- Randall-Sundrum-Modell
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Das Randall-Sundrum-Modell ist in der modernen theoretischen Physik ein mathematischer Ansatz zur Beschreibung der Grundkräfte im Universum. Es wurde 1999 von den Physikern Lisa Randall und Raman Sundrum vorgeschlagen und beschreibt das Universum mit Einführung einer einzigen weiteren Dimension als gekrümmtes, fünfdimensionales Raum-Zeit-Modell, konkret als Anti-de-Sitter-Raumzeit (abgekürzt AdS5).
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
Das Randall-Sundrum-Modell, von Randall als 5-dimensional warped geometry theory (dtsch. Theorie einer fünfdimensionalen Raumgeometrie) bezeichnet, entstand als Lösungsversuch des Hierarchieproblems im Standardmodell der Teilchenphysik. Die Theorie gründet auf Vorarbeiten von Petr Horava und Edward Witten für das Horava-Witten-Modell. Genaugenommen existieren eigentlich zwei Randall-Sundrum-Modelle, die mit RS-1 und RS-2 bezeichnet werden, wobei das zweite Modell eine Erweiterung des ersten Ansatzes darstellt.
RS-1 Modell
Wie im Horava-Witten-Modell befinden sich auch im Randall-Sundrum-Modell 1 die vom Standardmodell her bekannten Elementarteilchen in einer von zwei Grenzwelten, die sich jeweils an den entgegenliegenden Seiten einer Extradimension befinden. Sowohl das Horava-Witten-Modell als auch das Randall-Sundrum-Modell 1 beschreiben jede dieser Grenzwelten als 3+1-dimensionale Branes (drei räumliche Dimensionen, eine zeitliche Dimension).
Unser sichtbares Universum samt den darin wirkenden Grundkräften elektromagnetische, schwache und starke Wechselwirkung ist danach eine dieser Grenzwelten. Die andere Grenzwelt und der dazwischenliegende leere Raum (Bulk) sind verborgen, da Elementarteilchen und Licht nicht in den Zwischenraum gelangen können. Das Elementarteilchen (Graviton), das die Schwerkraft überträgt, kann den Bulk durchdringen und Materie in beiden Grenzwelten miteinander verbinden. Die Schwerkraft kann als einzige Grundkraft in beiden Grenzwelten wirken.
Im Randall-Sundrum-Modell 1 hat die fünfte Dimension eine endliche Ausdehnung, sie ist an beiden Enden durch Branen begrenzt, von denen die eine die uns bekannte vierdimensionale Welt darstellt.
RS-2 Modell
Das später entwickelte Randall-Sundrum-Modell 2 erweitert das Randall-Sundrum-Modell 1 und vereinfacht es in einem wesentlichen Detail, in dem es mit einer statt zwei Branen auskommt. Hierbei ist die fünfte Dimension unbegrenzt. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Gravitonen in der fünften Dimension ist auf die Nähe unserer Welt konzentriert und nimmt darüber hinaus exponentiell ab. Die Ausdehnung der Wirkung der Gravitation auf eine unbegrenzte fünfte Dimension könnte erklären, warum die Gravitation um so viele Größenordnungen schwächer ist als die übrigen Wechselwirkungskräfte.
Relevanz des Randall-Sundrum-Modells
Das Randall-Sundrum-Modell bietet die Möglichkeit, mehrere fundamentale Probleme der Physik zu lösen:
- So erklärt das Randall-Sundrum-Modell unter Zuhilfenahme des Higgs-Mechanismus, warum Elementarteilchen eine Masse haben, jedoch die Schwerkraft - verglichen mit den anderen Wechselwirkungskräften - um ein Vielfaches schwächer ist.
- Außerdem zeigten Arbeiten von Lisa Randall und Matthew Schwartz sowie Alex Pomarol, dass nicht nur die Superstringtheorie mittels der Supersymmetrie ein konsistentes Modell beschreibt, welches die Vereinheitlichung aller bislang bekannten Grundkräfte ermöglicht. Auch das Randall-Sundrum-Modell vermag dieses unabhängig davon.
Die Bedeutung des Randall-Sundrum-Modells besteht darin, dass es als erstes Modell der Branenkosmologie eine unendlich große, also nicht kompaktifizierte, Extradimension ermöglicht. Es benötigt deswegen auch keine winzig klein zusammengerollte Dimensionen, um die Wirkung der Schwerkraft und die Wirkung der übrigen Grundkräfte mathematisch einheitlich zu beschreiben. Diese winzig klein zusammengerollten Dimensionen hatte Oskar Klein 1926 vorgeschlagen, um alle damals bekannten Grundkräfte mathematisch einheitlich in Form einer "Weltformel" beschreiben zu können. Kleins Vorschlag wurde später im Rahmen der Stringtheorie aufgegriffen und erweitert.
Experimenteller Nachweis
Da der experimentelle Nachweis der von der Stringtheorie vorhergesagten Effekte erst in exzessiv hohen Energiebereichen möglich ist, würden die heute bekannten Verfahren zur Teilchenbeschleunigung Anlagen benötigen, die Abmessungen von der Größenordnung unserer Galaxie erforderten. Aus diesem Grund galt die Stringtheorie viele Jahre lang als nicht überprüfbar. Das Randall-Sundrum-Modell liefert im Gegensatz dazu Vorhersagen (z.B. die Existenz von Kaluza-Klein-Teilchen), die mit dem Large Hadron Collider im Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf überprüft werden können.
Weiterentwicklung des Randall-Sundrum-Modells
Das Randall-Sundrum-Modell stellt das erste Branenmodell dar. Im Laufe der letzten Jahre wurden viele weitere Modelle entwickelt, die sich in ihren Auswirkungen (z.B. auf die Expansion des Universums) zum Teil deutlich von dem ursprünglichen Modell unterscheiden. So wurde der im RS-Modell angenommene leere Bulk durch Modelle mit einem Skalarfeld im Bulk, wie beim Ekpyrotischen Szenario und dem Zyklischen Universum erweitert. Hier werden die Branen in Wechselwirkung mit dem Skalarfeld dynamisch und können gegeneinander schwingen und sich sogar durchdringen.
Literatur
- H. Davoudiasl, J.L. Hewett, T.G. Rizzo: Experimental Probes of Localized Gravity: On and Off the Wall, Physical Review D63 (2001) 075004.
- Lisa Randall, Raman Sundrum: Large Mass Hierarchy from a small Extra Dimension, Physical Review Letters 83 (17): 3370-3373.doi: 10.1103/PhysRevLett 83.3370 (1999)
- Lisa Randall: Verborgene Universen. Eine Reise in den extradimensionalen Raum, Frankfurt 2006, ISBN 3-10-062805-5 (Orig.: Warped Passages. Unraveling the Mysteries of the Universe's Hidden Dimensions, New York 2005, ISBN 0-06-053109-6)
- Steven S. Gubser, Joseph D. Lykken: Strings, branes and extra dimensions. World Scientific, Singapore 2004, ISBN 981-238-788-9
- Katherine Benson: Matter and Gravity in Warped Extradimensional Models: Reinterpreting Randall-Sundrum. Journal of High Energy Physics, Proceedings of Science, JHW 2004, pdf online bei arxiv
Weblinks
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