Polypengeneration

Polypengeneration
Entwicklungsstadien einer Qualle
Qualle
Qualle der Gattung Chrysaora
Kompassqualle (Chrysaora melanaster)
Ohrenqualle (Aurelia aurita)
Qualle
Angeschwemmte Qualle an der ionischen Küste in Italien, Rhizostoma pulmo
Spiegeleiqualle (Cotylorhiza tuberculata)
Gepunktete Wurzelmundqualle (Phyllorhiza punctata)
Qualle im Sealife, München.ogg
Eine Qualle im Sealife, München

Als Qualle, auch Meduse genannt, bezeichnet man ein Lebensstadium von Nesseltieren (Cnidaria).

Die Rippenquallen (Ctenophora) werden heute trotz ihres Namens nicht mehr als echte Quallen angesehen. Sie gehören nicht zu den Nesseltieren (Cnidaria), sondern bilden einen eigenen Tierstamm.

Die meisten Quallenarten leben im Meer. Es gibt auch Süßwasserquallen, die aus Asien stammen, mittlerweile aber auch in deutschen Gewässern heimisch sind.

Quallen bevölkern seit mehr als 500 Millionen Jahren die Weltmeere.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Quallen sind gallertartige Organismen, die zu rund 98 bis 99 Prozent aus Wasser bestehen. Ihre Gestalt ist schirmartig mit einem hängenden Magenstiel, an dessen Unterseite sich eine Mundöffnung befindet. Sie bestehen aus zwei einschichtigen, nur knapp ein fünfzigstel Millimeter dicken Gewebslagen, der Außenhaut (Exodermis) und der Innenhaut (Endodermis), zwischen denen eine zellfreie Schicht, die Mesogloea, liegt.

Die meisten Quallen haben lange Tentakel, die mit Nesselzellen ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren oder zur Verteidigung. Diese Nesselzellen sind über die Fangarme verstreut und bilden ein giftiges Sekret. Kommt es zu einer Berührung am Cnidocil (einem Fortsatz der Nesselzellen), platzt die Nesselkapsel im Innern der Nesselzelle mit einem Druck von 150 bar auf und stülpt einen Nesselfaden nach außen, der gleichzeitig das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende Gift abgibt. Diese Reaktion zählt zu den schnellsten bekannten im gesamten Tierreich. Nachdem die Qualle auf diese Weise ihr Gift verbreitet hat, werden die Nesselkapseln abgestoßen und neue gebildet.

Riesenquallen wie die Nomura-Qualle Nemopilema nomurai können einen Durchmesser von mehr als 2 Metern und eine Masse von mehr als 200 Kilogramm erreichen. Taucher entdeckten eines dieser Urtiere im Jahre 2002 an der Westküste der japanischen Hauptinsel Honshu. Seine Nahrung besteht ausschließlich aus Plankton. Im Zeitraum von August 2005 bis Januar 2006 ist die Anzahl der Riesenquallen im Japanischen Meer dramatisch angestiegen. Mindestens ebenso dramatisch ist die Massenvermehrung der Kronenqualle (Periphylla periphylla) in einigen norwegischen Fjorden.

Fortbewegung

Quallen schwimmen durch eine sich zusammenziehende Bewegung ihres Schirmes, bei der sie nach dem Rückstoßprinzip gleichzeitig Wasser nach unten ausstoßen. Dabei bewegen sie sich schräg nach oben, um sich danach wieder etwas nach unten fallen zu lassen. Sie schwimmen daher oft nahe der Wasseroberfläche. Mit diesem Prinzip können sie bis zu zehn Kilometer pro Stunde zurücklegen. Oft lassen sie sich jedoch auch einfach mit der Strömung treiben.

Fortpflanzung

Bei den Quallen kommt es meistens zu einem Generationswechsel: Die Quallen produzieren Geschlechtszellen, die zur Zygote verschmelzen. Aus dieser entsteht eine Planulalarve, die sich am Boden festsetzt und aus der ein Polyp entsteht. Dieser bildet auf ungeschlechtlichem Wege durch Abschnürung (Strobilation) Ephyralarven, die wieder zu neuen Quallen werden (Polypengeneration). Einige koloniebildende Quallen, wie die Röhrenqualle, können sich geschlechtlich fortpflanzen, indem sie Geschlechtsglocken für Spermien und Eier bilden.

Entwicklungsgeschichte

Quallen bevölkern bereits seit mindestens 505 Millionen Jahren die Meere. Dies wird durch aktuelle Fossilienfunde aus Utah belegt.[1] Die Funde belegen zudem, dass Quallen bereits damals so aussahen und gebaut waren wie heute. Daraus lässt sich schließen, dass sich Quallen entweder damals sehr rasch entwickelt haben müssen oder dass es sie noch erheblich länger gibt.

Gruppen

Quallen in Zoologischen Gärten

Die Haltung und Zucht von Quallen ist sehr aufwendig und schwierig, da in den Aquarien immer eine Wasserströmung aktiv sein muss. Auch benötigen die einzelnen Entwicklungsstadien ganz bestimmte (und meist unterschiedliche) Lebensbedingungen, wie Wassertemperatur und Nahrungsangebot (Plankton). Auch kann man Quallen meist nicht mit anderen Arten halten, da diese sich verletzen könnten. Quallen werden daher nur in wenigen Aquarien präsentiert, zum Beispiel im Aquarium Berlin, in der Wilhelma in Stuttgart, dem Multimar Wattforum in Tönning, dem Aquazoo in Düsseldorf, im Sealife in München und Oberhausen, im Zoo Basel, im Burgers’ Zoo in Arnheim, Monterey Bay Aquariumund im Tiergarten Schönbrunn in Wien. Auch das Ozearium im französischen Le Croisic hat einige Quallentanks. Im April 2006 eröffnete der Vergnügungs- und Tierpark Ocean Park Hong Kong das Sea Jelly Spectacular, ein spezielles Quallenhaus mit über 1000 Exemplaren.

Gefahren

Gesundheitliche Gefährdung des Menschen

Bei Menschen verursacht das über die Nesselzellen abgesonderte Sekret meist einen brennenden Schmerz, Hautrötungen oder juckende Ausschläge (Blasenbildungen, Schwellungen). Unbehandelt ist die Wirkung mit einer leichten Verbrennung zu vergleichen, wodurch über Monate sichtbare Pigmentveränderungen oder sogar Narben zurückbleiben können. Das Gift einiger weniger Arten kann Atembeschwerden, Brechreiz oder gar einen Kreislaufkollaps verursachen. Bleiben die Tentakeln oder Teile davon am Menschen haften, so sollten diese nicht mit bloßen Händen berührt werden, da sie noch sehr lange Gift absondern können. Aus dem gleichen Grund ist auch die Berührung gestrandeter Quallen nicht ratsam.

Der Hautkontakt mit der einheimischen Gelben Haarqualle (Cyanea capillata), die auch Feuerqualle genannt wird, kann besonders bei kleinen Kindern zu starken allergischen Reaktionen führen. Ähnliche Reaktionen verursacht in unseren Breiten nur noch die Blaue Nesselqualle, die allerdings nur in der Nordsee vorkommt.

Einige Quallenarten entwickeln eine starke, bisweilen für den Menschen lebensgefährliche Nesseltätigkeit. Dazu gehören Würfelquallen (Cubomedusae), Solmundella bitentaculata, die mit ihren Tentakeln Fische greift, und Chiropsalmus, deren Nesseln Schwellungen der Haut und Krampfzustände hervorrufen können. Besonders berüchtigt ist das Gift der australischen Seewespe.

Gefahren für Wirtschaft und Tourismus

Die zunehmende Verbreitung von Quallen macht auch nicht vor beliebten Badestränden halt und kann so erheblichen wirtschaftlichen Schaden vor Ort anrichten, weil Touristen sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlen und in Zukunft andere Urlaubsziele wählen. Als Ursachen für die Zunahme der Quallen werden oft die

  • die globale Erwärmung der Weltmeere und
  • die Abnahme der Fischbestände durch Überfischung (Quallen und Fische sind Nahrungskonkurrenten)

in Verbindung mit dem geringen Einfluss natürlicher Fressfeinde genannt.

Auch die Fischzucht ist dem Quallenbefall ausgeliefert. Die einzige Lachsfarm (Northern-Salmon-Lachs) Nordirlands wurde am 20. November 2007 und nochmals wenige Tage später von einem gigantischen Schwarm Leuchtquallen (Pelagia noctiluca) stark in ihrem Bestand geschädigt. Die Quallen trieben durch die Zuchtnetze und töteten dabei zunächst 100 000 Lachse im Wert von 1,4 Millionen Euro und später nochmals 140 000 einjährige Lachse im Wert von weiteren 700 000 Euro.[2][3][4]

Erste-Hilfe-Maßnahmen nach Quallenkontakt

Nach dem Kontakt mit der Qualle sollte man zunächst möglichst Ruhe bewahren, das Tier vorsichtig abschütteln und sich rasch aus dem Wasser begeben. Helfer sollten auf den Betroffenen beruhigend einwirken, um überflüssige Bewegungen bzw. Berührungen zu vermeiden.

Zur Entfernung eventuell auf der Haut verbliebender Tentakeln sollte möglichst viel Salzwasser (kein Süßwasser!) über die betreffenden Hautstellen gespült werden. Die Tentakeln dürfen natürlich nicht mit den Fingern entfernt werden, da sonst auch dort die Haut genesselt wird. Ebenso ist es zu vermeiden, auf der Haut zu reiben, da hierdurch nur weitere Nesselzellen platzen und ihr Gift in die Haut injizieren.

Nach dem Entfernen der Tentakeln gilt es, die verbliebenen Nesselkapseln zu deaktivieren. Hierzu dient normaler Haushaltsessig, der oftmals an den Badestränden der besonders betroffenen Regionen vorhanden ist. Durch den osmotischen Druck dringt der Essig in die oberen Hautschichten ein, wo die Essigsäure die Proteine des Giftstofes denaturiert. Zur Behandlung gießt man den Essig über die genesselten Hautstellen und lässt ihn einige Zeit einwirken. Durch seine osmotische Wirkung verhindert der Essig das Platzen weiterer Nesselkapseln. Sollte kein Essig zur Hand sein, gibt es die Möglichkeit, die Kontaktstellen mit Sand zu bestreuen und zu warten, bis sich dieser vollgesaugt hat, um ihn dann mit einem Messer oder einem anderen scharfen Gegenstand vorsichtig von der Haut abzuschaben. Zur Unterbindung der Nesselwirkung sollen sich auch andere Mittel eignen, welche auf die betroffenen Hautstellen aufzutragen sind, etwa Teebaumöl oder Urin, angeblich können auch Tomaten zur Linderung der Schmerzen verwendet werden. In jedem Fall ist von der Anwendung von Süßwasser und Alkohol dringend abzuraten, da hierdurch die verbliebenen Nesselkapseln aktiviert werden. Die DLRG empfiehlt auch das Auftragen von Rasierschaum, der nach Einwirken abgeschabt wird.

Nach diesen Behandlungsschritten ist eine anschließende Hautkühlung, zum Beispiel durch Eisbeutel oder Kühlgel, angebracht.

Ärztliche Hilfe ist vor allem bei länger anhaltenden Reizungen ratsam, da eventuell eine allergische Reaktion auf das Gift erfolgt. Bei schwereren Verletzungen oder besonders heftigen Reaktionen wie beispielsweise bei Kreislaufstörungen, hohem Fieber oder einem allergischen Schock sind Atmung und Kreislauf zu überwachen und schnelle medizinische Hilfe zu holen. Bei Herz- und Atemstillstand ist eine Mund-zu-Mund-Beatmung bzw. eine Herzmassage einzuleiten. Der Kontakt mit besonders giftigen Quallen kann die Verabreichung eines speziellen Gegengiftes erforderlich machen.

Nutzung

Wissenschaft

Quallen spielen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Bereits in den 1960er-Jahren wurde grün fluoreszierendes Protein (GFP; engl. green fluorescent protein) aus Aequorea victoria untersucht, das seit Mitte der 1990er-Jahre eine große Rolle in der Molekular- und Zellbiologie spielt.[5][6]

Seit der Problematik um BSE geraten Quallen auch als Lieferant von Kollagen ins Visier von Forschung und Industrie. Neben dem Einsatz bei Kosmetika und plastischer Chirurgie untersuchen Wissenschaftler die Verwendung als Knorpelersatz bei verschlissenen Gelenken.[7][8]

Vorspeise Char Siu mit Qualle

Verwendung als Nahrungsmittel

Vor allem in der asiatischen Küche werden einige nicht giftige Quallen auch als Speise bereitet und gegessen.[9]

Quellenangaben

  1. Quallen in Stein.
  2. Angriff der Killerquallen. Süddeutsche Zeitung. 22.11.07.
  3. taz-Artikel 23.11.07 über Lachssterben durch Leuchtquallen.
  4. Killerquallen greifen wieder an. Spiegel. 24.11.07.
  5. Interview mit Martin Chalfie. in-cites. Dezember 2002.
  6. B. Steipe, A. Skerra: GFP: Das Grün Fluoreszierende Protein. Nach einem Artikel in: Biospektrum. Bd. 3, Nr. 1, 1997, S. 28–30.
  7. Pressemitteilung Universität zu Lübeck. 04.12.2003.
  8. I. Niermann: Quallen als Gelenkschmiere. In: stern. 15.09.2007.
  9. „Chinesisch kochen“ – Yan-kit So.

Weblinks

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