Parlamentspräsident

Parlamentspräsident

Der Parlamentspräsident (historisch auch Landmarschall oder Landtagsmarschall) ist der Präsident eines Parlamentes. Seine genaue Rolle hängt von der Ausgestaltung des Amtes im jeweiligen Land ab: Während er in manchen Ländern kaum mehr als ein Veranstaltungsleiter ist, der lediglich für die formale Korrektheit der Parlamentssitzungen zu sorgen hat, gilt in anderen Ländern dieses Amt als hohes Staatsamt, zu dem zum Teil auch entsprechende Insignien gehören. In der Regel steht dem Parlamentspräsidenten das Hausrecht über das Parlamentsgebäude zu, ihm untersteht meist auch die Verwaltung des Parlaments durch entsprechende Beamte. Seine Aufgaben werden, je nach Land, durch die Verfassung, durch Gesetze oder durch Verordnungen bzw. Geschäftsordnungen geregelt.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

In Deutschland erfüllt der Bundestagspräsident eine vergleichbare Aufgabe. In den Parlamenten der einzelnen Bundesländer gibt es außerdem die Landtagspräsidenten.

Schweiz

In der Schweiz haben die beiden gleichberechtigten Parlamentskammern der Bundesversammlung, der National- und der Ständerat, je einen eigenen Präsidenten. Bei gemeinsamen Sitzungen der vereinigten Bundesversammlung führt jedoch der Nationalratspräsident den Vorsitz. Er gilt daher, trotz lediglich repräsentativer Aufgaben, im Volksmund als höchster Schweizer. Die Präsidenten werden jeweils für ein Jahr aus der Mitte des Rates gewählt. Turnusgemäss rücken die Vizepräsidenten im darauffolgenden Jahr ins Präsidentenamt nach. Es hat sich eingebürgert, dass die Präsidenten im Turnus von den vier größten Fraktionen gestellt werden. Die Präsidenten führen die Sitzungen und achten auf die Einhaltung der parlamentarischen Ordnung. Zusammen mit den Parlamentsdiensten und den Ratsbüros bereiten die Präsidenten zudem die Sitzungen vor. Ähnliche Verfahren kennen auch die Kantonsparlamente.

Großbritannien

In Großbritannien trägt der Vorsitzende des Unterhauses (House of Commons) den Titel Speaker. Er sitzt traditionsgemäß auf einem Thron und verfügt mit dem mace, einem vergoldetem Zepter, über ein Instrument, das seine Autorität symbolisiert. Das Amt existiert in England mit seiner langen parlamentarischen Tradition seit 1258. Da der Speaker zu Neutralität verpflichtet ist, kann er als eine Art vermittelnde Instanz gesehen werden; sie trug zur Ausbildung einer parlamentarischen Diskussionskultur dadurch entscheidend bei, dass es Usus wurde, bei Debatten den politischen Gegner nicht persönlich zu attackieren, sondern dies indirekt in Form einer Rede geschah, die sich formell an den Speaker richtete. Die reale politische Macht des britischen Speakers ist allerdings vergleichsweise gering. Gegenwärtiger Amtsinhaber ist Michael Martin.

Vereinigte Staaten von Amerika

In der USA trägt der Präsident des Repräsentantenhauses ebenfalls den Titel Speaker. Er hat das dritthöchste Amt im Staat nach Präsident und Vizepräsident inne und würde das Amt des Staatspräsidenten für den Fall antreten, dass beide ausfallen. In der anderen Kammer, dem Senat, liegt der Vorsitz in den Händen des Vizepräsidenten der USA, der normalerweise kein Stimmrecht in dieser Kammer hat, außer im Falle eines Gleichstandes; dann ist seine Stimme maßgebend. Da in der Vergangenheit Demokraten und Republikaner zum Teil tatsächlich gleichviel Senatoren stellten, kam dem Vizepräsidenten hier also die Rolle des Züngleins an der Waage zu.

Russland

Die russische Staatsduma wird von einem Präsidenten (russ. Председатель Государственной Думы) geleitet, der über 8 Stellvertreter verfügt. Das Amt wurde 1994 geschaffen. Die Wahl zum Parlamentspräsidenten erfolgt in einer Kampfabstimmung. Gegenwärtiger Inhaber des Amtes ist seit 2003 Boris Gryslow von der Partei Einiges Russland. Seine Vorgänger waren Iwan Rybkin (1994-1996, Agrarpartei) und Gennadi Selesnjow (1996-2003, KPRF 1996-2002, Unabhängig 2002-2003).

Schweden

An der Spitze des Schwedischen Reichstags steht der Reichstagspräsident (talman), der zusammen mit seinen drei Vertretern für die gesamte Legislaturperiode gewählt wird. Zu seinen Aufgaben zählt die Beauftragung eines Parteivorsitzenden mit der Regierungsbildung bei einem Regierungswechsel, die Entlassung von Regierungsmitgliedern nach einem Misstrauensvotum oder des Premierministers auf eigenen Wunsch, die Übernahme des Amtes des Reichsverwesers, wenn der König und sein Stellvertreter verhindert sind, und natürlich die Planung und Organisation der Arbeit des Reichstages.


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