- Atto Melani
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Atto Melani (* 1626 in Pistoia; † 1714 in Paris) war ein italienischer Kastratensänger, Diplomat, Spion und Schriftsteller.
Melani wurde als drittes von sieben Kindern einer armen Glöcknerfamilie in der toskanischen Stadt Pistoia geboren. Im Kindesalter wurde Melani kastriert, da er Kastratensänger werden sollte. Seine Brüder Alessandro Melani und Jacopo Melani waren bedeutende Komponisten.
Als Sänger war Melani schnell zu einer Berühmtheit geworden, so ging unter anderem das Gerücht um, sein Gesang wäre ein Heilmittel gegen den Schlangenbiss. Der französische Dichter Jean de La Fontaine pries seinen Gesang in einem Gedicht, nachdem er Zeuge einer Aufführung der Oper „Orfeo“ von Luigi Rossi mit Melani in der Hauptrolle wurde.
Sein großes Gesangstalent brachte ihn schließlich an den französischen Hof Ludwig des Vierzehnten. Kardinal Jules Mazarin führte ihn in die Kunst der Spionage ein, die er bald eben so gut beherrschte wie den Gesang. Im Rahmen seiner Konzerte kam er an die europäischen Königshöfe, gab verschlüsselte Botschaften weiter und sammelte Geheimnisse.
1657 wurde Melani von Mazarin nach Bayern geschickt, wo er den frankreichfreundlichen Kurfürsten Ferdinand dazu bewegen sollte, sich zur Wahl des römisch-deutschen Kaisers zu stellen. Das Vorhaben scheiterte jedoch. Trotzdem lobte Kardinal Mazarin ihn für sein großes Verhandlungsgeschick, seine Position wurde zusätzlich gefestigt.
Nach Mazarins plötzlichem Tod 1661 wendete sich Melanis Glück in Frankreich. Wenige Monate später wurde der Oberintendant der Finanzen, Nicolas Fouquet auf Geheiß Ludwig XIV. gefangengenommen und eingekerkert. Es wurde publik, dass Melani mit Fouquet befreundet war. Ludwig XIV., der Melani bereits seit seiner Kindheit kannte und ein sehr vertrauliches Verhältnis zu ihm hatte, erfuhr, dass seine Briefe von Atto kopiert wurden. Folge war eine fünfzehnjährige Verbannung. Melani floh nach Rom.
In Rom wurde Atto vom Kardinal Giulio Rospigliosi aufgenommen, der wie er aus Pistoia stammte. Melani genoss in Rom auch die Unterstützung von Maria Mancini, der Nichte Mazarins. Mit ihr führte der Kastrat über vierzig Jahre einen Briefwechsel.
1667 starb Papst Alexander VII. Im darauffolgenden Konklave, aus dem Attos Gönner Rospigliosi als Papst Clemens IX. hervorgehen sollte, war er dessen Assistent. Dies war wohl eine einzigartige Gelegenheit, die Geheimnisse der Papstwahl von innen kennen zulernen. Darüber, inwieweit Melani die Wahl Clemens IX. beeinflusste, kann nur spekuliert werden. Tatsache ist es, dass Ludwig XIV. mit dem Ergebnis der Papstwahl mehr als einverstanden war. Dank seiner Dienste für Frankreich wurde das Exil nach der Papstwahl aufgehoben, und er war als Spion des Sonnenkönigs am Päpstlichen Hofe und Spezialist für Konklaven tätig. Zusätzlich erhielt Atto den Titel eines Abbé und ein jährliches Zehrgeld von dreitausend Livres.
1668 trat Melani im Palazzo Colonna das letzte Mal als Sänger auf. Von nun an widmete er sich ausschließlich der Politik und der Diplomatie. Er verfasste zahlreiche Berichte und Memoranden über Rom und die deutschen Fürstentümer, vermittelte zwischen dem französischen Hof und hochrangigen Kardinälen und war Schiedsrichter bei Auseinandersetzungen zwischen italienischen Stadtstaaten.
Atto Melani starb im Alter von 88 Jahren 1714 in Paris.
Sein Erbe war beeindruckend: so befanden sich neben Bankdepots, Palazzi und Ländereien sowohl in Italien als auch in Frankreich auch eine umfassende Bibliothek darunter. Seine ursprünglich 108 Bände umfassende Korrespondenz mit bedeutenden Zeitgenossen gilt bis auf ein Inhaltsverzeichnis als verschollen.
Die italienischen Autoren Rita Monaldi und Francesco Sorti fanden bei den Recherchen für ihren Roman Imprimatur eine Schrift Melanis an Ludwig XIV., welche unter dem Titel Die Geheimnisse der Konklaven und die Laster der Kardinäle (ISBN 3-608-93737-4) herausgegeben wurde. Sowohl in Imprimatur als auch in den Nachfolgeromanen Secretum und Veritas stellt Melani eine der zentralen Figuren dar.
Weblinks
- Literatur von und über Atto Melani im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
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