Peter (Lateinisches Kaiserreich)

Peter (Lateinisches Kaiserreich)
Darstellung Peters in einer Handschrift aus dem 14. Jahrhundert

Peter von Courtenay (Pierre de Courtenay) (* um 1155; † 1219) aus dem jüngeren Haus Courtenay war als Peter II. Herr von Courtenay und als Peter I. Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel von 1216 bis 1217. Außerdem war er durch Ehe Graf von Nevers, Auxerre und Tonnerre sowie Markgraf von Namur.

Er war ein Sohn von Peter I. von Courtenay († 1181/83), einem jüngeren Sohn des Königs Ludwig VI. des Dicken von Frankreich. Seine Mutter war Elisabeth von Courtenay.

Inhaltsverzeichnis

Graf von Nevers, Auxerre und Tonnerre

Peter erbte von seinem spätestens 1181/83 gestorbenen Vater die Burgen von Courtenay und Montargis. Auf Vermittlung seines Cousins, König Philipp II. August, heiratete er 1184 Agnes, Tochter des Grafen Guido von Nevers und Erbin der Grafschaften Nevers, Auxerre und Tonnerre.[1] Im Gegenzug für dieses ansehnliche Erbe überließ er Montargis der Krone.[2] Den König begleitete Peter ab 1190 auf den dritten Kreuzzug und kehrte in dessen Gefolge auch 1191 in die Heimat zurück.[3]

Kurz nach seiner Rückkehr starb Peters Ehefrau 1193 und hinterließ die drei Grafschaften ihrer gemeinsamen Tochter Mathilde (* wohl 1188), die er als deren Vormund allerdings weiter verwalten konnte. Unmittelbar darauf vereinbarte er mit dem Grafen Balduin IX. von Flandern ein Eheprojekt, indem er dessen Schwester Jolante heiratete. Außerdem wurde abgemacht, dass Mathilde den Bruder des Grafen von Flandern, den Markgrafen Philipp I. von Namur, heiraten sollte, sobald sie das heiratsfähiges Alter erreichen würde. Im Jahr 1197 erhob sich der Graf von Flandern allerdings gegen König Philipp II. August, welcher wiederum im Jahr 1199 die Ehe der Erbin von Nevers mit dem Bruder seines Feindes verbat, nachdem er in einem Schreiben von Papst Innozenz III. davor gewarnt wurde.[4]

Um dieselbe Zeit war Peter in einen Konflikt mit Hervé von Donzy um den Besitz der Burg von Gien geraten. Obwohl Peter von Seiten des Königs Unterstützung in Form von Söldnerkompanien erhalten hatte, wurde er von seinem Feind am 3. August 1199 in einer Schlacht unweit von Donzy besiegt und in die Flucht geschlagen. Zur Beilegung des Konflikts schaltete sich nun der König direkt ein und vermittelte die Ehe zwischen Mathilde und Hervé von Donzy, denen dazu die Herrschaft in Nevers übertragen wurde. Peter wiederum wurde ein lebenslanges Nutzungsrecht auf Auxerre und Tonnerre zugebilligt. Das Streitobjekt Gien hingegen sollte sofort in den Kronbesitz übergehen.[5][6]

In den Jahren 1209 bis 1211 nahm Peter mit seinem Bruder Robert von Courtenay am Albigenserkreuzzug teil und kämpfte 1214 in der Schlacht bei Bouvines mit.[7] Bereits 1212 hatte seine Frau als Erbin ihres Bruder die Markgrafschaft Namur übernommen.

Kaiser von Konstantinopel

Peters zweite Ehefrau war seit dem 1. Juli 1193 Jolante (Yolande, † 1219), eine Schwester Balduins I. und Heinrichs, den beiden ersten Kaisern des Lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel. Jolante erbte 1212 beim Tod ihres Bruders Philipp dessen Markgrafschaft von Namur, die Peter fortan aus ihrem Recht regierte.

Als sein Schwager, der Kaiser Heinrich, 1216 ohne Söhne starb, wurde Peter zu seinem Nachfolger gewählt. Mit einer kleinen Armee brach er von Frankreich auf, um seine Krone in Besitz zu nehmen. Er wurde in Rom in S. Lorenzo fuori le mura von Papst Honorius III. am 9. April 1217 zum Kaiser gesalbt. Er lieh sich von Venedig einige Schiffe mit dem Versprechen, unterwegs Durazzo für sie zu erobern, was ihm aber nicht gelang, und legte den Rest des Wegs nach Konstantinopel zu Lande zurück. Auf seiner Reise wurde er von Theodoros I. Angelos, dem Despoten von Epirus festgesetzt und starb nach zweijähriger Gefangenschaft. Peter regierte sein Reich keinen Tag, an seine Stelle trat seine Ehefrau Jolante, der es gelungen war, Konstantinopel zu erreichen. Zwei seiner Söhne, Robert und Balduin II., bestiegen hingegen den Thron des Lateinischen Kaiserreichs.

Nachkommen

Aus seiner ersten Ehe mit Agnes hatte Peter nur ein Kind, Mathilde. Aus seiner zweiten Ehe hatte er 13 Kinder:

  1. Margarete († 17. Juli 1270) Markgräfin von Namur 1228–1237 ∞ 1) um 1210 Raoul III. d'Issoudun († 1. März nach 1212), ∞ 2) vor 1217 Heinrich I. Graf von Vianden († 19. November wohl 1253)
  2. Elisabeth († nach August 1253) ∞ 1) Gaucher Graf von Bar-sur-Seine († 1219) (Haus Le Puiset), ∞ 2) 1220 Eudes I. de Montagu († nach August 1253)
  3. Jolante († 1233) ∞ 1215 Andreas II. König von Ungarn
  4. Agnes († nach 1247) ∞ 1217 Gottfried II. von Villehardouin, Fürst von Achaia († 1245)
  5. Maria († nach 1228) ∞ 1218 Theodor I. Laskaris Kaiser von Nicäa
  6. Eleonore († vor 1230) ∞ Philipp von Montfort († 1270), Herr von Castres, Herr von Tyrus und Toron
  7. Konstanze, 1210
  8. Sibylle (* 1197, † 1210) Nonne
  9. Philipp II. († 1226), 1216 Markgraf von Namur und Herr von Courtenay, lehnte die angebotene Kaiserkrone von Konstantinopel ab
  10. Peter (III.), 1210, Geistlicher
  11. Robert († 1228 vor 13. Februar) Kaiser von Konstantinopel ∞ 1228 NN, Tochter des Balduin de Neufville
  12. Heinrich II. († 1229) Graf von Namur 1226
  13. Balduin II. (* 1218, † nach 15. Oktober 1273) Kaiser von Konstantinopel ∞ 19. April 1229 Marie de Brienne († nach 5. Mai 1275), Tochter des Johann von Brienne, König von Jerusalem, dann Mitkaiser in Konstantinopel

Einzelnachweise

  1. Chronologia Roberti Altissiodorensis, hrsg. von Léopold Delisle in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France (RHGF) 18 (1878), S. 251
  2. Henri-François Delaborde: Recueil des actes de Philippe II Auguste Vol. 1 (1916), Nr. 106, S. 134–135
  3. Gesta Regis Henrici Secundis et Gesta Regis Ricardi Benedicti abbatis, hrsg. von William Stubbs in: Rolls Series 49 (1867), Vol. 2, S. 156 und Roger of Hoveden, Chronica, hrsg. von William Stubbs in: Rolls Series 51 (1870), Vol. 3, S. 126
  4. August Potthast: Regesta Pontificum Romanorum (1874-75), Nr. 675
  5. Der Konflikt zwischen Peter von Courtenay und Hervé von Donzy sowie die Friedensinitiative König Philipps II. August wurde überliefert von Raoul de Diceto (Ymagines Historiarum). Siehe The Historical Works of Master Ralph of Diss, hrsg. von William Stubbs in: Rolls Series 68 (1876), Vol. 2, S. 167. Zur Ehe zwischen Mathilde von Courtenay und Hervé von Donzy siehe außerdem Chronologia Roberti Altissiodorensis in: RHGF 18 (1878), S. 263
  6. Catalogue des actes de Philippe Auguste, hrsg. von Léopold Delisle (1856), Nr. 574, S. 136
  7. Die Teilnahme am Albigenserkreuzzug wird von Wilhelm von Tudela in dessen Chanson erwähnt. Siehe La Chanson de la Croisade contre les Albigeois, tome premier, hrsg. von Paul Meyer (1875), §XII, S. 13, §LXIII, S. 67 und §LXXI, S. 75. Zur Teilnahme an der Schlacht bei Bouvines siehe Wilhelm der Bretone, Gesta Philippi Augusti, hrsg. in: RHGF 17 (1878), S. 98.

Literatur

  • John C. Moore: Count Baldwin IX of Flanders, Philip Augustus, and the Papal Power, in: Speculum Vol. 37 (1962), S. 86–88

Weblinks

  • Peter I. bei genealogie-mittelalter.de


Vorgänger Amt Nachfolger
Peter I. Herr von Courtenay
Blason Courtenay.svg

1181/83–1217
Philipp
Herr von Montargis
1181/83–1284
französische Krondomäne
Agnes Graf von Nevers
(ab 1184 iure uxoris mit Agnes, ab 1193 als Vormund von Mathilde)

1184–1200
Mathilde
und
Hervé von Donzy
Graf von Auxerre
Graf von Tonnerre
(ab 1184 iure uxoris mit Agnes, ab 1193 als Vormund von Mathilde, ab 1199 aus eigenem Recht)

1184–1217
Mathilde
Philipp I. Markgraf von Namur
(iure uxoris mit Jolante)

1212–1217
Philipp II.
Heinrich Lateinischer Kaiser
Blason Empire Latin de Constantinople.svg

1216–1217
Robert

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