RVV-AE

RVV-AE
Wympel R-77

Die Wympel R-77 (Nato-Codename: AA-12 Adder; Exportbezeichnung: RVV-AE oder AAM-AE) ist eine früher sowjetische und jetzt russische aktiv radargesteuerte Luft-Luft-Rakete mittlerer Reichweite.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Entwicklung der R-77 begann im Jahre 1982 beim „Molniya OKB“ in der Ukraine und trug dort die Bezeichnung „Artikel 170“. Mit den Flugtests wurde bereits 1984 begonnen. Öffentlich bekannt wurde die Rakete im Februar 1991, als sie in der weißrussischen Hauptstadt Minsk präsentiert wurde. Die westliche Fachpresse gab der Waffe schnell den Spitznamen „AMRAAMSki“, da ihr Aussehen und Einsatzzweck der amerikanischen AIM-120 AMRAAM stark ähnelte. Bis 1994 wurden insgesamt 200 Lenkwaffen produziert und ausgeliefert.

Varianten

Die Versionsgeschichte der R-77 ist relativ undurchsichtig, da viele Varianten nur das Entwurfs- oder Prototypenstadium erreicht haben. Es folgt eine Aufzählung einiger bekannter Modifikationen und Modernisierungen.

  • R-77M: Version mit gesteigerter Reichweite und einem Startgewicht von 185 kg. Über den Verbleib ist nichts bekannt.
  • R-77M-PD (RVV-AE-PD): Diese Variante wurde mit einem Ramjet-Antrieb versehen, welcher Reichweiten von bis zu 160 km ermöglichen soll. Erste Designstudien wurden 1989 laut Hersteller abgeschlossen. Da staatliches Geld fehlte, ging man zur weiteren Entwicklung ein Joint Venture mit MBDA ein. Laut Wympel endete die Entwicklung 1994. Ob die Rakete jemals die Einsatzreife erreicht hat, ist nicht bekannt.
  • R-77-3PK: Diese Version ist für den Einsatz als Flugabwehrrakete modifiziert worden.
  • R-77-ZRK GBAD: Eine Variante mit Schubvektorsteuerung und vergrößertem Feststofftriebwerk, welche als Luftabwehrrakete seit 2005 angeboten wird und aus einem VLS-System gestartet wird.
  • R-77E: Version für den Export.
  • Eine Version wurde mit einem Infrarot-Sucher ausgestattet, die genaue Bezeichnung und der Status sind unbekannt.

Beschreibung

Eine R-77 (rechts) bei einer Ausstellung

Die R-77 ist im wesentlichen wie eine konventionelle Lenkwaffe aufgebaut: Sie besteht aus einem Suchsystem, einer Steuerungseinheit, einem Gefechtskopf und einem Triebwerk. Sie ist allerdings die erste russische Lenkwaffe, welche über ein bordeigenes aktives Radarsystem verfügt. Daher zählt sie zu den Fire-and-Forget-Waffen. Ein besonderes Merkmal sind die vier gitterartigen Kontrollflächen am Heck, welche ein wenig an einen Kartoffelstampfer (engl. „potato masher“) erinnern. Durch diese Struktur konnte die Lenkwirkung gegenüber konventionellen Steuerflächen deutlich erhöht werden, was zu einer Steigerung der Wendigkeit führte. Allerdings erzeugt diese Konstruktion auch einen erheblich größeren Luftwiderstand, wodurch sich die Reichweite gegenüber Raketen mit normalen Kontrollflächen zwangsläufig verringerte.

Das Radarsystem wird von dem russischen Konzern Agat hergestellt. Es arbeitet auf Basis des Doppler-Monopuls-Konzepts im Frequenzbereich von 10 bis 20 GHz und kann Ziele mit einem Radarquerschnitt von 5 m² auf eine Distanz von 16 km erfassen. Der angebundene Datenlink für den Empfang von Korrektursignalen besitzt eine Reichweite von bis zu 50 km, wenn die Daten von dem Feuerleitsystem der MiG-29 stammen. Das System ist ohne Radom 60,4 cm lang und wiegt ohne diesen cira 16 kg. Der Radom selbst kann hohen Temperaturen nur unzureichend widerstehen, weshalb die Höchstgeschwindigkeit der Rakete auf etwa Mach 3 limitiert ist, um so die Reibungshitze entsprechend zu reduzieren [1]. Das Radarsystem besitzt einen sogenannten „look-down“ (dt. etwa: „nach unten schauen“) Modus, wodurch es auch Ziele vor dem Hintergrund von Bodencluttern orten kann, wobei sich diese höchstens zehn Kilometer unter der Flughöhe der Rakete befinden dürfen.

Die R-77 navigiert während der Marschflugphase mittels ihres Inertialen Navigationssystems, welches die vermutete Position des Zieles anfliegt. Das Radar der Trägerplattform kann der Rakete auch kontinuierlich aktualisierte Kursdaten zur Verfügung stellen, wenn es noch auf das Ziel aufgeschaltet ist und der Pilot weiterhin auf dieses zufliegt. Bei einer vorausberechneten Entfernung von 20 bis 25 km aktiviert die Rakete dann ihr eigenes Radarsystem, um das Ziel aufzufassen und autonom zu bekämpfen.

Plattformen

Technische Daten

Wympel R-77
Kenngröße Daten
Hersteller    Wympel NPO
Länge    3,6 m
Startgewicht    175 kg
Durchmesser    0,2 m
Spannweite    0,7 m
Maximale Geschwindigkeit    ca. Mach 3 [1][2]
Antrieb    einstufiger Raketenmotor
Maximale Flugzeit    100 Sekunden [1]
Reichweite laut Rosoboronexport [2]    50 km (Jäger), bzw. 70 km (Bomber)
Reichweite laut FAS [3]    ca. 50 km; max. 90 - 100 km
Reichweite laut Jane's [1]    ca. 75 km
Reichweite laut Sinodefence.com [4]    50 - 80 km
Reichweite laut Encyclopedia Astronautica [5]    max. 90 km
Minimale Reichweite    0,3 km [1][2]
Maximale Flughöhe    25[2] - 30[1] km
Minimale Flughöhe    0,02 km [1][2]
Maximale Belastung    12 g [1]
Maximale Ziel-Manöver    9 g [2]
Lenkung    INS, Datenlink, Aktiv, HOJ
Gefechtskopf    22 kg HE-FRAG, hochexplosiv/„expanding rod“ [1][2]
Zündung    Laser-Annäherungs- und Aufschlagzünder

Vergleichbare Systeme

Quellen

  1. a b c d e f g h i Jane's Air-Launched Weapons 2002
  2. a b c d e f g Rosoboronexport - Aerospace Systems Export Catalogue 2005
  3. Federation of American Scientists - AA-12 ADDER / R-77, Zugriff am 16. Mai 2008
  4. Sinodefence.com - R-77 (AA-12) MEDIUM-RANGE AIR-TO-AIR MISSILE, Zugriff am 16. Mai 2008
  5. Encyclopedia Astronautica - R-77, Zugriff am 16. April 2008

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