Ovis canadensis

Ovis canadensis
Dickhornschaf

Dickhornschaf (Ovis canadensis)

Systematik
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige (Caprinae)
Gattung: Schafe (Ovis)
Art: Dickhornschaf
Wissenschaftlicher Name
Ovis canadensis
Shaw, 1804

Das Dickhornschaf (Ovis canadensis) ist ein wildes Schaf, das im westlichen Nordamerika lebt. Es ist eine vorwiegend gebirgsbewohnende Art, es gibt jedoch auch in Wüsten und anderen Trockengebieten lebende Populationen.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Dickhornschafe erreichen eine Kopfrumpflänge von 150 bis 180 Zentimetern, wozu noch ein 10 bis 15 Zentimeter langer Schwanz kommt, und eine Schulterhöhe von 80 bis 100 Zentimetern. Das Gewicht variiert von 35 bis 140 Kilogramm und hängt vom Geschlecht und Lebensraum ab – Männchen sind stets deutlich schwerer (Durchschnitt 120 Kilogramm) als Weibchen (Durchschnitt 70 Kilogramm) und Wüsten-Dickhornschafe sind kleiner als die gebirgsbewohnenden Tiere. Damit sind Dickhornschafe viel größer und schwerer als europäische Wild- und Hausschafe. Das Fell ist bei den nördlichen Populationen im Sommer dunkelbraun und verblasst im Winter zu einem Graubraun. Bei südlichen Populationen ist das Fell – abhängig von der Region – ganzjährig braun oder hellbeige.

Beide Geschlechter tragen Hörner, die der Weibchen sind jedoch deutlich kleiner und ragen säbelartig nach hinten – sie drehen sich nie ein. Die Hörner der Männchen sind massiv und drehen sich nach hinten über die Ohren, dann abwärts und nach vorne. Bei älteren Männchen beginnen die Hörner eine zweite Drehung. Bei alten Männchen können die Hörner 14 Kilogramm wiegen und sich über mehr als 80 Zentimeter erstrecken.

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungskarte des Dickhornschafs

Dickhornschafe kommen im südwestlichen Kanada, den westlichen USA und dem nordwestlichen Mexiko vor. In Kanda umfasst ihr Verbreitungsgebiet den Süden von British Columbia und Alberta, in den USA bewohnen sie die westlichen Landesteile (etwa bis North Dakota und New Mexico) und in Mexiko leben sie auf der Halbinsel Niederkalifornien sowie in den nördlichen Regionen von Sonora bis Coahuila.

Dickhornschafe sind vorwiegend Gebirgsbewohner. Sie sind häufig auf grasbewachsenen Berghängen in der Nähe von Felsklippen zu finden. Im Sommer kommen sie in Höhen bis über 2500 Metern Seehöhe vor, im Winter wandern sie in tiefer gelegene Regionen ab. Wüsten-Dickhornschafe sind im Gegensatz dazu in Wüsten und anderen trockenen Habitaten beheimatet.

Lebensweise und Nahrung

Dickhornschafe sind vorwiegend tagaktive Tiere, die gut an ein Leben im Gebirge angepasst sind. Sie können ausgezeichnet klettern, darüber hinaus sind sie gute Schwimmer. Sie leben in Gruppen von rund 10 Tieren, die nach Geschlechtern getrennt sind. Lediglich im Winter kann es zu Zusammenschlüssen von bis zu 100 Tieren kommen.

Dickhornschafe im Gebirge

In den Männchengruppen bildet sich eine strikte Rangordnung heraus, die in erster Linie von der Größe der Hörner abhängt. Haben zwei Männchen ungefähr die gleiche Horngröße, kommt es zu Kämpfen, bei denen sie mit gesenktem Kopf aufeinander losgehen und mit den Köpfen zusammenstoßen. Das massive Gehörn fängt die Wucht des Aufpralls ab, so dass Verletzungen bei den Kämpfen selten sind. Manchmal kommt es in Männchengruppen auch zu homosexuellem Verhalten: Das dominante Männchen spielt hierbei die Rolle eines alten Widders, ein untergeordnetes Männchen die eines paarungswilligen Weibchens.

Die Nahrung dieser Tiere besteht vorwiegend aus Gräsern. Daneben fressen sie auch Kräuter und andere Pflanzen.

Fortpflanzung

Die Paarung findet vorwiegend im Herbst statt. Zu dieser Zeit intensivieren sich die Kämpfe zwischen den Männchen. Diese Kämpfe können sich – bei fünf Zusammenstößen pro Stunde – über mehr als 24 Stunden hinziehen. Weibchen bevorzugen von sich aus Männchen mit größerem Gehörn, sie paaren sich aber manchmal mit mehreren Böcken hintereinander.

Kopf eines Jungtieres

Nach einer Tragzeit von fünf bis sechs Monaten kommt meist ein einziges Lamm zur Welt. Anders als bei europäischen Schafen sind Zwillingsgeburten sehr seltene Ausnahmen. Das Lamm wird etwa ein halbes Jahr gesäugt. Weibchen können mit einem Jahr geschlechtsreif sein, paaren sich aber selten vor dem zweiten oder dritten Lebensjahr. Männchen werden meist erst in ihrem siebenten Lebensjahr stark genug, um die Paarung mit einem Weibchen zu beanspruchen.

Die Lebensdauer kann über zwanzig Jahre betragen; Widder sterben wegen der kräftezehrenden Kämpfe meistens sehr viel früher als Weibchen.

Menschen und Dickhornschafe

Die Indianer der Rocky Mountains schätzten früher sowohl das Fleisch als auch die Hörner des Dickhornschafs, aus denen sie zahlreiche Werkzeuge und zeremonielle Gegenstände fertigten. Vor der Ankunft weißer Siedler gab es etwa zwei Millionen Dickhornschafe. Diese Zahl ging im 19. Jahrhundert durch weiße Trophäenjäger dramatisch zurück. Auch die Infektion mit Krankheiten durch Hausschafe war ein Grund für den massiven Bestandsrückgang. Um 1900 gab es noch 60.000 Dickhornschafe. Obwohl die Jagd heute streng verboten ist, hat sich diese Zahl bis heute nicht wesentlich erhöht. Die Art insgesamt wird von der IUCN als nicht gefährdet gelistet, einzelne Unterarten sind allerdings bedroht (siehe unten).

Systematik

Das Wüsten-Dickhornschaf (O. c. nelsoni) ist eine der Unterarten des Dickhornschafs

Das Dickhornschaf ist eine der fünf Arten der Gattung der Schafe (Ovis). Besonders eng ist es mit dem Dall-Schaf des nördlichen Nordamerikas und dem Schneeschaf Ostsibiriens verwandt.

Die interne Systematik und die Anzahl der Unterarten ist umstritten. Den Untersuchungen von Cowan (1940) folgend werden häufig folgende sieben Unterarten unterschieden:

  • Das Rocky-Mountains-Dickhornschaf (Ovis canadensis canadensis) ist von British Columbia bis Arizona verbreitet.
  • Das Kalifornische Dickhornschaf, (Ovis canadensis californiana) kommt von British Columbia bis Kalifornien und North Dakota vor.
  • Das Wüsten-Dickhornschaf (Ovis canadensis nelsoni) bewohnt Wüstengebiete im Südwesten der USA.
  • Das Mexikanische Dickhornschaf (Ovis canadensis mexicana) ist vor allem im nördlichen Mexiko verbreitet. Diese Population ist laut IUCN gefährdet (vulnerable).
  • Ovis canadensis cremnobates bewohnt das südliche Kalifornien sowie Niederkalifornien. Laut IUCN ist diese Unterart stark gefährdet (endangered).
  • Ovis canadensis weemsi kommt nur auf der Halbinsel Niederkalifornien vor. Diese Unterart ist laut IUCN vom Aussterben bedroht (critically endangered).
  • Ovis canadensis auduboni lebt in North Dakota, South Dakota, Montana, Wyoming und Nebraska. Seit 1925 gilt diese Population als ausgestorben.

1993 begann ein Forscher-Team um Ramey mit DNA-Tests an Dickhornschafen. Sie stellten fest, dass diese Einteilung in sieben Unterarten nicht stimmig ist. Jüngsten Forschungen zufolge gibt es nur drei Unterarten des Dickhornschafs. Ovis canadiensis canadensis aus den Rocky Mountains der nordwestlichen USA und Kanadas, Ovis canadiensis nelsoni aus den südwestlichen Wüstengebieten der USA und Mexikos, sowie Ovis canadiensis sierrae, das nur in der Sierra Nevada vorkommt.

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0801857899
  • D. E. Wilson, D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, ISBN 0801882214
  • I. McT. Cowan: Distribution and variation in the native sheep of North America, American Midland Naturalist, 1940. 24:505-580.
  • R. R. Ramey II.: Evolutionary genetics and systematics of North American mountain sheep, Ph.D. Thesis, Cornell University, Ithaca, NY., 1993.

Weblinks


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