Rammsporn

Rammsporn
Modell einer Bireme mit Rammsporn

Unter Rammsporn (oder Schiffsschnabel) versteht man eine Erweiterung des Bugs eines Kriegsschiffes. Sein Zweck ist es, den Gegner unterhalb der Wasserlinie zu rammen, und durch den Durchbruch durch die Planken möglichst zu versenken oder manövrierunfähig zu machen.

Inhaltsverzeichnis

Antike Ursprünge

Rammsporn eines griechischen Kriegsschiffes aus Bronze (2. Jh. v. Chr.)

Der Gebrauch des Rammsporns ist entsprechend einer Abbildung auf einem attischen Krater[1] mindestens seit Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. belegt. Weitere Darstellungen auf einem Relief aus dem Palast Sanheribs[2] wurden auf 701 v. Chr., eine Inschrift am Grab König Sargons auf das 7. Jahrhundert v. Chr. datiert. Phönizische, griechische und römische Kriegsschiffe waren regelmäßig damit ausgerüstet und bis zum dritten Jahrhundert v. Chr. waren Rammsporne die wesentlichen Waffen im Seekrieg. Ab dann kamen zunehmend Fallbrücken (lateinisch sambuca, griechisch sambyke) zum Einsatz, um gegnerische Schiffe zu entern. Griechisch nannte man den Rammsporn embolon (das Hineingetriebene), lateinisch rostrum (das Nagende). Erbeutete Schiffsschnäbel stellten die Römer als Siegestrophäen zur Schau. Die betreffende Stelle in Rom wurde in republikanischer Zeit in Ableitung vom Begriff rostrum rostra (die Schiffsschnäbel) genannt und bezeichnete in der Folge ein Rednerpodest, weil an der gleichen Stelle Redner zum Volk zu sprechen pflegten.

Bisher konnten kaum Überreste antiker Rammsporne geborgen werden. In einer Lagune vor Stagnone wurden 1971 die Reste zweier punischer Galeeren gefunden. Bei einer war der Rammsporn am Kiel noch erhalten. Später fand man einen ähnlichen Rammsporn vor der Küste Israels. Er ist aus Bronze und wiegt 800 Kilogramm.[3]

Weitere Entwicklung

Rammbug der Katapulten, die dem Seekrieg neue Möglichkeiten gaben, blieb die Technik des Rammens weit über die Antike hinaus von Bedeutung. Selbst wenn es damit nur selten gelang, gegnerische Schiffe unmittelbar zu versenken, konnten die Ruder des Gegners abgeschoren und somit dessen Schiff manövrierunfähig gemacht werden. Zum letzten entscheidenden Einsatz von Rammspornen kam es 1571 in der Seeschlacht von Lepanto. Die Rammsporne der damaligen Galeassen waren überaus mächtig und eisenverstärkt.[4] Mit der zunehmenden Verbreitung schwerer Schiffsartillerie nahm die Bedeutung des Rammsporns danach ab. In nennenswertem Umfang spielten sie zuletzt in der Seeschlacht von Lissa 1866 eine Rolle. Bis zum Ersten Weltkrieg hatte sich der Rammsporn bei Kriegsschiffen zu einem Rammbug verkleinert. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde der Rammstoß fast nur noch von Überwasserschiffen gegen aufgetauchte U-Boote eingesetzt.

Parallelen

Auch bei heutigen Schiffen ist die Bugspitze oft baulich verstärkt. Obwohl in der Form ähnlich, handelt es sich dabei aber um keinen Rammsporn. Vielmehr dient ein solcher Wulstbug der Verbesserung des Auftriebs und der Verminderung des Wasserwiderstands.

Literatur

  • Stefan Link: Wörterbuch der Antike. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-520-09611-0.
  • John Morrison: Die athenische Triere. Phillip von Zabern Verlag, Mainz, ISBN 3-8053-1125-7.
  • Bernhard Crochet: Geschichte der Schiffahrt. Delius Klasing Verlag, ISBN 3-7688-0912-9.
  • Björn Landström: Das Schiff. Prisma Verlag, Gütersloh 1983
  • Olaf Höckmann: Antike Seefahrt. Beck Verlag, München 2001, ISBN 3-406-30463-X.
  • August Köster: Das antike Seewesen. de Gruyter, 1969, ISBN 3-11-001356-8.
  • Jürgen Hausen: Schiffbau in der Antike. Koehlers Verlagsgesellschaft, 1979, ISBN 3-7822-0197-3.
  • Arvid Göttlicher: Die Schiffe der Antike. Gebrüder Mann, Berlin 1985, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 1985, ISBN 3-7861-1419-6.
  • Richard Hennig: Abhandlungen zur Geschichte der Seefahrt. Fischer, Jena 1928

Weblinks

Einzelnachweise

  1. John Morrison: Die athenische Triere. Phillip von Zabern Verlag, Seite 47
  2. ebenda, Seite 51
  3. Bernhard Crochet: Geschichte der Schiffahrt. Delius Klasing Verlag, Seite 12
  4. Björn Landström: Das Schiff. Prisma Verlag, Gütersloh, Seite 135

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