Quasimidi

Quasimidi

QUASIMIDI war in den Neunziger Jahren ein bekannter deutscher Hersteller von Synthesizern. Gegründet wurde QUASIMIDI im Jahre 1987 von Friedhelm Haar und Jörg Reichstein im hessischen Kirchhain. Im Jahr 1998 wurde der Firmensitz nach Rauschenberg verlegt; seit dem Jahre 2000 ist QUASIMIDI nicht mehr auf dem Markt präsent.

Inhaltsverzeichnis

Die frühen Jahre (1987-1993)

In den ersten Jahren produzierte QUASIMIDI MIDI-Zubehör und -Erweiterungen. Hierbei hervorzuheben sind besonders die Erweiterungen für das zwischen 1987 und Anfang der 90er Jahre äußerst populäre MIDI-Synthesizer-Modul Roland MT-32, die Erweiterungen für die Roland-Keyboards der „E-Serie“ sowie der Masterkeyboard-Controller „Turbo-Volcon/D“(1989).

Style Drive (1993)

Das erste „große“ QUASIMIDI-Hardware-Gerät war der Style Drive - ein recht universell einsetzbarer MIDI-Prozessor, der in einem 19-Zoll-Gehäuse mit 1 Höheneinheit untergebracht ist. Neben dem Abspielen von Standard-MIDI-Files (SMF), die über das eingebaute Disketten-Laufwerk (720 kB) geladen werden, können auch eigene Styles (also „Sequenzen“) erstellt, abgespielt und gespeichert werden. Diese „universelle Begleitautomatik“ machten den Style Drive in erster Linie für Alleinunterhalter interessant. Zusätzlich zum Style Drive erschien auch noch eine Fernbedienung - der Style Drive Commander. Durch diesen wurden die Möglichkeiten des Style Drive erheblich erweitert. Damit ist der Style Drive auch noch für heutige Ansprüche ein uneingeschränkt praxistaugliches Gerät. Die Kombination Style Drive und Commander ist heute (2008) noch bei etlichen Entertainern im Einsatz.

Quasar (1993)

Der erste Synthesizer aus dem Hause QUASIMIDI war der Quasar, mit dem sich die Firma 1993 auch einem größeren Musiker-Kreis erschloss. Auch der Quasar, der in seiner Basis-Version zum damaligen Zeitpunkt ca. 2000 DM kostete, war in einem 19-Zoll-Gehäuse mit 2 Höheneinheiten untergebracht.

Konzept

Der Quasar war seinerzeit gewissermaßen als eine Art „Universal-Synthesizer“ konzipiert, der verschiedene Arten der synthetischen Tonerzeugung, eine Effekt-Sektion, einen Arpeggiator sowie eine umfangreiche MIDI-Implementation in einem einzigen Gerät vereinte. Erhältlich war der Quasar' - so wie alle darauffolgenen QUASIMIDI-Geräte - entweder direkt über den Hersteller oder über eine der ans Kirchhainer „Mutterhaus“ angeschlossenen Filialen, was sich auf eine großflächige Verbreitung leider etwas negativ auswirkte - wohl aber dafür sorgte, daß der Verkaufspreis insgesamt weitgehend niedrig gehalten werden konnte und somit recht „musiker-freundlich“ war. Ein Teil des Erfolges des Quasar liegt sicherlich in der Tatsache begründet, dass das Gerät schon in seiner Grundausstattung mit einem sehr großen Vorrat an Werks-Presets aus den unterschiedlichsten Musik-Bereichen aufwarten konnte. Punkten konnte der Quasar außerdem mit seiner - für damalige Verhältnisse - außergewöhnlich einfachen Bedienung, die zwar tiefergehende Klang-Bearbeitungen nicht zuließ, aber auf recht elegante Weise elementare Klang-Eingriffe gestattete, was wiederum für das Gros der „Quasarianer“ durchaus ausreichend war. Als Manko des Quasar (und seiner „Verwandten“ - Technox, Caruso und The Raven) kann angesehen werden, daß der erzielbare Frequenzbereich recht eingeschränkt ist: bei ca. 12 kHz ist Schluss! Grund hierfür ist die Tatsache, dass die verwendeten Bauteile zur Klangerzeugung und -beeinflussung bis an ihre Grenzen ausgereizt werden - obwohl die eingesetzte DA-Wandler-Technologie durchaus auch hochwertigere Signale hätte wiedergeben können. Hochwertigere Klang-Qualität (in Bezug auf den erzielbaren Frequenzbereich) hätte aber einen nicht unerheblichen Mehraufwand bei den Signalverarbeitungs-Komponenten zur Folge gehabt, was den Herstellungs- und Verkaufspreis des Quasar in schwindelerregende Höhen getrieben hätte.

Ausstattung und Bedienung

Der Quasar verfügt als eines der wenigen Geräte seiner Zeit über mehrere „Endlos-Drehregler“ (sog. Alpha-Dials), die einen schnellen Zugriff auf die verschiedenen Klang-Parameter sowie auf die Geräte-Einstellungen ermöglichen. Als Display fungieren sowohl ein hintergrundbeleuchtetes 2x40-Zeichen-LC-Display als auch eine 2-stellige LED-Anzeige für die Anzeige des gewählten „Performance“-Programmes. Verschiedene Taster, die teilweise über LED-Statusanzeigen verfügen, runden das übersichtlich gestaltete Bedienfeld auf der Geräte-Front ab.

Auf der Rückseite finden sich die „Schnittstellen zur Außenwelt“:

  • Stereo-Summenausgänge
  • 4 Einzel-Ausgänge
  • 2 x MIDI-In (gemerged), MIDI-Out und -Thru
  • 1 programmierbarer Fußschalter-Anschluss

Tonerzeugung

QUASIMIDI taufte die im Quasar verwendete Art der Klang-Erzeugung M.A.S.S. (Multi Algorithm Sound Synthesis System) - wohl um darauf hinzuweisen, daß hier verschiedene Klang-Synthese-Techniken zum Einsatz kamen. Klangliches Herzstück des Quasar war ein Sound-Chip des französischen Herstellers DREAM (heute: ATMEL), der folgende Synthese-Arten auf einem Chip vereinigt:

Als Basis für die meisten Klänge dient ein 8 MB großes ROM; insgesamt verfügt der Quasar über einen Sound-Vorrat von über 1000 Klängen (Single Sounds). Diese liefern ihrerseits wieder die Basis für 200 ROM-basierte Performance-Sounds, weitere 100 Performances lassen sich als benutzer-definierte Klang-Kombinationen im Quasar-internen RAM abspeichern. Eine Performance kann bis zu 4 verschiedenen Single-Sounds bestehen, die beliebig geschichtet (gelayered) und/oder ineinander überblendet werden können.

Insgesamt ist der Quasar 24-stimmig polyphon (im Single-Modus) und via MIDI 16-fach multitimbral spielbar.

Effekte

Basis der Effektsektion des Quasar ist ein Digitaler Signalprozessor (DSP) von Analog Devices (ADSP-2105). Dieser eine Chip ist für die beiden unabhängig voneinander ansprechbaren Effekt-Sektionen zuständig - obwohl also QUASIMIDI im Original-Quasar-Prospekt von 1993 von (...) zwei Hochleistungs-Effekt Prozessoren (...) spricht, so ist es doch nur ein einziger „Rechenknecht“, der die gesamte Effekt-Arbeit verrichten muss.

Neben den „üblichen“ Effekten wie u.a. Hall, Chorus, Flanger und verschiedenen Delays (= Echo-Effekten) verfügt der Quasar auch über „Rotor-Kabinett“-Effekte, was ihn für die Erzeugung ansprechender Orgel-Sounds prädestiniert.

Anmerkung: Die Programmierung von mehr oder weniger realistischen Hall-Effekten ist äußerst aufwendig. Entwicklung und Implementation der entsprechenden DSP-Routinen können - vor allem bei kleinen Unternehmen - einen nicht unerheblichen finanziellen Mehraufwand darstellen. Um den erforderlichen Aufwand in vertretbaren Grenzen zu halten, kam es den Quasar-Entwicklern zugute, dass just zu jener Zeit eine „außereuropäische Synthesizer-Schmiede“ für die Realisation der Effekt-Sektion eines ihrer Geräte genau den gleichen DSP-Chip wie QUASIMIDI einsetzte. Es folgte: ein wenig Disassemblierung, etwas „Kosmetik“ und: Voilà! Der Quasar hatte seinen „eigenen“ Hall...

Erweiterungen

Schon recht bald nach seinem Erscheinen im Jahr 1993 zeigte sich, dass das Gerät vor allem bei Musikern aus dem Techno-Bereich auf große Resonanz gestoßen war. Das lag zum einen an seiner einfachen Bedienbarkeit und zum anderen an der für diese Art von Musik hervorragenden Sound-Auswahl. Wenngleich im Quasar nach wie vor viele Klänge aus der „Tanzmusiker- und Alleinunterhalter-Sektion“ zu finden waren (wie z.B. Akkordeons und verschiedene Orgeln), so konnte der Quasar durch seine reiche Auswahl an techno-kompatiblen Bass- und Drum-Sounds in diesem Bereich viele Freunde finden. Nun zeigte sich weiterhin, dass QUASIMIDI's Konzept, beim Quasar von Anfang an auf Erweiterbarkeit zu setzen, aufgehen konnte (und auch tat). Zwei Erweiterungs-Steckplätze im Innern des Geräts hatten die Entwickler dem Quasar spendiert.

Techno-Rave-und-Elektronik-Modul (TRE-Modul) (1994)

Als erstes Erweiterungsmodul erschien Anfang 1994 das sogenannte TRE-Modul. Hierbei handelt es sich um ein - recht klobig wirkendes - in Kunstharz gegossenes 1 MB großes ROM-Modul, dessen zumeist rein synthetisches Klang-Material die Basis für weitere 256 Klänge (und 100 Performances) aus den Bereichen Techno-, Trance-, House- und Elektronik-Musik bildet.

RAM-Board (1994)

Dieses Erweiterungs-Modul setzt die Version 2.0 des Quasar-Betriebssystems voraus, welche Anfang 1994 in Form von 2 E-PROMs an die Quasar-Gemeinde ausgeliefert wurde. Mit dem RAM-Board kann der Quasar nun auch mit „Fremd-Klangmaterial“ gefüttert werden. 768 kByte nichtflüchtiger Speicher stehen hierfür zur Verfügung. Das ins Gerät eingebaute Modul wird via „MIDI Sample Dump Standard“ - also über SysEx-Daten mit Samples versorgt. Dies setzte den Gebrauch eines „MIDIfizierten“ Computers samt passender Sample-Bearbeitungs-Software fast zwingend voraus, womit der Kreis der damaligen RAM-Board-User insgesamt recht eingeschränkt war - und dieses Modul gewissermaßen zu einem Mauerblümchen-Dasein verdammt war.

Hardcore-Modul (1995)

Bis heute ein Unikum im Bereich „Sound-Erweiterungen“ stellt das Hardcore-Modul dar, das auf der Musikmesse Frankfurt 1995 vorgestellt wurde. Wie sein „Bruder“, das TRE-Modul, verfügt auch das Hardcore-Modul über 256 Single-Sounds und 100 Performances in seinem 1 MB ROM. Die Klang-Auswahl - in erster Linie harte, oft verzerrte Synthetik-Klänge und Metall-Sounds - richtet sich hier in erster Linie an Musiker aus den Bereichen Gabber, Hardcore, Industrial und Electronic Body Music.
Anmerkung: Ein Teil der QUASIMIDI-Sound-Designer verbrachte mehrere Nächte damit, die heimischen Küchen auf der Suche nach „klanglich Verwertbarem“ durchzuforsten. Ein nicht unerheblicher Teil der im Hardcore-Modul zu findenden „Metall-Sounds“ besteht somit aus diversen Pfannen, Töpfen (mit und ohne Deckel), „Deckel solo“ - alles geschlagen mit allem, was sich hierzu heranziehen lässt (Hammer, Kochlöffel, diverse Messer, Schraubendreher, ...)

Technox und Caruso (1994)

The Raven (1995)

Cyber-6 (1995)

Rave-o-lution 309 (1996)

Diese ist eine komplett digitale Proto-Groovebox. Sie vereinigt einen samplebasierten Drumcomputer mit einem monophonen Bass-/Lead-Synthesizer und einem Pattern-/Songsequenzer. Die Schlagzeugabteilung ist sehr Technoorientiert und hat 3 spezialisierte, monophone Elemente für Bassdrum, Snaredrum und HiHat sowie einen 12-stimmigen Percussion-Kanal. Die Samples lassen sich relativ weitreichend mit derselben Architektur wie der Synthesizer subtraktiv bearbeiten. Der Synthesizer bietet in der Grundausstattung einen Oszillator mit etwas mehr als den gängigen Wellenformen, ein 24 dB-Tiefpassfilter mit Resonanz und Overdrive, eine ADSR-Hüllkurve und einen LFO. Der VCA kann wahlweise von der (Filter-)Hüllkurve oder direkt durch das Gate-Signal von Keyboard oder Sequencer gesteuert werden. Der Sequencer hält je eine Triggerspur für Bass- und Snaredrum, je eine für offene und geschlossene HiHat und insgesamt 12 für die Percussion-Sektion bereit. Ausserdem eine Notenspur für den Synthsizer. Dieser technische etwas mageren Ausstattung steht ein sehr durchdachtes und üppig mit Drehreglern bestücktes Interface zur Seite. Es gibt weiterhin eine Effektsektion mit einem Modulations- und einem Hall-/Delaymodul, die pro Instrument einzeln beschickt werden können, sowie einen zweibandigen, halbparametrischen Equalizer und die obligatorische, hier „Overblast“ genannte Bassanhebung in der Summe.

Sirius (1997)

Polymorph (1998)

Zusammenfassung

Trotz der kurzen Firmengeschichte erfreuten sich die Geräte - wegen ihrer innovativen Technologien und des vergleichsweise günstigen Preises - großer Beliebtheit unter Musikern (u.a. Kraftwerk, Tangerine Dream, Klaus Schulze, Jean Michel Jarre).

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