Patrilinearität

Patrilinearität

Als patrilinear, patrilineal, Vaterfolge, wird in der Ethnologie, Anthropologie und Biologie ein Verwandtschaftssystem bezeichnet, das die verwandtschaftlichen Verhältnisse und sonstige Rechtsverhältnisse, etwa in Bezug auf das Erbrecht über die Abstammung vom Vater bildet. Kinder aus einer Partnerschaft werden dabei der Familie des Mannes zugerechnet. Der Gegensatz zu der Patrilinearität ist die Matrilinearität.

Im weiteren Sinne bezieht sich der Begriff auf eine väterliche Erblinie, d. h. in patrilinearen Systemen werden einige oder alle Ressourcen vom Vater an seine Söhne weitervererbt. Es kann sich dabei um materielle Ressourcen handeln, aber auch spirituelle und/oder kulturelle Güter.

Patrilineare Verwandtschaftssysteme konnten sich erst ab dem Zeitpunkt entwickeln, ab welchem den Menschen die Beteiligung des Mannes bei der Zeugung bekannt war - jedoch solle man die Beobachtungsgabe und Urteilskraft der Frühmenschen nicht unterschätzen - und, seit die Verschwägerung von Familien bedeutsam wurde. Der Übergang von matrilinearen zu patrilinearen Verwandtschaftssystemen erforderte wegen der (früher) fehlenden Möglichkeit, die Abstammung eines Kindes von einem Mann zu klären (→ mater semper certa est), eine ganze Reihe von neuen, vielschichtigen Organisationsformen, um die männliche Verwandtschafts- und Erblinie sicherzustellen. So wurde beispielsweise abgesichert, dass die Frau mit nur einem Mann sexuellen Kontakt haben konnte (→Monogamie, Einschränkung des Bewegungsspielraums oder vollständige Isolierung der Frau). Es steht zu vermuten, dass diese Entwicklung nur durch die relative Entmachtung bzw. Unterdrückung der Frauen vonstatten gehen konnte. Die Entwicklung von patrilinearen Gesellschaftssystemen und männlich dominierter Herrschaftssysteme (→Patriarchate) verlief - mit einigen Ausnahmen - Hand in Hand.

In der Neuzeit existieren neben Patrilinearität und Matrilinearität auch so genannte bilaterale Systeme, in denen Kinder gleichzeitig der Abstammungslinie der Frau als auch des Mannes zugerechnet werden.

In vielen Naturvölkern mit hoher geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung wird das kulturelle Wissen oft patri- und matrilinear weitergegeben. Das heißt: Das für Männer relevante Wissen wird von den Vätern an die Söhne weitergegeben, das für Frauen relevante Wissen von den Müttern an die Töchter.


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