- Attraktivität
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Attraktivität (lateinisch ad- ‚an‘ + -trahere, PPP -tractum ‚ziehen‘) ist die von einem Objekt ausgehende Anziehungskraft. Sie kann sowohl auf äußerlichen Eigenschaften (Schönheit) als auch auf Wesenseigenschaften (Charakter, Geist, Charisma, soziale Stellung, materieller Wert) beruhen und individuell unterschiedlich zu bewerten sein. Je angenehmer oder vorteilhafter etwas eingeschätzt wird, desto attraktiver wirkt es.
Inhaltsverzeichnis
Attraktivitätsstereotype
Umfragen zeigen, dass Menschen attraktive Personen für erfolgreicher, glücklicher und kompetenter halten – jedoch nicht für ehrlicher oder hilfsbereiter. Andere Untersuchungen zeigen den Einfluss der Stereotype auf menschliche Werturteile: Bereits Säuglinge widmen attraktiven Gesichtern mehr Aufmerksamkeit. In einer Studie beobachtete man, wie viele Personen sich neben eine Frau in der U-Bahn setzten. In der ersten Bedingung war die Frau eine sehr attraktive Person, in der zweiten Bedingung entstellte man ihr Gesicht durch Make-Up. War die Frau äußerlich weniger anziehend, setzten sich weniger Menschen neben sie. Personen wurden gefragt, wie sympathisch eine Frau auf sie wirkte. Nach einer Schönheitsoperation wurde die Frau als sympathischer beurteilt.
Wer ist attraktiv?
Siehe auch: AttraktivitätsforschungAttraktive Gesichter werden in Experimenten oft am Computer erstellt. Dazu wird eine Reihe von Photographien echter Personen per Morphing zu einem Durchschnittsgesicht zusammengemischt. Derartige Durchschnittsgesichter werden als besonders attraktiv beurteilt. Nach Meinung einiger Autoren könnte die Attraktivität der Durchschnittsgesichter aber mehr auf den Nebeneffekt zurückzuführen sein, dass deren Haut durch das Morphen besonders makellos, glatt, fein und damit jung wirkt als auf die eigentliche Durchschnittlichkeit der Gesichter.
Die wahrgenommene Attraktivität kann auch durch künstliche geschaffene Symmetrie zwischen den Gesichtshälften erhöht werden. Auch Säuglinge widmen diesen künstlich erzeugten Gesichtern mehr Aufmerksamkeit. Zudem scheinen Gesichter mit weiblicheren Zügen als attraktiver wahrgenommen zu werden, zum Beispiel wenn sie höhere Wangenknochen aufweisen.
Auch im Tierreich gibt es Belege dafür, dass äußerliche Merkmale und deren Symmetrie bestimmend für die Paarungspräferenzen sind, beispielsweise das Pfauenrad, das Aufplustern oder Pfeifen von Vögeln bzw. unter höheren Säugetieren die Statur des ältesten Gorillas oder das Geweih von männlichem Rothirsch.
Hormonale Einflüsse
Eine Besonderheit lässt sich bei Frauen beobachten: Ihre Beurteilung von Attraktivität hängt von ihrem Zyklus ab. Befinden sie sich nahe dem Eisprung, bevorzugen sie eher männliche Gesichtszüge (ausgeprägtes Kinn etc.). Je weiter entfernt der Eisprung ist, desto attraktiver werden Gesichter mit weiblicheren Merkmalen beurteilt. Eine mögliche Erklärung ist evolutionspsychologisch: Attraktive Gesichter sollen Gesundheit, Kraft und reproduktive Fitness widerspiegeln.
Emotionalisierung
Ein besonderer Einfluss besteht in den bereits vorhandenen Gefühlen, die man gegenüber einer Person hegt: Menschen, die man liebt, findet man attraktiver.
Sozialisation
Ebenso spielt der soziale Vergleich eine wichtige Rolle. Menschen beurteilen ihre eigene und die Attraktivität anderer entsprechend den Eindrücken, die sie von ihrer sozialen Umwelt haben. So wurde gezeigt, dass Männer ihre Frauen als weniger attraktiv beurteilen, wenn sie kurz zuvor Bilder von sehr attraktiven anderen Frauen sahen.
Sexualität
In allen Kulturepochen der Menschheit war die sexuelle Attraktivität ein wichtiges Thema. Zahlreiche Beispiele finden sich u. a. in Mesopotamien[1] und im Mittelalter[2].
Sexuelle Attraktivität ist ein Steuerungsmerkmal der menschlichen Fortpflanzung. Dabei dient es
- der Selbstdarstellung (Präsentation als gesund und fortpflanzungsfähig) und
- der Belohnung (Erfolg durch Bevorzugung, Genuss der Beachtung u.a.)[3]
Die Wirkung kann für Person und Betrachter direkt und unmittelbar (beispielsweise durch die sexuelle Handlung), aber auch abstrakt und symbolisch (beispielsweise als Fan) entstehen. In jedem Fall entsteht durch diese Wirkung das Bedürfnis nach Fortsetzung, Wiederholung oder Steigerung.
Da Durchschnittsgesichter am attraktivsten sind, finden sie in den Massenmedien häufig Verwendung.[4]Techniken wie Beautyretusche erhöhen die Attraktivität der Bilder. Zu den universellen Attraktivitätsmerkmalen gesellen sich modische Elemente, wie beispielsweise in den letzten Jahren die Intimrasur, was sich in der jüngeren Pornografie widerspiegelt.[5] Im China der Kaiserzeit galt der Lotosfuß als sexuelles Attraktivitätsmerkmal.
Matching
Matching bezeichnet die Ähnlichkeit in der physischen Attraktivität von Partnern. Untersuchungen haben gezeigt, dass im Mittel ein positiver Zusammenhang zwischen der physischen Attraktivität bei Paaren besteht (das heißt „hübsche Menschen haben meist auch hübsche Partner“). Ebenso erweist sich das Ausmaß des Matching als Vorhersager für die Stabilität der Beziehung. In der Realität findet man oft bei ungleicher äußerer Attraktivität Kompensation durch andere Faktoren, beispielsweise durch wirtschaftlichen Erfolg etc. Dieser Austausch von (sozialen) Gütern gegen Attraktivität findet sich auch im Vertrieb und der Modellprostitution.
Das Hauptergebnis empirischer Untersuchungen von Franklin B. Evans für den Vertrieb lautet beispielsweise: Je ähnlicher Verkäufer und Kunde einander sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kauf zustande kommt. Gemessen wurde dabei die Ähnlichkeit in den Dimensionen Alter, Körpergröße, Einkommen, Religion, Erziehung, politische Einstellungen und Rauchgewohnheiten. Bei näherer Betrachtung dieser Dimensionen kann festgestellt werden, dass nonverbale Merkmale – insbesondere Körpergröße und -geruch – für den Menschen Signalwirkung für den potenziellen Status und die Akzeptanz des Gegenübers haben. Dieses Wissen findet beispielsweise über das Streben nach Statussymbolen und aufmerksamer Körperpflege für Verkäufer seinen Niederschlag oder in der Auswahl sozial passender Typologien im Recruiting.
Der Evolutionstheoretiker Oliver Curry erwartet, dass sich die Menschheit auf Grundlage des Matching in zwei Subspezies aufteilen wird. Die genetische Oberklasse würde groß, schlank, attraktiv, intelligent und kreativ, die Unterklasse dumm, hässlich und untersetzt sein.[6]
Siehe auch
Literatur
Populärwissenschaftlich
- Ulrich Renz: Schönheit – eine Wissenschaft für sich, Berlin Verlag, 2006, ISBN 3-8270-0624-4
- Nancy Etcoff: Nur die Schönsten überleben. Die Ästhetik des Menschen, Diederich Verlag, 2001, ISBN 3-7205-2222-9
- Bernd Guggenberger: Einfach schön. Schönheit als soziale Macht, Rotbuch, 2001
- Andreas Hejj: Traumpartner - Evolutionspsychologie der Partnerwahl, 1996, ISBN 3-540-60548-7
- Karl Grammer: Signale der Liebe. dtv, 1995, ISBN 3-423-33026-0
- Kommentierte Liste überwiegend populärwissenschaftlicher Bücher zum Thema Attraktivitätsforschung
Fachliteratur
Mehr Literatur siehe unter: Attraktivitätsforschung
- Henss, Ronald: „Spieglein, Spieglein an der Wand …“ Geschlecht, Alter und physische Attraktivität. München: Beltz, 1992
- Liste ausgewählter Primärliteratur zum Thema Physische Attraktivität
Weblinks
Wiktionary: Attraktivität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Beautycheck – An der Universität Regensburg durchgeführte Studie
- Attraktivitätsforschung im deutschsprachigen Raum
- Attraktivitätsforschung international
Einzelnachweise
- ↑ Liebe und Sexualität im Alten Orient, Volkert Haas im C.H.Beck-Verlag 1999
- ↑ Christian Rohr: Die Liebe in mittellateinischen Parodien vom 9. bis 13. Jahrhundert (PDF)
- ↑ Handbuch Sexualpädagogik und sexuelle Bildung von Renate-Berenike Schmidt und Uwe Sielert, Juventa-Verlag, 2008
- ↑ beautycheck.de: Virtuelle Schönheit, Zugriff am 27. Februar 2011
- ↑ Kommerzialisierter Zeitgeist zum Thema "Intimrasur" http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,635848,00.html
- ↑ Human species 'may split in two'. BBC News, 17. Oktober 2006.
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