Spinozerebelläre Ataxie

Spinozerebelläre Ataxie

Spinozerebelläre Ataxien (im Englischen spinocerebellar ataxias, kurz SCA genannt) sind eine große Gruppe klinisch gleichartiger neurodegenerativer Erkrankungen des Menschen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die spinozerebellären Ataxien treten mit einer Häufigkeit von einem Erkrankten pro 100.000 Menschen auf. Bei betroffenen Personen zeigen sich erste Symptome in der Regel im mittleren Lebensalter durch Bewegungsstörungen, ungewöhnliche Augenbewegungen, abnehmenden Orientierungssinn und abnehmende Wahrnehmungsfähigkeit. Im weiteren Verlauf verstärken sich die Symptome, führen zur subkortikalen Demenz und schließlich zum Tod.

Pathologisch begleitet die Krankheit ein Verlust der Purkinje-Zellen, die größten Neuronen des Kleinhirns (Cerebellum). Auf genetischer Ebene ist die Gruppe der Spinozerebellären Ataxien sehr heterogen, es werden bereits 26 Genorte in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben und entsprechend der Reihenfolge ihrer Entdeckung mit SCA1 bis SCA26 bezeichnet (Stand 6/2005). Allerdings ist noch nicht für alle Krankheitsbilder die exakte Mutation oder deren genaue Lokalisation bekannt.

Die schon länger bekannten SCA Typen 1, 2, 6, 7 und 17 werden zu der Gruppe der Trinukleotiderkrankungen wie Chorea Huntington, Spinobulbäre Muskelatrophie Typ Kennedy (SBMA) und Dentatorubro-Pallidoluysische Atrophie (DRPLA) gerechnet, da die krankheitsauslösende Mutation eine ungewöhnlich lange Triplettwiederholung des Codons CAG (entspricht der Aminosäure Glutamin) ist. Ihnen gemeinsam ist des Weiteren ein autosomal-dominanter Vererbungsmodus und die Tatsache, dass sich die CAG-Wiederholung in der Regel mit jeder Generation verlängert. Die biologische Funktion der durch diese Gene kodierten Proteine (sie heißen Ataxin 1, 2, 3, 6, 7 und TBP (bei SCA17) ist weitgehend unklar. Es kodieren nicht alle betroffenen SCA-Gene für Proteine. Das SCA8-Gen kodiert zum Beispiel für eine Antisense-RNA, was wissenschaftlich gesehen anfangs zu großer Verwirrung führte, da zu diesem Zeitpunkt aberrante Proteinagglomerate als krankheitsauslösend galten.

Die Forschung zu SCAs wurde in den letzten Jahren stark intensiviert, doch ist sie im Moment noch nicht so weit fortgeschritten, dass Patienten in näherer Zukunft mit einer kurativen Therapie rechnen dürfen.

Machado-Joseph-Krankheit

Die spinocerebelläre Ataxie 3 (SCA3) wird in der Literatur meist als Machado-Joseph-Krankheit (MJD) bezeichnet. Die Ursache der Krankheit ist eine Mutation des MJD1-Gens auf Chromosom 14 Genlocus q24.3-32.1, die zu einer Verlängerung des Polyglutamin-Bereiches führt. Mit einem Anteil von 35% an den autosomal-dominant vererbten cerebellären Ataxien ist die MJD die häufigste Form dieser Krankheit in Deutschland.[1]

SCA13

siehe Hauptartikel Spinozerebelläre Ataxie Typ 13

Spinozerebelläre Ataxie Typ 13 (SCA13) ist eine neurodegenerative Erkrankung, die das Kleinhirn (Zerebellum) befällt. SCA13 wird autosomal dominant vererbt.

SCA13 ist verursacht durch Mutationen im Kaliumkanal KCNC3 (Kv3.3). Bisher sind drei Mutationen beobachtet worden: R420H, R423H, und F448L. R420H Mutationen gehen mit Erkrankung im Erwachsenenalter einher, die anderen mit Erkrankung im Kindesalter oder kongenital und langsamer Progredienz.

Siehe auch

Ataxin-2

Literatur

  • T. Schmidt u. a.: Protein Surveillance Machinery in Brains with Spinocerebellar Ataxia Type 3: Redistribution and Differential Recruitment of 26S Proteasome Subunits and Chaperones to Neuronal Intranuclear Inclusions. In: Ann Neurol, 51/2002, S.302–10.
  • O. Riess u. a.: Autosomal dominant vererbte spinozerebellare Ataxien. In: Deutsches Ärzteblatt, 98/2001, S.1546–58.
  • T. Schmidt u. a.: An isoform of ataxin-3 accumulates in the nucleus of neuronal cells in affected brain regions of SCA3 patients. In: Brain Pathol, 8/1998, S.669–79.
  • Aya Kito: 1 litre of tears (japanisch: Ichi Rittoru no Namida, dt. übersetzt: 1 Liter Tränen)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Humangenetik der Universität Bochum: Spinocerebelläre Ataxie (SCA)
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