- Pleven-Plan
-
Mit dem Pleven-Plan vom 24. Oktober 1950 machte der französische Ministerpräsident René Pleven einen Vorschlag für eine Europa-Armee unter dem Kommando eines europäischen Verteidigungsministers. Er legte den Plan der Nationalversammlung in einer Regierungserklärung vor.
Trotz erheblicher Nachteile für die junge Bundesrepublik, die durch den Pleven-Plan am Beitritt zur NATO behindert werden sollte, stimmte Bundeskanzler Konrad Adenauer diesem prinzipiell zu.
Nach schwierigen Verhandlungen, die sich über beinahe 18 Monate hinzogen und zu einer Vielzahl von Modifikationen der ursprünglichen Fassung des Pleven-Plans führten, wurde ein Abkommen über die Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) erreicht, das von den Außenministern von Deutschland, Frankreich, Italien und der drei Benelux-Staaten am 27. Mai 1952 unterzeichnet wurde.
Trotzdem scheiterte der Plan am 30. August 1954 am Votum der französischen Nationalversammlung. Ein Grund hierfür lag an der Teilnahme der Bundesrepublik an der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, der ehemalige Feindstaat wäre den anderen Mitgliedstaaten gegenüber beinahe gleichberechtigt gewesen. Zudem kritisierten Mitglieder der Nationalversammlung den Verlust an nationalstaatlicher Souveränität und äußerten die Befürchtung, die USA könnten in der EVG einen Vorwand zum Truppenabzug erhalten und die Verteidigung Westeuropas gegenüber der Sowjetunion ausschließlich den Europäern überlassen.
Für Adenauer war das Scheitern der EVG nach eigenen Worten eine der größten Enttäuschungen seiner Kanzlerschaft.
Hintergründe
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland als Teil des Potsdamer Abkommens vollständig demilitarisiert worden. Da die USA nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in der Sowjetunion eine Bedrohung für die Sicherheit Westdeutschlands und somit ganz Westeuropas sahen, konnten sie ihre Truppen nicht abziehen, ohne eine Eroberung Westdeutschlands durch in der DDR stationierte sowjetische Truppen befürchten zu müssen.
Durch den Koreakrieg benötigten die Amerikaner jedoch die in Deutschland stationierten Truppenkontingente, außerdem wuchs der innenpolitische Druck auf die Regierung von Präsident Harry S. Truman aufgrund der hohen Kosten, die ein Fortführen der Besatzung in diesem Maße für die amerikanischen Steuerzahler bedeutete.
Aus diesem Grund sprach sich die US-Regierung am 7. Februar 1951 klar für einen Wiederaufbau deutscher Streitkräfte aus, damit diese einen Teil der Verteidigung übernehmen konnten.
Die Franzosen standen einem erneuten Aufbau einer deutschen Armee äußerst kritisch gegenüber, da durch drei Kriege in weniger als 100 Jahren (Deutsch-Französischer Krieg 1870-1871, Erster Weltkrieg 1914-1918 und Zweiter Weltkrieg 1939-1945), in denen Frankreich Deutschland immer unterlegen war und von denen zumindest zwei von Deutschland ausgegangen waren, das französische Sicherheitsbedürfnis gegenüber Deutschland in der Außenpolitik in den Vordergrund gerückt war.
Der Pleven-Plan
Da die Franzosen durch die amerikanische Dominanz in den Verhandlungen über eine deutsche Wiederaufrüstung eine neue deutsche Armee nicht verhindern konnten, sollte der Pleven-Plan dazu führen, dass eine Bedrohung durch Deutschland kontrollierbar gemacht werden würde. Aus diesem Grund wurde vorgeschlagen, dass das Amt eines europäischen Verteidigungsministers etabliert werden sollte. Dieser sollte weitgehend mit denselben Befugnissen ausgestattet werden, wie sie ein nationaler Verteidigungsminister normalerweise innehat. Eine Besetzung dieses Postens mit einem Franzosen hätte also eine weit gehende Kontrolle über die europäische Armee garantiert. Weitere Kontrolle sollte dadurch ausgeübt werden, dass der Europäische Verteidigungsminister einer europäischen Versammlung verantwortlich sein sollte. Auch die im Pleven-Plan vorgeschlagene komplette Fusion von Mann und Material der zusammengeschlossenen Truppen sollte zu einer besseren Kontrolle führen. Des Weiteren sollten nur ein Teil der bereits bestehenden nationalen Streitkräfte in die europäische Armee eingegliedert werden. Frankreich hätte also bei einer Etablierung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft größere Truppenkontingente zur Verfügung gehabt und Deutschland hätte, im Gegensatz zu den anderen Unterzeichnerstaaten – Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten – keine nationale Armee zur Verfügung gehabt.
Der deutsche Kanzler Konrad Adenauer äußerte Interesse am Pleven-Plan, da er eine Wiedererlangung der deutschen Souveränität durch eine Remilitarisierung Deutschlands erreichen wollte. Aus diesem Grund forderte er als Gegenleistung für eine Ratifizierung des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft im Bundestag ein Ende des Besatzungsstatuts.
Siehe auch
Kategorien:- Europäische Integration 1945–1952
- Deutsche Geschichte (Nachkriegszeit)
- Kalter Krieg
- Geschichte der Bundeswehr
Wikimedia Foundation.