Psychisch-Kranken-Gesetz

Psychisch-Kranken-Gesetz

Für Menschen mit psychischen Krankheiten bestehen in Deutschland Gesetze (oft als PsychKG abgekürzt), welche das Recht psychisch Erkrankter, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu führen, sicherstellen sollen, aber die zuständigen Behörden auch ermächtigen, im Falle akuter Selbst- oder Fremdgefährdung den Erkrankten gegen seinen Willen in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus unterzubringen.

In Deutschland haben die einzelnen Bundesländer Gesetze über „Schutz“ und „Hilfen“ für psychisch kranke Menschen erlassen. In Baden-Württemberg und Bayern und im Saarland heißen diese Bestimmungen Unterbringungsgesetz, in Hessen Freiheitsentziehungsgesetz.

Inhaltsverzeichnis

Zahlen

Gesetzesinhalte

Das seit 1952 gültige Hessische Freiheitsentzugsgesetz erlaubt die Zwangseinweisung einer Person nur, wenn "eine erhebliche Gefahr für ihre Mitmenschen droht und diese nicht anders abgewendet werden kann", oder wenn eine erhebliche "Gefahr für sich selbst" besteht. Das Bayrische Unterbringungsgesetz ermöglicht die Zwangseinweisung auch, wenn im "erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet" ist. Die Psychisch-Kranken-Gesetze ermöglichen die Unterbringungen auch, wenn "bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährdet" sind. Sie regeln die Befugnisse von Polizei, Ordnungsämtern, Sozialpsychiatrischen Diensten und rechtlichen Betreuern. Außerdem wird geregelt, wann Zwangsuntersuchungen, Zwangsmaßnahmen und -behandlungen erlaubt sind. In den neueren Gesetzen wird auch beschrieben, dass ambulante vor- und nachsorgende Hilfen angeboten und Beratungsangebote gemacht werden sollen. Der Zwangseingewiesene hat zwar das Recht, behandelt zu werden, doch hat er nicht die Wahl, ob er sich mit Medikamenten oder psychotherapeutisch behandeln lässt. In einigen Länder-Gesetzen wird auch der sozialpsychiatrische Dienst ermächtigt, Hausbesuche und ärztliche Untersuchungen durchzuführen.

Zuständigkeit

Meist ist das örtliche Ordnungsamt (§12 PsychKG) für Hilfen nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen zuständig. Das gerichtliche Verfahren für freiheitsentziehende Unterbringung ist im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (kurz: FamFG), dort §§ 312 ff., geregelt. Maßnahmen nach PsychKG kann jeder anregen. Damit ein gerichtliches Verfahren beginnen kann, bedarf es aber in fast allen Bundesländern eines förmlichen Antrages des zuständigen Ordnungsamtes. In Brandenburg kann auch ein rechtlicher Betreuer die PsychKG-Unterbringung beantragen.

Zwangsbehandlung

Eine Behandlung gegen den Willen des Betroffenen ist in Nordrhein-Westfalen auch bei nicht vorhandener Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen nur in den Fällen von Lebensgefahr, von erheblicher Gefahr für die eigene und für die Gesundheit anderer Personen zulässig.

Soweit ein Betreuer (mit entsprechendem Aufgabenkreis) bestellt ist, gilt für die PsychKG-Unterbringung folgendes:

Der Betreuer darf nur zum Wohl des Betreuten handeln (§ 1901 BGB). Sein Wohl hat der Betreute vorrangig selbst zu bestimmen, sofern er nicht krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, dieses zu erkennen. Daher kann der Betreuer grundsätzlich nicht gegen den Willen des Betreuten an seiner Stelle in die Behandlung einwilligen, wenn nicht die Gesundheit des Betreuten erheblich gefährdet ist. Bei einer schizophrenen Erkrankung wird das im Allgemeinen von den Gerichten angenommen.

In allen Bundesländern ist bei Eingriffen mit erheblicher Gefahr für Leben und Gesundheit eine Einwilligung des rechtlichen Betreuers notwendig, wenn der Betreute einwilligungsunfähig ist. In Niedersachsen, dem Saarland und Sachsen gilt dies für jede Behandlung, in Brandenburg und Rheinland-Pfalz für jeden körperlichen Eingriff.

In Brandenburg, NRW und Rheinland-Pfalz ist darüber hinaus eine Erörterung des Behandlungsplans auch mit dem Betreuer vorgesehen, in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern gilt dies ebenfalls auf Wunsch des Betroffenen. In Brandenburg und NRW sind freiheitsbeschränkende Maßnahmen auch dem Betreuer mitzuteilen. In Thüringen ist der Betreuer auf Wunsch des Betroffenen nachträglich von stattgefunden unaufschiebbaren Behandlungen zu informieren.

Für den rechtlichen Betreuer gilt darüber hinaus, dass er, sofern die Voraussetzungen des § 1904 Abs. 1 BGB vorliegen, es sich also um eine risikobehaftete Behandlungsmaßnahme handelt, seinerseits die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen hat. Diese ist unabhängig vom Unterbringungsbeschluss des Gerichtes.

Rechtsprechung

Schließt eine mit einer Vorsorgevollmacht verbundene Patientenverfügung die stationäre psychiatrische Behandlung aus, so steht dies einer Unterbringung auf der Grundlage des § 11 PsychKG Nordrhein-Westfalen nicht entgegen, sofern der Vorsorgebevollmächtigte den Schutz des Betroffenen bei einer erheblichen Eigengefährdung nicht gewährleisten kann. Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten ist aber nur bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung gestattet.[1]

Anhang

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. OLG Hamm, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - Az: 15 W 126/06: Patientenverfügung gegen Unterbringung?

Literatur

  • Bohnert: Unterbringungsrecht, Beck-Verlag München ISBN 3-406-47174-9
  • Deinert: Betreuertätigkeit und Freiheitsentziehungen nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen; BtPrax 2000, 191
  • Deinert/Jegust: Das Recht der psychisch Kranken (Textsammlung), 2. Aufl. Bundesanzeiger, Köln 2006, ISBN 3-89817-477-8
  • Kopetzki: Grundriss des Unterbringungsrechts (f. Österreich), ISBN 3-211-82890-7
  • Marschner / Volckart / Lesting, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl., München 2010, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-60554-3

Wissenschaftliche Untersuchungen

Weblinks

Allgemein

Landesrecht

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