Pflege-Weiterentwicklungsgesetz

Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Basisdaten
Titel: Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung
Kurztitel: Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Abkürzung: PfWG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Sozialrecht
Datum des Gesetzes: 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874)
Inkrafttreten am: 1. Juli 2008
GESTA: M023
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ist ein deutsches Artikelgesetz, das die Pflegeversicherung besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ausrichten soll.

Das Gesetz sieht unter anderem die Schaffung von Pflegestützpunkten und die Einführung einer Pflegezeit vor. Ambulante und stationäre Leistungen sollen schrittweise angehoben werden. Auch Menschen mit der so genannten Pflegestufe 0 sollen künftig Leistungen erhalten können. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen soll der Beitragssatz um 0,25 Prozentpunkte erhöht werden.

Die Pflegestützpunkte sollen durch die Pflegekassen aufgebaut werden. Der Vorschlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, diese Aufgabe den Kommunen zu übertragen,[1] wurde vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Der Entwurf des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes besteht aus vierzehn Artikeln. Artikel 1 und 2 ändern das Elfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Artikel 3 enthält das neue Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz), mit dem eine Pflegezeit eingeführt werden soll.

Artikel 6 Nr. 15 des PfWG ergänzt § 294a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), der die Mitteilung von Krankheitsursachen und drittverursachten Gesundheitsschäden regelt, um folgenden Absatz:

(2) Liegen Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 vor, sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über den Grund der Meldung nach Satz 1 und die gemeldeten Daten zu informieren.

Durch diese Ergänzung sollen die Krankenkassen in die Lage versetzt werden, Krankheitskosten von den Versicherten zurückzufordern, wenn jene die Krankheit selbst verschuldet oder zumindest zu verantworten haben. Die Krankenkassen sind bereits nach geltendem Recht befugt, Krankheitsverursacher in Regress zu nehmen. Gegenüber der Entwurfsfassung, die zu Meldungen in allen Fällen des § 52 SGB V verpflichtet hätte, wurde der Umfang der Meldepflicht jedoch auf § 52 Abs. 2 beschränkt.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, bezeichnete die Ergänzung des § 294a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch als „Generalangriff auf die ärztliche Schweigepflicht und das verfassungsrechtlich geschützte Patientengeheimnis".[2]

Außerdem sollen mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz Pflegebedürftige und deren Angehörige zukünftig über die Qualität jeder Pflegeeinrichtung informiert werden. Die Prüfungen der Pflegeeinrichtung mussten in einer ersten Runde bis Ende 2010 abgeschlossen sein. Nun erfolgen sie jährlich. Beurteilt wird nach dem Schulnotenprinzip, das heißt von „sehr gut“ bis „mangelhaft“.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüft Pflegeeinrichtungen und erstellt eigene Qualitätsberichte. Diese werden aber nicht veröffentlicht. Stattdessen muss sich der MDK bei der Bewertungssystematik an die „Transparenzvereinbarung für Pflegeheime“ halten, die seit Anfang des Jahres gilt. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen verbindlich.

Stationäre Pflegeeinrichtungen werden anhand von 82 Kriterien beurteilt, die wiederum in fünf Themenbereiche geordnet sind (ambulante Pflegeeinrichtungen werden grundsätzlich nach derselben Systematik beurteilt; allerdings gibt es hier nur vier Themenbereiche und 49 Kriterien):

  • Pflege und medizinische Versorgung (35 Kriterien)
  • Umgang mit demenzkranken Bewohnern und anderen gerontopsychiatrisch veränderten Menschen (10 Kriterien)
  • soziale Betreuung und Alltagsgestaltung (10 Kriterien)
  • Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene (9 Kriterien)
  • Befragung der Bewohner (18 Kriterien)

Aus den Ergebnissen der ersten vier Themenbereiche wird eine Gesamtnote errechnet; für die Bewohner-Befragung gibt es eine separate Note.

Kritiker bemängeln, dass die Gesamtnote für ein Pflegeheim kaum Aussagekraft habe, da alle 82 Kriterien und Themenbereiche miteinander verrechnet werden. Durch die Bildung von Mittelwerten würden einzelne und strukturelle Mängel in der Gesamtnote untergehen. So könnte ein "Mangelhaft" bei schweren Pflegemängeln (wie zum Beispiel einem falsch behandelten Druckgeschwür) durch „regelmäßige Schulung der Mitarbeiter in erster Hilfe“ oder „mit einem Zaun gesicherte Gartenanlagen“ ausgeglichen werden.

"Nach diesem Benotungssystem wird es in Deutschland auf dem Papier keine „mangelhaften“ Einrichtungen geben – selbst wenn sie mangelhaft sind", kritisierte der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Rheinland-Pfalz und die AOK Rheinland-Pfalz in einer gemeinsamen Pressekonferenz am 28. April 2009.

Aus der Politik hat sich vor allem Christine Haderthauer, bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung,Familie und Frauen, gegen das Benotungssystem geäußert.

Literatur

  • Gerhard Igl: Das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. In: Neue Juristische Wochenschrift 31/2008, S. 2214-2219.
  • Sonja Reimer, Andreas Merold: Änderungen der sozialen Pflegeversicherung durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz. In: Die Sozialgerichtsbarkeit 7/2008, S. 381-388.

Weblinks

Quellen

  1. Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 12. Dezember 2007
  2. Pressemitteilung der Bundesärztekammer vom 1. Oktober 2007.
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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