Liste von Initiativen gegen Rechtsextremismus in Deutschland

Liste von Initiativen gegen Rechtsextremismus in Deutschland

Diese Liste enthält in Deutschland gegen Rechtsextremismus tätige Initiativen. Diese Initiativen problematisieren Facetten, die vom Rechtsextremismus in Deutschland ausgehen, und bringen diese auf unterschiedliche Art und Weise in den öffentlichen Diskurs ein. Thematisiert wird dabei u. a. die Gewaltbereitschaft, die von Teilen der rechtsextremen Szene ausgeht (siehe dazu beispielsweise die Liste der Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland). Zum anderen richten sich rechtsextreme Ungleichheitsideologien gegen den demokratisch verfassten Rechtsstaat. Als anlassbezogenen Zusammenschluss von Bürgern oder zivilgesellschaftlichen Organisationen zum Zwecke der politischen Arbeit und Einflussnahme, haben diese Initiativen nicht immer eine rechtlich fixierte Organisationsform, sondern sind häufig ein mehr oder minder loser Zusammenschluss verschiedener Akteure. Einige Initiativen sprechen sich gegen jegliche Form von Extremismus aus, andere nur gegen Rechtsextremismus oder gegen Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (z. B. Rassismus, Sexismus oder Antisemitismus).

Initiativen gegen Rechtsextremismus werden präventiv tätig und können in drei Kategorien eingeteilt werden. Unter primärer Prävention werden Maßnahmen verstanden, die bereits im Vorfeld versuchen, Rechtsextremismus zu verhindern (z. B. Aufklärungsinitiativen oder Initiativen, die über Rechtsextremismus informieren). Sekundäre Präventionsmaßnahmen versuchen, auf Orientierungen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Risikogruppen einzuwirken (z. B. pädagogische Initiativen), während tertiäre Präventionen direkt mit Rechtsextremen arbeiten (z. B. Aussteigerinitiativen).[1] Aber auch Opferberatungen wenden sich als Initiative gegen den Rechtsextremismus, indem sie die Vorfälle dokumentieren und öffentlich thematisieren.

Bei Gegeninitiativen zum Rechtsextremismus kann zwischen staatlichen Präventions- und Repressionsmaßnahmen und zivilgesellschaftlichen Anstrengungen unterschieden werden.[2] Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus werden derzeit durch das Programm Kompetent für Demokratie und Vielfalt tut gut sichergestellt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges gab es zahlreiche Täter und Mitläufer des Hitler-Regimes, die nicht zur Rechenschaft gezogen, frühzeitig aus der Haft entlassen wurden und sich zunehmend in der Bundesrepublik einrichteten. Um diese Einflüsse zurückzudrängen, haben sich bereits früh Initiativen gegründet, die sich gegen faschistische bzw. rechtsextreme Tendenzen betätigten. Auch Initiativen, die sich gegründet hatten, um den Opfern des Naziregimes Verhör zu verschaffen, engagieren sich gegen aktuelle rechtsextreme Tendenzen. Eine weitere Gruppe an Initiativen, die sich gegen den Rechtsextremismus engagieren, tut dies auf Grund von moralischen Kategorien, die Adorno mit seiner Forderung, dass sich Auschwitz nicht wiederhole, treffend auf den Punkt gebracht hat.

Seit Ende der 1980er Jahre gibt es zudem rechtsextreme Parteien, die immer wieder den Einzug in Parlamente auf Landes-, Bundes- und Europaebene geschafft haben. Besonders die Gewaltwelle nach der deutschen Wiedervereinigung (siehe auch: Ausschreitungen von Hoyerswerda (1991), Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen (1992), sowie die Mordanschläge in Mölln (1992) und Solingen (1993)). Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder rief 2000 nach dem Anschlang auf eine jüdische Synagoge zu einem "Aufstand der Anständigen" auf.[3] Zahlreiche politische Initiative gründeten sich in der Folge. Zudem legte die Bundesregierung das Bundesprogramm Jugend für Toleranz und Demokratie auf, das Initiativen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus finanzielle und organisatorisch unterstützte. Damit einher ging auch eine breite gesellschaftliche Aufwertung des Engagements gegen Rechtsextremismus einher.

Staatliche Gegeninitiativen

Bundesebene

Abgeschlossene Programme

  • CIVITAS Präventionsprogramm für Ostdeutschland
  • Entimon
  • Xenos Leben und Arbeiten in Vielfalt
  • komplex - Kommunikationsplattform gegen Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz im Rahmen des Bundesprogramms
  • kompetent. für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus (von 2007 bis 2010)

Aktuelle Programme

  • Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) (Vernetzungsplattform, seit 2000)
  • XENOS - Integration und Vielfalt (Teil des nationalen Integrationsplans der Bundesregierung, von 2008 bis 2012)
  • Toleranz fördern – Kompetenz stärken (ab 2011 bis voraussichtlich 2013)
  • Zusammenhalt durch Teilhabe

Landesebene

  • Baden-Württemberg: Beratungs- und Interventionsgruppe gegen Rechtsextremismus (BIG Rex / Landesweites Aussteigerprogramm)
  • Berlin: Berliner Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
  • Bremen: Jugend für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz - gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
  • Hessen: beratungsNetzwerk hessen - Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus
  • Mecklenburg-Vorpommern: Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!
  • Rheinland-Pfalz: Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz
  • Saarland: Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus im Saarland
  • Sachsen: Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz
  • Thüringen: Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit
  • Nordrhein-Westfalen: Aussteigerprogramm Rechtsextremismus (nrw.direkt: 0180 3 100 110)

Nichtstaatliche Gegeninitiativen und Organisationen

Bürgerinitiativen

  • Aktion Zivilcourage e. V., Pirna
  • Aktionsbündnis Courage, Pößneck
  • Bürger.Courage, Dresden
  • Sinninger Initiative gegen Rechts

Opferberatung

Zahlreiche Initiativen engagieren sich für Minderheiten und Opfer rechtsextremer Gewalt, denen neben körperlichen und seelischen Verletzungen auch finanzielle Schäden zugefügt wurden (Opferberatung). Darüber hinaus werden auch Präventivmaßnahmen durchgeführt (z. B. durch Informations- und Aufklärungsveranstaltungen). Zu den Opfern von Übergriffen mit rechtsextremistischem Hintergrund zählen Obdachlose, Linke und alternativ-aussehende Jugendliche, Migranten und Menschen mit Behinderungen.

  • agOra
  • Amal – Hilfe für Betroffene rechter Gewalt in Sachsen
  • Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Frankfurt (Oder) (BORG)
  • Lobbi e. V. – Landesweite Opferberatung, Beistand und Information für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern
  • Mobile Beratungsteams des Kulturbüro Sachsen e. V.[4]
  • Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt in Sachsen-Anhalt
  • Opferperspektive
  • Opferberatung der RAA Leipzig
  • Online-Beratung gegen Rechtsextremismus
  • ReachOut – Beratungs- und Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus e. V. in Berlin
  • Thüringer Hilfsdienst für Opfer rechtsextremer Gewalt – Opferberatung für Opfer rechtsextremer Gewalt, ihre Angehörigen, Freunde und Zeugen

Informationsmedien

Stiftungen und Fördermöglichkeiten

Preise

Aussteigerprogramme

  • EXIT Deutschland – Im Jahr 2000 vom ehemaligen Neonazi-Anführer Ingo Hasselbach mitgegründete Aussteiger-Initiative für ausstiegswillige noch aktive Rechtsextremisten
  • (R)AUSwege - Beratung und Hilfen für Aussteiger aus dem Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz
  • Aktion Neustart - Aussteigerprogramm des Niedersächsischen Verfassungsschutzes

Siehe auch

Initiativen in anderen Ländern

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Frindte, Siegfried Preiser: Präventionsansätze gegen Rechtsextremismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 11/2007, S. 32–38, hier S. 34.
  2. Christian Demuth: Was tun? Und was lassen? Erfolgsbedingungen und Hinderungsfaktoren von Initiativen gegen Rechtsextremismus. In: perspektive 21 – Brandenburgische Hefte für Wissenschaft & Politik, Heft 36, Dezember 2007, S. 61–70, hier S. 61f.
  3. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,96537,00.html
  4. [www.kulturbuero-sachsen.de]

Literatur

  • Freudenberg Stiftung (Hg.): Demokratie lernen und leben. Eine Initiative gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Gutachten und Empfehlungen, Weinheim
Bd. 1: Roland Eckert, u. a.: Probleme - Voraussetzungen - Möglichkeiten, Weinheim :Freudenberg Stiftung, 2001, ISBN 3-935696-01-9
Bd. 2: Anne Sliwka: Das anglo-amerikanische Beispiel, Weinheim : Freudenberg Stiftung, 2001, ISBN 3-935696-02-7
  • Christiane Rajewsky, Adelheid Schmitz: Wegzeichen. Initiativen gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit, Tübingen: Verein für Friedenspädagogik, 1992, ISBN 3-922833-74-8

Weblinks


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