshändiges Koordinatensystem entstehen soll. In der Regel werden die Achsen so gewählt, dass das Hermann-Mauguin-Symbol dem Standard der International Tables for Crystallography entspricht. Mit den Hermann-Mauguin Symbolen lassen sich die Raumgruppen allerdings bezüglich jeder möglichen Achsenwahl beschreiben. Da dies auch häufiger vorkommt, gibt es in den International Tables eine tabellarische Übersicht über alle Möglichkeiten, eine Raumgruppe mit einer beliebigen Achsenwahl zu beschreiben. Grundsätzlich empfiehlt es sich daher bei der Angabe der Raumgruppe die Raumgruppennummer mit zu verwenden, da sie damit leichter zu finden ist.
Bravaisgitter
Im orthorhombischen Kristallsystem gibt es vier Bravaisgitter. In der Standardaufstellung kommt das b-zentrierte Gitter nicht und das a-zentrierte Gitter nur in der Punktgruppe vor. Dies ist dadurch begründet, dass in dieser Punktgruppe das Gittersystem grundsätzlich so aufgestellt wird, dass die zweizählige Achse in Richtung der c-Gitterachse liegt. Daher gelingt es nicht in allen Fällen die Gitterachsen so zu legen, dass ausschließlich das c-zentrierte Gitter verwendet wird. Das orthorhombische Gittersystem wird mit o abgekürzt.
Beschreibung und physikalische Eigenschaften der orthorhombischen Punktgruppen
Zur Beschreibung der orthorhombischen Kristallklassen in Hermann-Mauguin-Symbolik werden die Symmetrieoperationen bezüglich drei vorgegebener Richtungen (Blickrichtungen) im Gittersystem angegeben. Wie im monoklinen entsprechen die 3 Blickrichtungen der a (<100>), b (<010>) und c Gitterachse (<001>). Da hier alle drei Gitterrichtungen Symmetrierichtungen sind, besteht allerdings auch das Hermann-Mauguin-Kurzsymbol aus drei Angaben.
Charakteristisch für die orthorhombischen Raumgruppen ist, dass im Hermann-Mauguin-Kurzsymbol keine 3, 4 oder 6 vorkommt.
Kristallklassen im orthorhombischen Kristallsystem Kristallklasse Physikalische Eigenschaften Beispiele Laueklasse Allgemeine Form Schoenflies-Symbol Hermann-Mauguin-Symbol Hermann/Mauguin-Kurzsymbol Raumgruppennummern Enantiomorph Optische Aktivität Pyroelektrizität Piezoelektrizität orthorhombisch-disphenoidisch D2 16–24 + + − + Epsomit orthorhombisch-pyramidal C2v 25–46 − + + + Hemimorphit orthorhombisch-dipyramidal C2h 47–74 − − − − Anhydrit Bei den Angaben zu den physikalischen Eigenschaften bedeutet „−“ aufgrund der Symmetrie verboten und „+“ aufgrund der Symmetrie erlaubt. Über die Größenordnung des Effektes kann aufgrund der Symmetrie keine Aussage getroffen werden, man kann aber davon ausgehen, dass dieser Effekt nie exakt verschwinden wird.
Weitere orthorhombisch kristallisierende chemische Stoffe siehe Kategorie:Orthorhombisches Kristallsystem
Literatur
- Hahn, Theo (Hrsg.): International Tables for Crystallography Vol. A D. Reidel publishing Company, Dordrecht 1983, ISBN 90-277-1445-2
- D. Schwarzenbach Kristallographie Springer Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-540-67114-5
- Will Kleber, et.al. Einführung in die Kristallographie 19.Auflage Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2010, ISBN 978-3-486-59075-3
- Walter Borchard-Ott Kristallographie 7.Auflage Springer Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-540-78270-4
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