Privatfirma

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Als Familienunternehmen oder auch Familienbetrieb wird ein Unternehmen bezeichnet, wenn es maßgeblich von einer Familie oder einem in der Anzahl beschränkten Eigentümerkreis beeinflusst wird.

Das älteste Familienunternehmen der Welt und gleichzeitig auch ältestes Unternehmen allgemein war bis zu seiner Liquidation 2006 der japanische Tempelbauer Kongō Gumi, gegründet 578. Abgelöst wurde es von dem ebenfalls japanischen Ryokan Hōshi, gegründet 718.[1] Traditionsreiche Familienunternehmen sind in der Association les Hénokiens zusammengeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Definition von Familienunternehmen

Die Begriffe Familienunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden häufig synonym verwendet. Zwar sind beide Begriffe Ausprägungen des Oberbegriffes Mittelstand und in der Praxis auch viele kleine und mittlere Unternehmen als Familienunternehmen organisiert, gleichwohl sind die beiden Begriffe unterschiedlich definiert. Kleine und mittlere Unternehmen sind durch bestimmte quantitative Größengrenzen festgelegt. Die Einordnung eines Unternehmens in eine bestimmte Größenkategorie erfolgt hierbei aus Praktikabilitätsgründen typischerweise anhand der Anzahl der Beschäftigten und/oder der Höhe des Umsatzes. Familienunternehmen sind hingegen durch Eigentums- und Leitungsstrukturen charakterisiert. Sie unterliegen also keinerlei Größenbeschränkungen.

Gemäß der Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn sind Familienunternehmen durch die Einheit von Eigentum und Leitung geprägt. Sprich, der/die kapitalmäßig oder kontrollrechtlich maßgeblichen Eigentümer leitet/leiten ihr Unternehmen selbst oder gemeinsam mit Fremdmanagern. Es handelt sich bei dieser Definition um Familienunternehmen im engeren Sinne.

Neben der engen Definition des IfM Bonn gibt es weitere Definitionen mit weniger strengen Kriterien. In der Definition der Stiftung Familienunternehmen werden auch bestimmte Unternehmen eingeschlossen, bei denen zwar eine Trennung zwischen Eigentum und Leitung besteht, das Unternehmen aber von einer überschaubaren Anzahl natürlicher Einzelpersonen oder Familien kontrolliert wird. Es handelt sich bei dieser Definition um Familienunternehmen im weiteren Sinne.

Eigenschaften von Familienunternehmen

Der Einfluss der Familie kann über verschiedene Kanäle wahrgenommen werden. Zum einen kann die Familie durch Stimmrechte, Beteiligung an der Geschäftsleitung und/oder den Aufsichtsgremien die Geschicke des Unternehmens maßgeblich bestimmen. Zum anderen entsteht Einfluss über Generationen von Erfahrung, die sich in der Eigentümerfamilie angesammelt hat. Des Weiteren zeichnen sich Familienunternehmen durch eine von der Eigentümerfamilie geprägte Unternehmenskultur aus.

Der Einfluss einer Familie auf ein Unternehmen ist laut herrschender Meinung nicht, wie früher von einigen Autoren angenommen wurde, dichotom, sondern vielmehr kontinuierlich. Eine validierte Skala zur Messung des Familieneinflusses stellen Klein, Astrachan und Smyrnios 2005 vor, den sogenannten F-PEC.[2] Familienunternehmen kommen in allen marktwirtschaftlich orientierten Ländern vor. In den meisten dieser Länder stellen sie große Mehrheit der Unternehmen (zahlenmäßig) und tragen oftmals zu mehr als der Hälfte des BIP und der Beschäftigung bei. [3]

Als nicht unproblematisch erweist sich bei familiengeführten Unternehmen oft die Nachfolgereglung bei anstehendem Wechsel der Geschäftsführung. In dem Zeitraum 2005 bis 2009 steht in etwa jedem sechsten Familienunternehmen eine Regelung der Nachfolge an. Pro Jahr sind es ca. 71.000 Familienunternehmen, die ihre Nachfolge regeln müssen.[4] Ebenfalls können familieninterne Streitigkeiten sich negativ auf die Geschäftsführung auswirken. Da viele Familienunternehmen die öffentliche Bekanntgabe von Finanzkennzahlen und Unternehmensentwicklungen scheuen erschwert die dadurch entstehende Intransparenz möglichen Kapitalgebern eine detaillierte (Risiko-) Bewertung des Unternehmens.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Deutschland

Wie eine Studie des IfM Bonn bestätigt sind Familienunternehmen in Deutschland weit verbreitet:

  • Etwa 95 Prozent der in Deutschland ansässigen Betriebe und Firmen werden als Familienunternehmen geführt.
  • Sie tragen mit einem Anteil von etwa 41,5 Prozent zum Umsatz aller Unternehmen bei und stellen
  • 57 Prozent der Arbeitsplätze.[5]

Laut weitergehenden Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) erwirtschaften familiengeführte Unternehmen im Schnitt eine höhere Rendite, haben jedoch mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 16 Prozent eine geringere Eigenkapitaldecke als sonstige Unternehmen (22 Prozent).[6]

Die 500 größten deutschen Familienunternehmen 2005 knapp 11 % der Umsätze aller deutschen Unternehmen. Zudem zeichnen sie für gut 9 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse verantwortlich und weisen damit eine höhere Anzahl Beschäftigter je Einheit Umsatz auf als alle Großunternehmen.[7]

Die Liste der 500 umsatzstärksten Familienunternehmen in Deutschland wird von den folgenden Unternehmen angeführt: Metro AG, BMW, Robert Bosch GmbH, Schwarz-Gruppe und Sal. Oppenheim.

Trotz dieser hohen Bedeutung für die Wirtschaft ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit familiengeführten oder -gesteuerten Unternehmen vergleichsweise gering. Nur ein kleiner Teil der unternehmensbezogenen Forschungen und Publikationen thematisiert Familienunternehmen. Beispielhafte Ausnahmen sind in Deutschland die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen mit Sitz in Stuttgart, der INTES Stiftungslehrstuhl für Familienunternehmen an der WHU Otto Beisheim School of Management, das Wittener Institut für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke und das Institut für Mittelstandsforschung Bonn.

Schweiz

In der Schweiz sind 88 % aller Unternehmen Familienunternehmen, wobei ein Großteil Klein- und Mittelunternehmen sind. An der Schweizer Börse wiederum sind dreißig Prozent der Unternehmen familiendominiert. Das „Familienphänomen“ an der Börse geht auf die sogenannten „vinkulierten Namenaktien“ zurück. Weil bei diesen Aktien mit einer Aktie relativ mehr Stimmrechtsanteile verbunden sind als mit normalen Aktien, ist der Familieneinfluss trotz geringerer Kapitalanteile sichergestellt. Ein zentrales Thema der Familienunternehmen ist die Unternehmensnachfolge. Es darf davon ausgegangen werden, dass innerhalb von 5 Jahren 18,5 % aller Unternehmen vor dieser Aufgabe stehen.

Europa

Eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission hat sich umfassend mit der Definition von Familienunternehmen und deren volkswirtschaftlicher Bedeutung im europäischen Kontext auseinandergesetzt. Von der Studie erfasst sind alle Mitgliedsländern der Europäischen Union, die Länder der Europoean Economic Area (EEA) und die Beitrittskandidaten zur Europäischen Union (Türkei, Kroation, Mazedonien). Im Durchschnitt aller betrachteten Länder, zählen rund 70-80% aller Unternehmen zu den Familienunternehmen. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung beläuft sich auf 40- 50%.[8]

Mehr-Generationen-Familienunternehmen

Die erfolgreiche Leitung großer Unternehmen setzt beim Unternehmer entsprechende Ausbildung und Fähigkeiten voraus, die in der Gründer-Generation unerlässlich sind. In den folgenden Generationen entsteht früher oder später ein Spannungsverhältnis zwischen den Begabungen der Erben, ihren Interessen und den Erfordernissen eines erfolgreichen Managements und des Marktes. Auch und insbesondere die Verteilung der Anteile auf mehrere Gesellschafter kann zu Problemen in der Geschäftstätigkeit führen, da gegensätzliche Interessen und Vorstellungen innerhalb der Gesellschaftergruppe vorliegen können.

Family Business Governance

Familienunternehmen unterscheiden sich in ihrer Corporate Governance zur typischen, an der Börse gelisteten Publikumsgesellschaft. Die Governance von Familienunternehmen wird Family Business Governance genannt. Sie ist definiert als Organisation von Kontrolle und Leitung mit dem Ziel der Steigerung des Markterfolgs des Familienunternehmens über Generationen hinweg. Die Family Business Governance ist gekennzeichnet durch Themen wie Identität von Leitung und Eigentum, Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt, Nachfolge von Familienmitgliedern im Management, Ausstieg von Familieneigentümern, Beirat/Aufsichtsrat, Familienrat/Gesellschafterausschuss, Gewinnverteilung und Familienverfassung. Empfehlungen zur optimalen Regelung dieser Governance-Themen gibt der speziell für Familienunternehmen entwickelte Governance Kodex.[9]

Siehe auch

Weblinks

Literatur

Lehrbücher
  • Hennerkes, Brun-Hagen: Die Familie und ihr Unternehmen. Campus, Frankfurt/New York 2005. ISBN 3-593-37562-1
  • Sabine B. Klein: Familienunternehmen - Theoretische und empirische Grundlagen. Gabler, Wiesbaden 2004 (2. Aufl.). ISBN 3-409-21703-7
  • Peter May (Hrsg.): Das INTES-Handbuch Familienunternehmen. INTES Akademie für Familienunternehmen, Bonn-Bad Godesberg 2008. ISBN 3-9811783-1-9
Wissenschaftliche Literatur
  • Family businesses dominate. in: Family Business Review. Malden 16.2003, S. 235-239. ISSN 0894-4865
  • Sabine B. Klein, Joseph H. Astrachan, Kosmas X. Smyrnios: The F-PEC scale of family influence. Construction, validation, and further implication for theory. in: Entrepreneurship, Theory & Practice. Waco 29.2005.3, S. 321-338. ISSN 0363-9428
  • David Landes: Die Macht der Familie. Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte. Siedler, München 2006. ISBN 3-88680-676-6
  • Panikkos Poutziouris, Kosmas Smyrnios, Sabine Klein (Hrsg): Handbook of Research on Family Business. Edward Elgar, Cheltenham Nor 2006. ISBN 1-84542-410-7
  • Haunschild, L.; Wallau, F.; Hauser, H.-E.; Wolter, H.-J. (2007): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, in: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg): IfM-Materialien Nr. 172, Bonn.
  • Alexander Koeberle-Schmid: Family Business Governance: Aufsichtsgremium und Familienrepräsentanz. Gabler, Wiesbaden 2008. ISBN 978-3-8349-1350-0
  • Dominik P. Benner: Akquisitionsprozesse bei Familienunternehmen - Ein integrierter Strategieansatz für Familienunternehmen, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4034-7

Belege

  1. The world’s oldest family companies. Università di Pisa, Formazione Avanzata Economia. Abgerufen am 12. Oktober 2008. (Englisch)
  2. Sabine B. Klein, Joseph H. Astrachan, Kosmas X. Smyrnios: The F-PEC scale of family influence. Construction, validation, and further implication for theory. 2005, S.321-338.
  3. Family businesses dominate. in: Family Business Review. Malden 16.2003, S.235-239. ISSN 0894-4865
  4. Institut für Mittelstandsforschung Bonn: Schätzung der Unternehmensübertragungen in Deutschland im Zeitraum 2005 bis 2009, [21.03.2009]
  5. Haunschild, L.; Wallau, F.; Hauser, H.-E.; Wolter, H.-J. (2007): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, in: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg): IfM-Materialien Nr. 172, Bonn.
  6. Vgl. WirtschaftsWoche. Düsseldorf 2008,26(23.06.), S.44. ISSN 0042-8582
  7. Haunschild, L.; Wallau, F.; Hauser, H.-E.; Wolter, H.-J. (2007): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, in: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg): IfM-Materialien Nr. 172, Bonn.
  8. Mandl, I. (2008): Overview of Family Business Relevant Issues, Final Report, Project on behalf of the European Commission
  9. Governance Kodex für Familienunternehmen. INTES. Abgerufen am 12. Februar 2009. (Deutsch)

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