Lebensgemeinschaft

Lebensgemeinschaft

Der Begriff Lebensgemeinschaft bezeichnet die Tatsache, dass sich meist zwei, manchmal auch mehr Personen zusammentun, um gemeinsam zu leben (Koresidenz). Darüber hinaus umfasst eine Lebensgemeinschaft nicht nur eine soziale und wirtschaftliche Gemeinschaft, sondern oft auch eine sexuelle Gemeinschaft. Es gibt allerdings auch nicht sexuelle Lebenspartnerschaften, sowie solche, die getrennt wirtschaften.

Inhaltsverzeichnis

Ehe

Hauptartikel: Ehe

Die Ehe ist die weltweit am weitesten verbreitete Lebensgemeinschaft. Sie ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass sie durch einen offiziellen Vertrag und durch den Staat oder eine Religionsgemeinschaft öffentlich (vor Zeugen) geschlossen wird. Das gegenwärtige Recht Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und der meisten anderen Staaten ermöglicht nur Ehen zwischen einer Frau und einem Mann, im alltäglichen und behördlichen Sprachgebrauch sowie in traditionellen Ehedefinitionen häufig in einer nichtalphabetischen Reihenfolge („Mann“ vor „Frau“). Die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen wird rechtspolitisch diskutiert. Umgesetzt wurde sie beispielsweise im Eherecht der Niederlande.

Lebensformen in der Bevölkerung, Deutschland 2010[1]
Lebensform Anteil in Prozent
Ehepaare 44
Lebensgemeinschaften 8
Alleinstehende (Singles) 43
Alleinerziehende 6

Im deutschen Eherecht ist seit 1900 die Bezeichnung als „Lebensgemeinschaft“ bereits in der Grundnorm zur Ehe, nämlich in § 1353 BGB, enthalten. Dort heißt es: „Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.“ Die Verknüpfung des Ehebegriffs mit Bezeichnungen der Lebensgemeinschaft ist in der gesamteuropäischen Tradition jedoch erheblich älter: Das BGB knüpft hier deutlich an die Grundbestimmung des Römischen Rechts zur Ehe an. Deren zwei Varianten lauten:

  • (Corpus Iuris Civilis, Institutionen, 1, 9, 1): Nuptiae autem sive matrimonium est viri et mulieris coniunctio, individuam consuetudinem vitae continens (deutsch: „Ehe aber, oder Heirat, ist eine Verbindung zwischen Mann und Frau, die ein unzertrennliches lebenslängliches Beisammensein zum Inhalt hat.“)
  • (Corpus Iuris Civilis, Digesten, 23, 2, 1 − Modestinus): Nuptiae sunt coniunctio maris et feminae et consortium omnis vitae, divini et humani iuris communicatio.“ (deutsch: „Ehe ist die Verbindung eines Mannes und einer Frau, und eine Vereinigung für das ganze Leben, die Gemeinschaft des göttlichen und menschlichen Rechts.“)

Es wird unterschieden zwischen „öffentlich angemeldeten“ Lebensgemeinschaften (Ehe) und eingetragener Lebenspartnerschaft, und „nicht angemeldeten“ Lebensgemeinschaften (früher Wilde Ehe oder Konkubinat) und Wohngemeinschaft.

Eingetragene Partnerschaft

Hauptartikel: Eingetragene Partnerschaft

Eine eingetragene Partnerschaft ist die von einer Behörde beurkundete Verbindung eines gleichgeschlechtlichen Paares mit gesetzlich geregelten Rechtsfolgen. Sie ist ebenfalls dadurch gekennzeichnet, dass sie durch einen offiziellen Vertrag und durch den Staat geschlossen wird. Im deutschen Recht werden diese Partnerschaften als Lebenspartnerschaften bezeichnet. Zur Grundnorm der Lebenspartnerschaft, nämlich in § 2 Lebenspartnerschaftsgesetz, wird die Lebensgemeinschaft vorausgesetzt. Dort heißt es: „Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet. Sie tragen füreinander Verantwortung.“

In mehreren evangelischen Landeskirchen der EKD in Deutschland sowie im Ausland in mehreren christlichen Kirchen (wie die Metropolitan Community Church, Altkatholische Kirche, United Church of Christ, United Church of Canada, Protestantische Kirche der Niederlande, Evangelical Lutheran Church in America, Evangelical Lutheran Church in Canada, Anglican Church of Canada, Episkopalkirche der Vereinigten Staaten von Amerika) werden solche Beziehungen auch gesegnet.

Nicht-eheliche Lebensgemeinschaft

Hauptartikel: Eheähnliche Gemeinschaft

Die sogenannte „nicht-eheliche (auch: konsensuale) Lebensgemeinschaft“ ist eine Lebensgemeinschaft von zwei Menschen beliebigen Geschlechts, die auf einer privaten Übereinkunft anstelle einer standesamtlichen Eheschließung beruht. Bei verfestigten Lebensgemeinschaften von Partnern unterschiedlichen Geschlechts spricht die Rechtsprechung von eheähnlichen Gemeinschaften, bei Partnerschaften von Menschen gleichen Geschlechts bildet sich gerade der Begriff „partnerschaftsähnliche Gemeinschaft“ heraus. An den mutmaßlichen Willen, auf Dauer füreinander einstehen zu wollen, knüpfen in Deutschland einige Sozialgesetze die Folge, dass die Partner so behandelt werden, als ob sie einander Unterhalt leisten würden, unabhängig davon, ob das tatsächlich geschieht und ungeachtet dessen, dass sie dazu rechtlich nicht verpflichtet sind.

In einigen europäischen Ländern haben nicht eheliche Partnerschaften umfangreichere vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten als in Deutschland, und an die Partnerschaft knüpfen sich nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. In Deutschland − in dem bis zum 31. Juli 2006 sozialrechtliche Lasten nur aus der eheähnlichen Partnerschaft von Menschen mit verschiedenem Geschlecht entstehen konnten − kommt immer wieder eine Diskussion darüber auf, ob weitergehende Rechtsfolgen an nicht eheliche Lebensgemeinschaften geknüpft werden sollen.

Die Befürworter begründen dies vor allem mit Rechtsproblemen, die im Zusammenhang mit gemeinsamen Kindern aufträten. Die Gegner befürchten, dass dadurch eine Alternative zur Ehe etabliert würde, was dem grundgesetzlichen Schutzauftrag für die Ehe widerspreche. So weit es gemeinsame Kinder betrifft, sind im deutschen Recht nicht eheliche Lebensgemeinschaften Ehepaaren inzwischen infolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weitgehend gleichgestellt; die gemeinsame Erziehung von Kindern, deren einer Elternteil nicht Partner der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ist, ist jedoch weiterhin von rechtlichen Problemen erschwert. Politische Initiativen, rechtliche Grundregeln für nicht eheliche Lebensgemeinschaften zu schaffen, sind bisher größtenteils schon in den Ansätzen gescheitert. Allerdings erweitert § 7 Absatz 3 Sozialgesetzbuch, zweites Buch (SGB II) in der seit dem 1. August 2006 gültigen Fassung das Konzept der eheähnlichen Gemeinschaften auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften, was die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen anbelangt.

Je nach der herrschenden Definition des Begriffs Ehe kann die konsensuale Lebensgemeinschaft auch als besondere Form der Ehe betrachtet werden: wenn die Geburtsrechte, die Legitimität oder die gemeinsame Elternschaft das ausschlaggebende Kriterium sind, wird sie in einigen Staaten auch als eheliche Beziehung behandelt. Dies gilt vor allem in Ländern mit angelsächsischer Rechtstradition (sogenannte Common-law marriage). Im Gegensatz zur Ehe kommt eine konsensuale Ehegemeinschaft ohne einen öffentlich bezeugten Kontrakt aus. Sie beruht allein auf privaten gegenseitigen Willenserklärungen der Beteiligten, die jederzeit aufkündbar sind. Wegen dieses informellen Charakters gibt es von einem Teil der Betroffenen auch Einwände gegen die Versuche, nicht ehelichen Lebensgemeinschaften einen rechtlichen Rahmen zu geben, mit der Begründung, dass Staat und Gesellschaft nicht auf persönliche Beziehungen Einfluss nehmen sollten.

Große Lebensgemeinschaften

Größere Lebensgemeinschaften zeichnen sich dadurch aus, dass mehrere Personen gemeinsam wohnen und leben, also wesentlich enger und auch mehr miteinander teilen, als das sonst üblich ist. Häufig kommt dazu eine gemeinsame politische, ökologische, ethische, religiöse, spirituelle Grundüberzeugung der Beteiligten, die sie durch ihr Zusammenleben praktisch umzusetzen versuchen. In vielen Lebensgemeinschaften gibt es eine gemeinsame Ökonomie, in manchen auch gemeinsamen Besitz (Gesamthandseigentum, Gütergemeinschaft), in einigen ausschließlich gemeinsamen Besitz. Einige werden als Kollektiv oder als Genossenschaft geführt. Entscheidungen werden oft gemeinsam getroffen nach dem Konsensprinzip. Kinder spielen oft eine besondere Rolle und werden auf besondere Art betreut. Einige Gemeinschaften führen eigene Kindergruppen (Reformpädagogik, Kinderladen) und freie Schulen. Einige experimentieren mit matriarchalen Strukturen. Die meisten legen Wert auf gesunde Ernährung und ökologisches Verhalten. Manche engagieren sich politisch in der Region. Einige haben spirituelle Ziele und leben eine entsprechende Praxis.

Beispiele für diese Art des Zusammenlebens sind

Lebensgemeinschaft PLZ Ort Bewohner Erwachsene Kinder gegründet
Stamm der Likatier D-87629 Füssen 270 110 160 1974
Lebensgarten Steyerberg D-31595 Steyerberg 140 1984
Kirschblüte CH-4574 Lüsslingen 135 75 60 1996
Ökodorf Sieben Linden D-38486 Poppau 120 85 35 1997
ZEGG D-14806 Belzig 80 60 20 1991
Kommune Niederkaufungen D-34260 Niederkaufungen 81 61 20 1986
Schloss Tonndorf D-99438 Tonndorf 49 32 17 2005
Lebensgut Lübnitz D-14806 Lübnitz 35 2002
Lebensgut Cobstädt D-99869 Cobstädt 18 13 5 2004
Osho Manjusha Meditationszentrum D-01762 Schmiedeberg 18 17 1 1993

Siehe auch

Literatur

  • Detlef Burhoff, Volker Willemsen: Handbuch der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Münster 2009, ZAP Verlag, ISBN 978-3-89655-297-6.
  • Scott Peck: Gemeinschaftsbildung, der Weg zu authentischer Gemeinschaft. 2007, ISBN 978-3-940419-01-9.
  • Horst Herrmann: Liebesbeziehungen – Lebensentwürfe. Eine Soziologie der Partnerschaft. Münster 2002, ISBN 3-933060-03-6.
  • Sautter Christiane und Alexander: Wenn die Masken fallen - Paare auf dem Weg zum Wir . Wolfegg, Verlag für Systemische Konzepte, 2007. ISBN 978-3-9809936-3-0.
  • Einfach Gut Leben e.V.: eurotopia-Verzeichnis: Gemeinschaften und Ökodörfer in Europa. 2004, ISBN 3-00-013772-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tagesspiegel, Mittwoch, 12. Oktober 2011, Seite 20. Quelle: Statistisches Bundesamt

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