- Ausschreitungen von Hoyerswerda
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Die Ausschreitungen von Hoyerswerda zwischen dem 17. und dem 23. September 1991 brachten die Stadt Hoyerswerda als Schauplatz von rassistischen Übergriffen und Demonstrationen ausländerfeindlicher Gesinnung in die Schlagzeilen.
Dies war das erste medialisierte Pogrom in den neuen Bundesländern nach der Wende und bildete den Auftakt zu einer Serie ausländerfeindlicher Ausschreitungen. Diese blieben zunächst auf die neuen Bundesländer beschränkt. Die Welle rechtsextremer Gewalttaten erfasste dann auch den westlichen Teil Deutschlands.
Inhaltsverzeichnis
Verlauf
Zu Beginn griff eine Gruppe überwiegend jugendlicher Neonazis vietnamesische Straßenhändler an. Nach dem Einschreiten der Polizei wurde daraufhin ein Wohnheim für Vertragsarbeiter, vorwiegend mosambikanischer Herkunft, angegriffen. Hierbei wurden viele Fenster des elfgeschossigen Hauses eingeworfen, woraufhin die Polizei das Gelände abriegelte.
In den darauf folgenden Nächten kam es zu weiteren Ausschreitungen sowie zu Angriffen auf Ausländer und deren Wohnungen. Am vierten Abend der Ausschreitungen zogen Neonazis und Sympathisanten vor das Asylbewerberheim der Stadt, das mit Steinen und Molotow-Cocktails beworfen wurde. Ausländer wurden daraufhin von Neonazis auch körperlich angegriffen, wozu ein Mob aus Anwohnern und Sympathisanten die Gewalttäter durch Zurufe und Applaus weiter anheizte. Ein kleinerer Anteil der anwesenden Bürger aus der Nachbarschaft versuchte beschwichtigend auf den Mob einzuwirken, blieb aber – ähnlich wie die Polizei – weitgehend erfolglos. Bei diesen rassistischen Ausschreitungen wurden 32 Menschen verletzt. Es kam aber nur zu drei Verhaftungen von Gewalttätern.[1]
Folgen
Alle Asylbewerber aus Hoyerswerda wurden – nach Darstellung der sächsischen Landesregierung „zu ihrem eigenen Schutz“ – evakuiert. Die meisten Vertragsarbeiter verließen innerhalb weniger Tage die Stadt. Hoyerswerda wurde „ausländerfrei“. Dieser durch Neonazis – in Anlehnung an den NS-Begriff „judenfrei“ – geprägte Begriff wurde zum Synonym für die Ausschreitungen von Hoyerswerda sowie 1991 das erste Unwort des Jahres, das die Gesellschaft für deutsche Sprache gewählt hatte.
Am 19. Februar 1993 kam es in Hoyerswerda zu einem Todesopfer rechter Gewalt. Der 22-jährige Mike Zerna wurde bei einem Überfall von rechten Skinheads auf Jugendliche vor dem Jugendklub „Dok 28“ zusammengeschlagen. Die Angreifer, darunter drei wegen fremdenfeindlicher Gewalttaten Vorbestrafte, prügelten auf Konzertbesucher und den Fahrer und Techniker der christlichen Gothic-Metal-Band Necromance aus Spremberg ein. Dann kippten sie ein Auto auf den am Boden liegenden Zerna. Sechs Tage später erlag er seinen Verletzungen. Nach Ansicht des Landgerichts Bautzen sind Polizei und Sanitäter mitverantwortlich für den Tod, weil sie erst eine Stunde nach dem Überfall am Tatort eingetroffen waren.[2] Bereits in der Nacht zum 11. Oktober 1992 wurde die Aushilfskellnerin Waltraud Scheffler bei einem Überfall auf ein Lokal im benachbarten Geierswalde so schwer verletzt, dass sie 13 Tage später starb. Scheffler hatte versucht, auf die mit "Sieg Heil"-Rufen eindringenden Skinheads einzureden. Doch ein Neonazi schlug ihr mit voller Wucht eine Holzlatte auf den Kopf.[3]
Die Stadt bemüht sich, das Bild in der Öffentlichkeit positiv zu beeinflussen und gegen Rechtsradikalismus vorzugehen. Im Erscheinungsbild Hoyerswerdas hat die Präsenz rechtsradikaler Jugendlicher zwar abgenommen,[4] es ist aber nach wie vor auch Zentrum rechtsradikaler Gruppierungen und Aktivitäten. So hat die NPD im Jahr 2006 hier den neuen Kreisverband Kamenz/Hoyerswerda gegründet, die zugehörige Jugendorganisation JN gehört zu den aktivsten in Sachsen.[5] Die JN organisierte hier im Jahr 2006 einen Gedenkmarsch, an dem 200 Personen teilnahmen, die den 15. Jahrestag der Ausschreitungen feierten. Die Polizei nahm mehr als 50 Gegendemonstranten vorübergehend fest.[6] Derartige Gedenkmärsche wurden auch in anderen Städten durchgeführt.
Bei Filmaufnahmen für das WDR Magazin Cosmo TV anlässlich des 20. Jahrestags der Ausschreitungen vor dem ehemaligen Gastarbeiterwohnheim kam es dort wiederum zu Pöbeleien und Beleidigungen gegenüber ehemals Betroffenen.[7][8]
Siehe auch
Literatur
- Jagdzeit in Sachsen. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1991 (online).
Weblinks
- ARD Bericht auf youtube.com
- Artikel in MUT, Internetplattform gegen Rechtsextremismus des Stern
- Der Tag der Schande für Hoyerswerda NZZ Online vom 11. Februar 2005
- "Rassismus ist hier Alltag" Wie geht die Stadt 20 Jahre danach mit ihrer Geschichte um?
Einzelnachweise
- ↑ wasistwas.de
- ↑ Tödlicher Hass: 137 Todesopfer rechter Gewalt, Der Tagesspiegel vom 15. September 2010
- ↑ Tödlicher Hass: 137 Todesopfer rechter Gewalt, Der Tagesspiegel vom 15. September 2010
- ↑ bpb.de
- ↑ lr-online.de
- ↑ redok.de
- ↑ Ghanaer nach 20 Jahren erneut angepöbelt; Lausitzer Rundschau vom 13. September 2011
- ↑ WDR, Cosmo TV, 20 Jahre Hoyerswerda, Was hat sich seitdem verändert? vom 18. September 2011
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