Persönliches Ziel

Persönliches Ziel

Der Begriff der persönlichen Ziele ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene theoretische Ansätze in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. In Unternehmen sollen die Gespräche zu persönlichen Zielen und Zielvereinbarungen helfen, Arbeitsabläufe transparenter zu machen. Präzise, rational formulierte Ziele machen besprechbar, was sonst diffus, willkürlich oder ungewiss bliebe.

Mitarbeiter in Unternehmen wollen wertgeschätzt werden, damit sie motiviert arbeiten können. Engagement, Freundlichkeit, Teamgeist, Ideen oder Identifikation können nicht von einer Unternehmensführung angeordnet werden.

Moderne Führungsphilosophien sind mit einem optimistischen Menschenbild darauf gerichtet, nicht die Ideen und das Engagement der Mitarbeiter zu reglementieren, sondern koordierend zu handeln. Dieser Ansatz setzt voraus, dass konjunkte Normen, Verhaltens- oder Spielregeln gefunden werden, um Kooperationen zu entwickeln, die Vertrauen und eine Win-Win-Situation herstellen können.

Inhaltsverzeichnis

Theoretischer Hintergrund

Karl Popper hat in seinem Werk "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" zur Autonomie der Soziologie, den "methodologischen Individualismus" dem "methodologischen Kollektivismus" gegenübergestellt. Er will sich nicht von den romantischen Überlegungen eines Nationalgeistes oder Gruppengeistes beeindrucken lassen, wie z.B. Hegel oder Jean-Jacques Rousseau. Er hebt mit Bezug zum Psychologismus von John Stuart Mill das Recht hervor, dass es möglich sein muss, das Verhalten und die Handlung von Kollektiven wie Staaten, Sozialgruppen (Unternehmen) auf das Verhalten und die Handlungen menschlicher Individuen zu reduzieren. Mill: "Menschen, die zusammengebracht werden, verwandeln sich nicht in eine Substanz anderer Art."

In der Theorie der rationalen Entscheidung besteht das Problem, soziale Gesetzmäßigkeiten finden zu wollen, die ähnlich klar und eindeutig formuliert werden könnten wie physikalische Gesetze. Auch in dem Bewusstsein, dass Menschen nur begrenzt rational handeln (ansonsten dürfte es keine Raucher geben), muss für Unternehmen ein rationaler, pragmatischer Ansatz gefunden werden, wie sich die letztendlich materialistischen Ziele der Kapitalgeber (Investoren) und persönliche Ziele der Mitarbeiter in Zielvereinbarungsgesprächen zusammenbringen lassen.

Strukturierung der Ziele

Das Erreichen von persönlichen Zielen kann sich auf vitale, kognitive, psychosoziale oder seelische Ziele beziehen. Diese Strukturierung von Zielen spiegelt das Problem unterschiedlicher psychologischer Veränderungsebenen wider, die erst in ihrer Gesamtheit die Identität eines Menschen definieren. Die Zielerreichung auf den jeweiligen Veränderungsebenen erfolgt durch Handlungen, die auf materiellen oder geistigen Austauschbeziehungen basieren.

Ein international bekannter Autor zum Thema "persönliche Ziele verwirklichen" ist Raymond Hull. (Buch: "Alles ist erreichbar".)

Der Begriff der persönlichen Ziele ist auf ein rational agierendes, menschliches Individuum gerichtet. Jedoch beschreibt dieser Begriff nicht eindeutig den Zielradius. Zu unterscheiden sind egozentrische und kooperative Ziele. Bei egozentrischen Zielen nützt die Zielerreichung ausschließlich dem Akteur. Bei kooperativen Zielen ist die Zielerreichung so angelegt, dass das Ergebnis zumindest auch für einen weiteren Akteur von Vorteil ist.

Aus dieser Überlegung lässt sich ableiten, dass persönliche Ziele Auswirkungen auf eine Austauschbeziehung mit anderen Akteuren haben. Bezogen auf die Austauschbeziehung von Unternehmen mit ihren Mitarbeitern lassen sich für die Bewertung eines Erfolges vier prinzipielle Unterscheidungen treffen:

  1. es ist gut für Mitarbeiter und Unternehmen (Strategiebestandteil, konjunkte Norm, Win-win-Situation)
  2. es ist schlecht für das Unternehmen und gut für den Mitarbeiter (egozentrisch und sozialer Luxus)
  3. es ist gut für das Unternehmen und schlecht für den Mitarbeiter (soziale Ausbeutung)
  4. es ist schlecht für das Unternehmen und ebenso schlecht für den Mitarbeiter (kompletter Irrweg)

Diese vier Kategorien bilden in dem Fall einen Bewertungsrahmen, wo ein Mensch mit seinen persönlichen Zielen über seine rein vitalen Interessen hinaus auf der Basis seiner Handlungen höhere Ziele verfolgt und so eine Brücke zwischen egoistischen und kooperativen Interessen im Sinne des Unternehmens als sozialem System geschlagen werden kann.

Persönliche Ziele (im Bereich Lernmotivation)

Definition

Mit dem Begriff persönliche Ziele werden Anliegen, Projekte und Bestrebungen bezeichnet, die eine Person in ihrem Alltag verfolgt und in Zukunft realisieren möchte. Sie beruhen auf antizipierten Zuständen und Ereignissen, die für die Person von individueller Bedeutung sind. Persönliche Ziele zeigen an, wie eine Person ihre Lebenssituation gestalten will, welche Anforderungen sie meistern möchte, welche Fähigkeiten sie erwerben will und welche Veränderungen sie in einzelnen Lebensbereichen anstrebt.

Man geht davon aus, dass persönliche Ziele das Handeln und Erleben im Alltag strukturieren und ihm persönliche Bedeutung geben.

Konzepte und Grundgedanken

Es gibt vier Konzepte, auf die sich die Studien über persönliche Ziele konzentrieren: persönliche Anliegen (current concerns), persönliche Projekte (personal projects), persönliche Ziele (personal strivings) und die Lebensaufgabe (live task).

Die vier Zielkonzepte weisen sowohl besondere als auch gemeinsame Merkmale auf. Unterschiede der Konzepte betreffen das Abstraktionsniveau, auf dem persönliche Ziele analysiert werden und die Bedeutung, die die einzelnen Autoren dem sozialen Kontext zuweisen. Gemeinsamkeiten der Konzepte finden sich in der Art der Erhebung von Zielen (in einem freien Selbstbericht) und in der gemeinsamen Annahme, dass persönliche Ziele dem Alltagsleben von Menschen Sinn, Struktur und Bedeutung verleihen.

Persönliche Ziele und Subjektives Wohlbefinden

Wessman und Ricks (1966) stellen in ihrer Theorie „Mood and Personality" die These "Der Alltag glücklicher Menschen sei vom Streben nach bedeutungsvollen Zielen ausgefüllt" (Telische Theorie des Wohlbefindens) auf. Unglückliche Menschen verfügen dieser Theorie nach über keine ausreichenden Zielbindungen oder betrachten ihre Ziele und Pläne als hoffnungslos.

Persönliche Ziele und Soziale Unterstützung in zwischenmenschlichen Beziehungen

In den letzten Jahren wurden persönliche Ziele verstärkt im Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen analysiert. Der Leitgedanke besagt, dass soziale Beziehungen sowohl für die Realisierung als auch die Bildung von persönlichen Zielen relevant sind und beeinflussen auf diesen Weg das psychologische Wohlbefinden. Zum Beispiel analysierten Brunstein, Dangelmayer und Schultheiß die Bedeutung von sozialer Unterstützung für persönliche Ziele im Kontext partnerschaftlicher Beziehungen, da Partnerschaften für die Verwirklichung von persönlichen Zielen besonders relevant sind, da sie durch hohe Interdependenz im Fühlen, Denken und Handeln von Partnern gekennzeichnet sind. Die Studie zeigte, dass Probanden, die von ihren Partnern wenig Unterstützung für persönliche Ziele erhielten, Defitzite in der Initiierung von Handlungen, die sie ursprünglich für ihre Ziele hatten ausführen wollen, zeigten. Die Studie zeigte weiterhin, dass Gefühle der Unzufriedenheit in der Partnerschaft von der dort erhaltenen Unterstützung für persönliche Ziele abhängig war.

Persönliche Ziele, Traits und Motive

Als Traits werden Persönlichkeitsdimensionen bezeichnet, die mit wiederkehrenden und situationsübergreifenden Mustern von Verhaltensgewohnheiten verbunden sind. Sie sind biologisch fundiert und kennzeichnen, zu welchen Verhaltensweisen eine Person im Vergleich zu anderen tendiert.

Persönliche Ziele beschreiben hingegen, was eine Person mit dem, was sie tut, bezweckt und zu erreichen versucht. Das bedeutet, dass Handlungen, die für die Realisierung von Zielen ausgeführt werden, in erster Linie Mittel zum Zweck sind. Hat sich eine Person an bestimmte Ziele gebunden, wird ihr Handeln durch Strategien, Pläne und situative Erfordernisse bestimmt. Persönliche Ziele beruhen also auf der Bindung einer Person an ausgewählte Anreizobjekte.

Motive stellen Wertungspositionen für breite Äquivalenzklassen von Anreizen dar, die thematisch in den Bereichen Schwierigkeit, Wirksamkeit und soziale Nähe angesiedelt sind. Motive beinhalten hoch generalisierte Präferenzen für emotionale Erfahrungen, die aus charakteristischen Formen der Person-Umwelt-Transaktion resultieren.

Anwendungsperspektiven

Im Bereich der klinischen Psychologie zeichnen sich erste Anwendungsperspektiven für das Konzept der persönlichen Ziele ab. Zum Beispiel werden persönliche Ziele mit den unterschiedlichsten Symptomen in Verbindung gebracht wie Depressivität, Ängstlichkeit, Alkohol- und Nikotinmißbrauch, oder psychosomatische Beschwerden. Eine Gemeinsamkeit der vorliegenden Befunde besteht darin, dass sich Personen mit hohen Symptombelastungen an Ziele gebunden fühlen, die ihnen selbst unrealistisch erscheinen und die im Konflikt miteinander stehen. Es gibt ebenfalls Anwendungen des Konzepts der persönlichen Ziele im Bereich der Organisationspsychologie, jedoch steht sie dort noch am Anfang.

Resümee

Persönliche Ziele werden als verbindendes Element zwischen Motivation und Persönlichkeit betrachtet. Personen werden nicht nur dadurch gekennzeichnet über welche Eigenschaften sie verfügen, sondern auch welche Ziele sie in ihrem Leben anstreben und verwirklichen wollen. Persönliche Ziele sind Bezugspunkte des Handelns, die aus der Auseinandersetzung einer Person mit ihrer sozialen Umwelt resultieren. Da persönliche Ziele nur ein Teilsystem der Persönlichkeit repräsentieren, können sie mit anderen Teilsystemen interagieren.

Literatur

  • Manfred Becker: Personalentwicklung. Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis. 5. Aufl. Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-7910-2852-1.
  • Joachim C. Brunstein, Günter W. Maier: Persönliche Ziele. Ein Überblick zum Stand der Forschung. In: Psychologische Rundschau, Jg. 47 (1996), S. 146–160, ISSN 0033-3042
  • Raymond Hull: Alles ist erreichbar. Erfolg kann man lernen („How to get what you want“). Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-61352-2.
  • Oliver Lüdtke: Persönliche Ziele junger Erwachsener. Persönliche Ziele im frühen Erwachsenenalter. Verlag Waxmann, Münster 2006, ISBN 3-8309-1610-8 (zugl. Dissertation, FU Berlin 2004).
  • Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. 8. Aufl. Mohr Siebeck, Tübingen 2003 (2 Bde.).
  1. Der Zauberer Platons. 2003, ISBN 3-16-148068-6.
  2. Falsche Propheten. Hegel, Marx und die Folgen. 2003, ISBN 3-16-148069-4.
  • Karl Hackstette: Individualistische Unternehmensführung. Eine wirtschaftsphilosophische Untersuchung. Metropolis-Verlag, Marburg 2003, ISBN 3-89518-443-8 (zugl. Dissertation, Universität Oldenburg 2003).
  • Lutz von Rosenstiel: Grundlagen der Organisationspsychologie. Basiswissen und Anwendungshinweise. 6. Aufl. Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-7910-2523-0.
  • Ansfried B. Weinert: Organisations- und Personalpsychologie. Lehrbuch. 5. Aufl. Beltz Verlag, Weinheim 2004, ISBN 3-621-27490-1 (früherer Titel: Organisationspsychologie).

Weblinks

Siehe auch


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