Prinzenraub

Prinzenraub
Das Schloss zu Altenburg in seiner heutigen Form

Der Altenburger Prinzenraub, auch Sächsischer Prinzenraub genannt, ist ein historisches Ereignis der sächsischen-thüringischen Geschichte. Der Kunz von Kauffungen entführte, in der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1455, die Prinzen Ernst und Albrecht, die als Begründer der Länder Thüringen und Sachsen gelten. Durch die Entführung wollte der Ritter Kunz von Kauffungen den Kurfürsten Friedrich den Sanftmütigen zwingen seine Forderungen, nach Entschädigung für seine verloren gegangenen Ländereien, zu erfüllen, was jedoch misslang.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf der Entführung

Die Differenzen zwischen Kunz von Kaufungen und dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Sanftmütigen (1428–1464) gehen auf den Sächsischen Bruderkrieg (1446–1449) zurück. Von Kauffungen beteiligte sich, angeblich auf Bitten Friedrichs, auf der kursächsischen Seite an dem Krieg, wurde allerdings bald gefangen genommen und musste ein Lösegeld von 4000 Gulden für seine Freilassung zahlen. Nach dem Ende des Krieges (wahrscheinlich 1451–52) forderte er vom Kurfürsten eine Entschädigung für das Lösegeld, für Zerstörungen an seinen Gütern in Thüringen und die Enteignung seines Rittergutes in Schweikershain. Der Kurfürst wies die Forderungen jedoch mit dem Argument zurück, dass Kauffungen als freier Ritter auf eigenes Risiko in den Krieg eingetreten sei und machte seinerseits eine Rechnung an Kunz auf. Nach jahrelanger Debatte wurde 1455 schließlich die Überprüfung durch ein Schiedsgericht beschlossen. Das Gericht in Magdeburg und Friedberg (war für solche Dinge im Reich zuständig) gab Kunz von Kauffungen Recht. Das Gericht in Leipzig gab den Kurfürsten Recht und dieses Urteil zählte letztendlich.

Angesichts des zu erwartenden Urteils reifte bei Kunz von Kauffungen jedoch der Plan sein vermeintliches Recht auf eigene Faust durchzusetzen. Zusammen mit den Rittern Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels, die ebenfalls eine Rechnung mit Kursachsen offen hatten, und einem Trupp aus 30 Reitern marschierte er in der Nacht zum 8. Juli 1455 auf die Burg des Kurfürsten, das heutige Altenburger Schloss, und entführte die beiden Söhne Friedrichs, die Prinzen Ernst und Albrecht. Dabei kam ihm seine Ortskenntnis als ehemaliger Kommandant des Schlosses zugute, sowie die Umstände, dass der Kurfürst auf Reisen und der übrige Hofstaat auf einer Hochzeitsfeier war. Am Tag zuvor hatten Kauffungen, Mosen und Schönfels Fehdebriefe (formale Kriegserklärungen) an den Kurfürsten abgeschickt. Bei der Vorbereitung seines Planes half ihm der Küchenjunge Hans Schwalbe in der Burg. Sofort wurde Alarm geschlagen (lautes langes Kirchengeläut gilt als Nachrichtenübermittlung an andere Orte), nur in Zwickau und Chemnitz nicht, deren Bürgermeister Kunz bat, dies nicht zu tun.

Der Köhler verteidigt den sächsischen Prinzen gegen seinen Räuber Kuntz von Kauffungen (Bernhard Rode 1781)

Nach vollbrachter Tat trennten sich die Entführer. Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels wollten mit dem Prinzen Ernst über das Vogtland nach Böhmen, während Kauffungen versuchte, mit Albrecht über eine östlichere Route über Stollberg und Thalheim seine Güter im sicheren Böhmen zu erreichen. Von dort aus wollten sie Lösegeldforderungen stellen. Noch am selben Tage gelang es Albrecht jedoch zu entkommen und Hilfe zu holen. Die herbeigerufenen Männer (nach verschiedenen Quellen: Dorfbewohner, Köhler, Mönche) stellten und überwältigten Kunz von Kauffungen und seine Reiter in der Nähe des Klosters Grünhain im Erzgebirge.

Mosen und Schönfels kamen mit dem anderen Prinzen über Zwickau in Hartensteiner Flur. Dort versteckten sie Prinz Ernst in der Prinzenhöhle. Nachdem Mosen und Schönfels merkten, dass ihr Plan zum Scheitern verurteilt war (es war die Kunde von der Festsetzung Kunz von Kauffungens in aller Munde), nahmen sie Verhandlungen mit dem Hartensteiner Schlossherrn Friedrich von Schönburg auf und erreichten Straffreiheit und freien Abzug mit anschließendem Exil im Austausch gegen den anderen Prinzen.

Steinerner Kopf des Kunz von Kauffungen an der Spitze des Freiberger Rathauserkers

Kunz von Kauffungen jedoch wurde in Freiberg vor dem Gericht der Berggeschworenen wegen Landfriedensbruch angeklagt. In der Verhandlung berief er sich auf seine gerechtfertigte Forderung und auf den Fehdebrief, der nach damaligem Recht den Landfrieden außer Kraft setzte. Jedoch ging dieser Fehdebrief (angeblich) ebenso wie die Fehdebriefe von Mosen und Schönfels erst am Tag nach der Entführung auf Schloss Altenburg ein.

Bereits am 13. Juli 1455, also nur fünf Tage nach der Tat, wurde Kauffungen für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Bereits am folgenden Tag wurde er auf dem Freiberger Obermarkt ebenso wie einige seiner Helfer enthauptet. Aufgrund von Zeitdruck und aus organisatorischen Gründen musste Kauffungen eine standesgemäße Henkersmahlzeit verwehrt bleiben, er soll statt dessen zwei Krug Freiberger Bier verlangt haben. Die Stelle, an die der enthauptete Kopf gerollt sein soll, ist heute noch mit einem blauen Pflasterstein gekennzeichnet. Die Augen des steinernen Kopfes am Rathauserker (siehe Abbildung) sind auf diese Stelle gerichtet.

Im Nachgang zum sächsischen Prinzenraub unternahmen die Eltern der geretteten Prinzen, Kurfürst Friedrich der Sanftmütige und dessen Frau Margaretha, am 15. Juli 1455 eine Wallfahrt zur Stiftskirche nach Ebersdorf (heutiger Stadtteil von Chemnitz) zu dem dortigen wundertätigen Marienbilde, um für die Rettung ihrer Kinder ein feierliches Dankopfer zu bringen. Die Ankunft in Ebersdorf fand 4 Uhr Nachmittags statt. Margaretha stiftete einen Altar und zum Andenken wurden die Kleider der Prinzen und die Kappe des Köhlers, der Kunz von Kauffungen gefangen hatte, in der Kirche aufgehängt. Sie werden noch heute in Ebersdorf aufbewahrt.

Letztendlich war dies auch eine Auseinandersetzung zwischen dem Kurfürsten von Sachsen und dem König von Böhmen. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten war von heftigen Grenzstreitigkeiten bestimmt. Die Hussitenüberfälle auf Sachsen und die böhmischen Heere im Bruderkrieg taten ihr übriges. Bei einem geglückten Prinzenraub wäre Kunz von Kauffungen nur auf seinen Besitzungen in Böhmen sicher gewesen. Damit hätte aber auch der König von Böhmen einen direkten Zugriff auf die Prinzen und ein starkes Faustpfand gegenüber dem sächsischen Kurfürsten bei Vertragsverhandlungen gehabt. Deshalb war dem König sehr an einem Gelingen der Entführung gelegen. Nach dem Tod von Kunz von Kauffungen nahm sich der König seiner Söhne an. Das Verhältnis besserte sich erst mit dem Vertrag von Eger.

Theateraufführungen

Seit dem 500. Jahrestag im Jahre 1955 wurde der Prinzenraub mehrfach von Laiendarstellern am Originalschauplatz im Altenburger Schlosshof dargeboten. Im Sommer 2005 übernahmen erstmals professionelle Schauspieler des Theaters Altenburg-Gera zusammen mit über 200 Laiendarstellern diese Aufgabe. Die Premiere fand am 8. Juli 2005, dem 550. Jahrestag des Ereignisses, statt. Jährlich sollen nun die Prinzenraub-Festspiele das historische Ereignis würdigen, zumindest bis zur 555-Jahr-Feier.

Darüber hinaus wurde schon 1593 von Daniel Cramer in Wittenberg die lateinische Komödie "Plagium" verfasst, die den Prinzenraub zum Inhalt hat. Eine deutsche Übersetzung wurde von Bartholomäus Ringwaldt aus Langfeldt angefertigt.

Literatur

  • Regina Röhner: Der sächsische Prinzenraub - Die Geschichte des Kunz von Kauffungen. Chemnitz 1993. ISBN 3-928678-11-6.
  • Hans Schache: Kunz von Kauffungen. ISBN 3-910166-12-1
  • Rolf Kirchner: Kaufungen und der sächsische Prinzenraub. ISBN 3-937517-12-X
  • Uwe Schirmer: Kunz von Kauffungen und der Prinzenraub zu Altenburg (1455). Strukturen eines spätmittelalterlichen Konfliktes. Zeitschrift für Historische Forschung Bd. 32 (2005), Heft 3, S. 369–405.

Weblinks


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