- Loyalität
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Loyalität (ˌlo̯jaliˈtɛːt, von franz.: Treue) bezeichnet die innere Verbundenheit und deren Ausdruck im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft. Loyalität bedeutet, die Werte (und Ideologie) des Anderen zu teilen und zu vertreten bzw. diese auch dann zu vertreten, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt. Loyalität zeigt sich sowohl im Verhalten gegenüber demjenigen, dem man loyal verbunden ist, als auch Dritten gegenüber.
Loyalität ist die positive Verzerrung der Wahrnehmung von kritischen Ereignissen in einer Beziehung. Besteht Loyalität, so werden negative Ereignisse durch eine positive Verzerrung weniger belastend für die Beziehung bewertet. Loyalität beschreibt somit die Abweichung von einer objektiven Bewertung von negativen Ereignissen in einer Beziehung. Loyalität ist stark abhängig von der Beziehungsvergangenheit. Neutrale Beziehungen (ohne Loyalität) sind gekennzeichnet durch einen weitgehend linearen Zusammenhang von Zufriedenheit mit der Beziehung und Verbleibewahrscheinlichkeit in der Beziehung. Im Gegensatz zu einer neutralen Beziehung bleibt die Verbleibewahrscheinlichkeit in Beziehungen mit einer positiven Vergangenheit (und damit wirksamer Loyalität) selbst bei deutlicher Unzufriedenheit auf einem hohen Niveau. Das bedeutet, selbst bei Unzufriedenheit mit der Beziehung führt Loyalität zur Aufrechterhaltung der Beziehung. Erst bei sehr starker Unzufriedenheit ist mit einem plötzlichen Abbruch der Beziehung zu rechnen. Selten beachtet ist auch der umgekehrte Effekt der Anti-Loyalität, einer Art Abneigung. Wurde eine loyale Person so stark enttäuscht vom Partner, dass es zum Abbruch der Beziehung kam, so wirkt anschließend ein umgekehrt, also negativ verzerrender Effekt, die Anti-Loyalität. Das bedeutet, bei wirksamer Anti-Loyalität wird ein Partner, mit dem eine stark negative Vergangenheit geteilt wird sehr viel negativer bewertet als eine neutrale Person (ohne negative Vergangenheit).[1]
Das Ausmaß der geforderten Loyalität hängt von den Erwartungen ab, die für die jeweilige Beziehung konstitutiv sind. Diese Beziehungen können informeller (z. B. Freundschaften) oder formeller Natur sein (z. B. Ehe). Man kann in sie hineingeboren werden (z. B. Verwandtschaft) oder sie gewählt haben (z. B. Einwanderung). Die Loyalitätserwartungen erstrecken sich auf äußere Handlungen, aber auch – wie im Falle von Freundschaften – auf innere Einstellungen. Strittig ist, ob Loyalitäten genuine Pflichten sind.[2]
Inhaltsverzeichnis
Loyalitätskonflikt
Problematisch wird Loyalität, wenn sie gefordert wird. Unterschiedliche Forderungen führen zu Loyalitätskonflikten, beispielsweise wenn ein Arbeitnehmer sich dem Dienstherrn gegenüber loyal verhalten soll, obwohl er bestimmte Werte oder Ziele nicht teilt. Besonders häufig sind solche Konflikte anzutreffen in Tendenzbetrieben (Kirche, Staat, Rüstung). Schwerwiegend wird das beispielsweise bei Befehlsverweigerung in der Armee, früher bereits bei Kriegsdienstverweigerung. Auch in Fragen von Umweltschutz, Betriebssicherheit, Bilanz, Personal und ähnlich sensiblen Themen wird immer wieder „Loyalität“ gefordert und endet ebenso oft in Betrug.
Auch in Familien oder Clans wird vom Familienangehörigen dem Familienoberhaupt oder dem Clan gegenüber oft „Loyalität“ gefordert. Das führt oft zu Gewissenskonflikten und zu Unterdrückung eigener Werte und Ziele. Die Treue zu sich selbst ist dann infrage gestellt.
Auch widersprüchliche Bindungen führen, hier über innere Verpflichtung, zu Loyalitätskonflikten. Beispielsweise wenn ein Kind, das ja durch seine Liebe sowohl mit seinem Vater als auch mit seiner Mutter verbunden ist, in deren Streit über ihre Werte und Ziele verwickelt wird (Triangulation), wenn ein Mitarbeiter in verschiedenen Unternehmen tätig ist, die miteinander in Konkurrenz stehen, jemand Bürger mehrerer Staaten ist oder wenn jemand beispielsweise durch Heirat in einen fremden Kulturkreis kommt und jetzt sozusagen zwei verschiedenen Wertesystemen angehören soll.
Loyalität und Solidarität
Zur Bedeutung von Solidarität siehe dort. Loyalität ist eher eine innere Selbst-Verpflichtung, Solidarität eher ein inneres Bedürfnis. Loyalität beschreibt eher die innere Haltung, Solidarität eher den äußeren Ausdruck. Die Übergänge sind fließend.
Loyalität in der Wirtschaft
Hier wird „Loyalität“ oft verwechselt mit „Abhängigkeit“ und „Obrigkeitsdenken“ (Festhalten an getroffenen Vereinbarungen, das Einhalten von Gesetzesvorschriften oder die Treue gegenüber einer Autorität). Synonyme für Loyalität sind: Anstand, Fairness, Gesetzestreue, Rechtschaffenheit, Redlichkeit, Regierungstreue, Staatstreue, Treue, Zuverlässigkeit.
Der Begriff Loyalität wird oft im Sinne von Zuverlässigkeit und Anständigkeit gegenüber der Gruppe, der man sich verbunden fühlt, gebraucht, beispielsweise im Zusammenhang mit Dienstverhältnissen, bei denen sich ein Arbeitgeber bzw. Dienstherr auf die Treue seines Mitarbeiters verlassen können muss. Damit ist unter anderem die Forderung nach Aufrichtigkeit und Fairness im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und externen Partnern gemeint. Loyalität impliziert neben emotional unterlegter Verbundenheit auch ein Handeln im Sinne des Unternehmens sowie eine dem entsprechende Fürsprache nach außen[3]. Loyalität verbietet das Verfolgen solcher individueller Ziele, die den Zielen des Unternehmens widersprechen, und setzt die Einhaltung von Bestimmungen und Regelungen des Unternehmens voraus.
Vorgesetzter und Mitarbeiter sind hierbei in einen gemeinsamen ethischen Kontext eingebunden. Der Treuepflicht des Mitarbeiters entspricht eine Fürsorgepflicht des Vorgesetzten. Durch die Verankerung in einem übergeordneten Wertesystem sind Auswüchse wie Kadavergehorsam und vorauseilender Gehorsam ausgeschlossen; insbesondere rechtfertigt dies das Recht und sogar die Pflicht des Mitarbeiters zur Untreue, also zum Ungehorsam, sofern die Ausführung von Anweisungen übergeordnete Werte verletzen würde. Unklar ist allerdings, welche Werte vom Arbeitnehmer als übergeordnet betrachtet werden dürfen und ob er zum Whistleblower werden darf. Untreue im Sinne strafrechtlichen Eigennutzes ist selbstverständlich nie gestattet.
Auf Kundenseite wird Loyalität auch im Sinne von anhaltender Markentreue bzw. Geschäfts-, Firmen- oder Ladentreue, das heißt der Treue eines Kunden zu einem bestimmten Produkt bzw. Geschäft verwendet. Kundenloyalität impliziert Freiwilligkeit, eine emotionale Verbundenheit und zumeist auch eine mehr oder weniger aktive Fürsprache nach außen[4]. Kundenloyalität kann grob in unfreiwillige, gekaufte und echte Kundenloyalität unterschieden werden. Unfreiwillige Kundenloyalität beruht auf Wechselbarrieren, vertraglichen Bindungen oder sonstigen Zwängen[5]. Mit Hilfe der Loyalitätsforschung werden Marken- oder Geschäftstreue wissenschaftlich analysiert. Mit Hilfe des Loyalitätsmarketing kann die Loyalität eines Kunden systematisch entwickelt werden. Im Markenmanagement spricht man auch von Markenloyalität. Als Vordenker des Loyalitätsmarketing gilt Fred Reichheld
Sowohl hinsichtlich Mitarbeitern und Kunden wird die Messung der Loyalität oft mittels Befragungen bewerkstelligt. Das entscheidende Problem ist zumeist, welche Aspekte in die Berechnung der Loyalität aufgenommen und wie diese gewichtet werden sollen. Ein mögliche Definition von Loyalität bietet beispielsweise die EUCUSA-Methode bei Mitarbeiter- und Kundenbefragungen.
Loyalität in der Literatur
- Der Untertan (Heinrich Mann, 1918)
Loyalität in der Politik
Einzelnachweise
- ↑ van Treeck, J. (2011). Loyalität - Die Psychologie der Kundenbindung. Bod, Norderstedt. Dissertation an der Universität Hamburg. http://d-nb.info/1010992074
- ↑ Matthias Iser: Loyalität. Handbuch der politischen Philosophie und Sozialphilosophie, ed. Stephan Gosepath, De Gruyter, Berlin 2008, Bd. 2 (N-Z), S. 731.
- ↑ Anne M. Schüller: Zukunftstrend Mitarbeiterloyalität, Business Village 2005
- ↑ Anne M. Schüller: Zukunftstrend Kundenloyalität, Business Village 2005
- ↑ Christian Homburg; http://www.homburg-partner.com/fileadmin/image_upload/CC_EU_Whitepaper_Kundenloyalitaet_im_Energiemarkt_Layout_1.pdf
Literatur
- Matthias Iser: Loyalität. Handbuch der politischen Philosophie und Sozialphilosophie, ed. Stephan Gosepath, De Gruyter, Berlin 2008, Bd. 2 (N-Z), S. 731-733. ISBN 978-3-11-017408-3
- Jacoby, Jacob; Chestnut, Robert W.: Brand loyalty: Measurement and management. Wiley 1978. ISBN 0471028452
- Simon Keller: The Limits of Loyalty. Cambridge University Press, Cambridge 2007. ISBN 978-0-521-87461-8
- Dirk Ploss: Das Loyalitäts-Netzwerk. Galileo 2001. ISBN 978-3898421355
- Frederick F. Reichheld: Der Loyalitäts-Effekt. Campus 1997. ISBN 978-3593356655
- Anne M. Schüller, Gerhard Fuchs: Total Loyalty Marketing. Gabler 2002. ISBN 978-3409122016
- Foscht Thomas, Kundenloyalität. Integrative Konzeption und Analyse der Verhaltens- und Profitabilitätswirkungen. Deutscher Universitäts-Verlag, Oktober 2002. ISBN 978-3824474431
Weblinks
Wiktionary: Loyalität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- John Kleinig: Eintrag, in: Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
- Loyalität im Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung
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