Präsentiermarsch

Präsentiermarsch

Unter einem Präsentiermarsch versteht man ein Werk der militärischen Marschmusik, das zur Untermalung des Abschreitens der Front einer angetretenen Truppe gespielt wird. Das Abspielen von Präsentiermärschen gehört weltweit zum üblichen Zeremoniell der Armeen, unterscheidet sich aber - je nach Tradition und Kulturraum - in Spielbesetzung, Spielweise und Stückcharakter. So sind beispielsweise Präsentiermärsche in Deutschland und Russland sehr exakte, einem betont harten Rhythmus folgende Kompositionen, in Ländern wie Frankreich und England dagegen werden eher ruhige, gesetzte Stücke verwendet. Eine weitere Ausprägung ist z. B. die Form des Präsentiermarsches in Österreich, der kein ausgearbeitetes Stück, sondern nur ein einfacher, sich wiederholender Signalruf ist.

Der Begriff "Präsentiermarsch" ist doppeldeutig; er kann sowohl allgemein einen Marsch meinen, der zum oben erläuterten Zweck gespielt wird oder auch Titel bzw. Titelbestandteil eines bestimmten Marsches sein. Beispiele:

  • Begriff als "Verwendungszweck": Das preußische 1. Garde-Regiment zu Fuß führte den Marsch Bataillon Garde als Präsentiermarsch.
  • Begriff als "Titelbestandteil": Präsentiermarsch des Leibkürassierregiments Nr. 1 "Großer Kurfürst" von Kuno Graf von Moltke

Inhaltsverzeichnis

Präsentiermärsche in Deutschland

Historisches

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges existierte im Deutschen Reich eine Fülle von Präsentiermärschen, da viele Truppenteile neben ihrem Traditionsmarsch auch einen eigenen Präsentiermarsch führten. Unterschiede gab es dabei - wie bei allen anderen Märschen auch - zwischen Infanterie- und Kavalleriemusik (siehe Artikel Militärmusik). Eine besondere Stellung nahm in der preußischen Armee seit etwa 1850 allerdings der Präsentiermarsch Friedrich Wilhelms III. ein, auf den unten noch gesondert eingegangen wird. Später in Reichswehr und Wehrmacht setzte er sich im ganzen Deutschen Reich als üblicher Präsentiermarsch durch. Dabei war bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs eine musikalische Besonderheit üblich: trat ein Spielmannszug zusammen mit einem Musikkorps an, spielte nur das Musikkorps den Präsentiermarsch, die Spielleute intonierten stattdessen ihren traditionellen Präsentiermarsch, den Altpreußischen Grenadiermarsch. Beide Stücke waren aufgrund ihrer Melodie, der Taktzahl und der Tonart eigentlich unvereinbar, trotzdem wurden sie aus Traditionsgründen synchron gespielt.

Bis 1945 war es in Deutschland auch üblich, beim Abschreiten der Front durch das Staatsoberhaupt keinen Präsentiermarsch, sondern die Nationalhymne zu spielen.

Bekannte deutsche Präsentiermärsche

  • Präsentiermarsch (AM I, 2 [AM I, 1a und III, 1a]) von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (s. unten)
  • Bayerischer Präsentiermarsch (AM I, 11 [AM I, 102]) - unbekannt
  • Holländischer Ehrenmarsch (Präsentiermarsch der Marine) (AM I, 52) von Jacob Rauscher
  • Wir präsentieren (AM I, 9 [AM I, 93]) von Hans Ailbout
  • Hessischer Präsentiermarsch (AM I, 19 [AM I, 105]) von Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt
  • Präsentiermarsch des Leibkürassierregiments Nr. 1 "Großer Kurfürst" - (AM I, 39 [AM III, 89]) von Kuno Graf von Moltke
  • Parademarsch Nr.1 (AM I, 32 [AM III, 51]) von Julius Möllendorf

Der Präsentiermarsch Friedrich Wilhelms III.

Der Präsentiermarsch war von Friedrich Wilhelm III., inspiriert von den Hoboistenkorps des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in seiner Jugendzeit komponiert worden. Die Hofmusiker notierten es für Kammermusikbesetzungen. Das Werk geriet aber rasch wieder in Vergessenheit. Erst 1835 wurde die Partitur wiederentdeckt und der Marsch bei der Revue von Kalisch auf Weisung des russischen Zaren Nikolaus I., Friedrich Wilhelms Schwiegersohn, von einem "Monstre-Orchester" intoniert. 1841 wurde das Stück dann auf Verfügung Friedrich Wilhelms IV. in die preußische Armeemarschsammlung aufgenommen. Er ist ein sehr kurzer, aber prägnanter Marsch mit hohem Wiedererkennungswert.

Der Melodie des Marsches wurde etwa ab 1870 inoffiziell ein humorvoller Text unterlegt:

Seine Majestät der König,
zahlt unsereins zuwenig,
’nen Taler woll’n wir hab’n,
doch den krieg’n wir nicht,
und für 23 Pfennig präsentier’n wir nicht!

Dem Text liegt die Tatsache zugrunde, dass Mannschaften in der preußischen Armee einen Tagessold von 22 Pfennig erhielten. Soldaten der Garde erhielten 1 Pfennig Gardezulage und kamen so auf die besungenen 23 Pfennige.

Präsentiermärsche in der Bundeswehr

Der Standard-Präsentiermarsch der Bundeswehr ist der Präsentiermarsch Friedrich Wilhelms III., der aufgrund dieser Tatsache einen vergleichsweise hohen Bekanntheitsgrad besitzt, da er insbesondere bei Empfängen mit militärischen Ehren und Gelöbnissen regelmäßig eine breitere Öffentlichkeit erreicht.[1]

Im Bundesland Bayern wird stattdessen der Bayerische Präsentiermarsch bei entsprechenden Anlässen gespielt.

Die Marine verwendet den Marinepräsentiermarsch oder Holländischen Ehrenmarsch, der vom Militärmusiker Jacob Rauscher um 1820 komponiert worden ist.

Präsentiermärsche in der Nationalen Volksarmee

Die Nationale Volksarmee der DDR kannte einen eigenen Präsentiermarsch, sowohl um ihre staatliche Eigenständigkeit als auch ihre Loslösung von den Traditionen des Kaiserreichs und des Dritten Reiches zu betonen. Das von Alfred Pechau komponierte Stück besitzt seit dem Ende der DDR jedoch kaum mehr einen nennenswerten Bekanntheitsgrad. In der DDR gab es auch eigene Präsentiermärsche für die Luftverteidigung, Volksmarine, Volkspolizei und das Wachregiment des MfS.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Präsentiermarsch Friedrich Wilhelm III. auf YouTube, abgerufen am 12. November 2010

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