Psychologischer Vertrag

Psychologischer Vertrag

Der Begriff psychologischer Vertrag (auch: psychologischer Arbeitsvertrag) bezeichnet gegenseitige Erwartungen und Angebote von Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Bestandteil der Arbeitsbeziehung.[1][2] Es handelt sich dabei um „mehr oder weniger implizite Erwartungen und Angebote“,[1] die über den (schriftlichen) Arbeitsvertrag hinausgehen.

Inhaltsverzeichnis

Bestandteile und Ausprägungen psychologischer Verträge

Als mögliche Bestandteile eines psychologischen Vertrags aus Sicht des Arbeitnehmers werden beispielsweise Vorstellungen über die Arbeitsbedingungen, über eigene Einflussmöglichkeiten auf die Organisation, Unterstützung durch den Arbeitgeber (etwa im Hinblick auf Personalentwicklung), Schutz vor Über- und Unterforderung und Berechenbarkeit des Arbeitgeberverhaltens genannt.[3]

Nach traditioneller Auffassung erhält der Mitarbeiter in einem Unternehmen gegen seine Loyalität eine Art Beschäftigungsgarantie.

Gemäß einer neuen, auf Beschäftigungsfähigkeit (Employability) ausgerichteten Auffassung zeigt der Mitarbeiter Loyalität in der Bereitschaft, Problemstellungen im Unternehmen durch Bereitschaft zu lebenslangem Lernen zu lösen. Der Mitarbeiter bleibt dadurch auf dem Arbeitsmarkt langfristig attraktiv. Der Unternehmer profitiert von der Problemlösungskompetenz der Mitarbeiter. Das Beschäftigungsrisiko wird dabei vom Unternehmen auf den Mitarbeiter übertragen. Das Unternehmen erleidet einen Verlust, wenn Mitarbeiter abgeworben werden, die es langfristig ausgebildet hat.

Im Zusammenhang mit dem Konzept der Beschäftigungsfähigkeit wird von einem Wandel des psychologischen Vertrags gesprochen. Infolge von Globalisierung, höherer Dynamik auf den Märkten und sich ständig ändernden Strukturen in den Unternehmen werde der traditionelle psychologische Vertrag von den Unternehmern und den Mitarbeitern in Frage gestellt und verliere seine Glaubwürdigkeit. Es entstehe im Zuge der Flexibilisierung eine Änderung im psychologischen Vertrags, ein Wandel von der Erwartung einer Einstellung auf Lebenszeit hin zur Erwartung eines Ausbaus der Beschäftigungsfähigkeit.

Bruch des psychologischen Vertrags

Als mögliche Konsequenzen, wenn Änderungen vom Arbeitnehmer als Bruch im psychologischen Vertrag wahrgenommen werden, werden der „Beschluss, die Organisation zu verlassen, der Versuch, die Einhaltung impliziter Versprechen nachträglich zu sichern oder aber eine Rücknahme von Loyalität und Einsatzbereitschaft bis hin zur inneren Kündigung auf Seiten der Arbeitnehmer“ genannt.[4]

Veränderung des psychologischen Vertrags

Um negativen Konsequenzen eines Bruchs des psychologischen Vertrags entgegenzuwirken und die Gesundheit und Leistung von Mitarbeitern sowie den Erfolg des Unternehmens langfristig zu erhöhen, sind faire Prozesse notwendig. Faire Prozesse werden als „die Summe aus ausgleichender und prozessualer Gerechtigkeit“. Ausgleichende Gerechtigkeit ist stark ergebnisorientiert. Hierzu gehört die Zuweisung geeigneter Arbeitsmittel, Aufgaben sowie wirtschaftliche Anreize. Der Mitarbeiter erhält das, was ihm zusteht und verhält sich dementsprechend so. Seine Leistung orientiert sich an der Einstellung und dem Verhalten. Sie führt dazu, dass Erwartungen erfüllt werden, mehr aber auch nicht. Neben der ausgleichenden Gerechtigkeit benötigen Mitarbeiter auch den Zugang zur prozessualen Gerechtigkeit. Diese zweite Seite fokussiert den fairen Zugang zum Entwicklungsprozess.[5]

Siehe auch

Literatur

  • Edgar H. Schein: Organizational Psychology. Englewood Cliffs, N.J.: 1965.
  • Ingo Weinreich, Christian Weigl: Unternehmensratgeber betriebliches Gesundheitsschutzmanagement: Grundlagen - Methoden - personelle Kompetenzen, 2011, ISBN 978-3503130573

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Schein, 1970, zitiert nach: Simone Kirpal u.a.: »Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, aber keinen Job.« Veränderung psychologischer Arbeitsverträge unter Bedingung von Arbeitsmarktflexibilisierung und organisationaler Transformation. In: ITB-Forschungsberichte 25/2007. März 2007, abgerufen am 13. Dezember 2008.
  2. Schein, 1970, zitiert nach: Gudela Grothe u. a.: Psychologische Verträge und Arbeitsflexibilisierung. Über den organisationalen und individuellen Umgang mit Unsicherheit. Abgerufen am 13. Dezember 2008.
  3. Ralf D. Brinkmann und Kurt H. Stapf, 2005, zitiert nach: Sven Max Litzcke, Horst Schuh: Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz, 2007 ISBN 3540468498, 9783540468493 S. 162
  4. Simone Kirpal u.a.: »Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, aber keinen Job.« Veränderung psychologischer Arbeitsverträge unter Bedingung von Arbeitsmarktflexibilisierung und organisationaler Transformation. In: ITB-Forschungsberichte 25/2007. März 2007, abgerufen am 13. Dezember 2008., S. 24
  5. Ingo Weinreich, Christian Weigl: Unternehmensratgeber betriebliches Gesundheitsschutzmanagement: Grundlagen - Methoden - personelle Kompetenzen, 2011, ISBN 978-3503130573

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