Ratiopharm

Ratiopharm
Ratiopharm GmbH
Ratiopharm-Logo
Rechtsform GmbH
Gründung 1973
Sitz Ulm, Deutschland
Leitung Sven Dethlefs (Geschäftsführer)
Mitarbeiter 5417 (2007)[1]
Umsatz 1,9 Mrd. EUR (2008) weltweit
840 Mio. EUR (2008) Deutschland
Branche Pharmazeutische Industrie
Website ratiopharm.de

Die Ratiopharm GmbH (Eigenschreibweise: ratiopharm GmbH), ein Unternehmen der israelischen Teva Pharmaceutical Industries Ltd., ist ein 1973 von Adolf Merckle gegründetes deutsches Pharmaunternehmen mit Sitz in Ulm. Geschäftsfelder sind das international ausgerichtete Generikageschäft, die Entwicklung von Biosimilars und die Produktion sowohl für die herkömmlichen chemischen Produkte als auch für die Herstellung von biopharmazeutischen Wirkstoffen und biopharmazeutischen Endprodukten.

Inhaltsverzeichnis

Aktivitäten

Die Produktpalette umfasst über 750 verschreibungspflichtige und verschreibungsfreie („OTC“) Generika, die ausschließlich über Apotheken vertrieben werden. Damit verfügt das Unternehmen über das größte Produktsortiment der Branche. Nahezu alle Anwendungsgebiete, von Allergien über Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magen-Darm-Problemen bis hin zu Zahnschmerzen werden abgedeckt.

In Deutschland beläuft sich der Umsatz auf 840 Mio. Euro. Der Gesamtumsatz beträgt 1,9 Mrd. Euro. Mit jährlich 170 Millionen Packungen stellt Ratiopharm Deutschlands meistverwendete und meistverordnete Arzneimittelmarke dar. Ratiopharm ist in 25 Ländern mit Niederlassungen vertreten, erhältlich sind die Produkte in 35 Ländern. Weltweit beschäftigt die Ratiopharm-Gruppe 5417 Mitarbeiter, davon 2846 in Deutschland (2007).

Geschichte

Geschäftszahlen
Jahr Umsatz weltweit
in Mio. Euro
Umsatz in Dt.
in Mio. Euro
2001 816
2002 931
2003 1.101 421
2004 1.459 673
2005 1.615 864,4
2006 1.702 815,1
2007 1.819 819,4
2008 1.900 840
Alte Geschäftszahlen
Jahr Umsatz
in Mio. Mark
1974 0,25
1975 2,5
1989 371

Die ratiopharm GmbH wurde 1973 von Adolf Merckle in Blaubeuren als 100-%-Tochter der Merckle GmbH gegründet. Ein Meilenstein in der Firmengeschichte war die Einführung des Antibiotikums Doxycyclin-ratiopharm 1979. Die Zulassung des Generikums musste vor Gericht gegen den Widerstand des Originalherstellers erkämpft werden. Mit dem Gerichtsurteil wurde eine entscheidende Voraussetzung für die künftige Akzeptanz von Generika in Deutschland geschaffen. 1985 erfolgte die Einführung der sogenannten OTC-Arzneimittel, die ohne Verschreibungspflicht in den Apotheken erhältlich sind. Die ratiopharm International GmbH wurde 1988 gegründet, 1993 erfolgte die Gründung der auf den Vertrieb von Generika spezialisierten Tochtergesellschaft AbZ-Pharma GmbH.

Im Jahr 2000 stieg Ratiopharm zum führenden Generika-Anbieter in Europa auf. Im gleichen Jahr erfolgte die Übernahme von Kanadas drittgrößtem Generika-Hersteller Technilab (inzwischen ratiopharm Canada). 2002 wurde ribosepharm von Fujisawa Pharmaceutical (Onkologie-Produkte) übernommen. Ab 2003 begann Ratiopharm eine neue Werbespotaktion fürs Fernsehen, in der Zwillingspaare auftraten, u. a. Folke und Gyde Schmidt mit dem Slogan Gute Preise, gute Besserung der Werbeagentur der Heye Group GmbH aus Unterhaching.[2] 2004 erfolgte die Übernahme von Magnafarma, dem drittgrößten niederländischen Generika-Hersteller. Im selben Jahr war Ratiopharm weltweit bereits in 24 Ländern präsent. Im Oktober 2005 wurde der jüngste Entwicklungsstandort von Ratiopharm in Goa in Indien eröffnet.

Im August 2005 übernahm Philipp Daniel Merckle die alleinige Gesamtverantwortung für die ratiopharm Gruppe weltweit. Im Herbst 2006 gründete er die Stiftung World in Balance, die – neben dem Engagement für soziale Projekte – Ausdruck für seine Auffassung von ethischem Unternehmertum und verantwortungsvollem Handeln ist. World in Balance wurde bis Ende des Jahres 2008 als sichtbares Zeichen des sozialen Engagements in die öffentliche Kommunikation der ratiopharm Gruppe eingebunden.

Im März 2008 gab Ratiopharm bekannt, dass sich Philipp Daniel Merckle zum Ende des Monats aus dem operativen Geschäft der Ratiopharm-Gruppe zurückziehen und in den Beirat der Unternehmensgruppe wechseln werde. Sein Nachfolger wurde Wirtschaftsingenieur Oliver Windholz.[3]

Am 5. Januar 2009 beging der Firmengründer Adolf Merckle aufgrund der Finanzprobleme in seinem Unternehmensimperium Schienensuizid.

Im Februar 2009 wurde der Verkauf von Ratiopharm beschlossen, nachdem die Merckle Unternehmensgruppe nach Fehlspekulationen in Schieflage geraten war.[4] Mitte März 2010 wurde der Verkauf an Teva für 3,6 Mrd. € bekanntgegeben; letzte Konkurrenten im Bieterwettstreit um Ratiopharm waren die Pharmaunternehmen Pfizer und Actavis. Am 3. August 2010 wurde die Übernahme von der EU-Kommission nach der EU-Fusionskontrollverordnung unter Auflagen genehmigt [5].

Unternehmenskritik

Im Jahr 2005 wurde der Pharmakonzern beschuldigt, Ärzten systematisch Geld dafür zu zahlen, dass sie Ratiopharm-Produkte bevorzugt verschreiben. Dies sei durch E-Mails, Schecks und interne Dokumente belegt, die der Zeitschrift Stern vorlägen. Um seinen Marktanteil an verschriebenen Medikamenten zu erhöhen, habe Ratiopharm Ärzten die Praxissoftware „Doc Expert“ bezahlt, eine Software, die dem Arzt bevorzugt Ratiopharm-Produkte vorschlägt. Besonders kooperative Ärzte seien regelmäßig mit sogenannten „V.O.M.-Schecks“ (Abkürzung für Verordnungsmanagement) in Höhe von 2,5 % des Apotheken-Verkaufspreises pro Medikament belohnt worden. Zahlungen an Ärzte seien hierfür oft als Referentenhonorar oder Patientenseminar getarnt worden. Bis 2003 seien die Vergütungen an Ärzte zu einem großen Teil auch als Sachgeschenke wie Espressomaschinen, Mikrowellen etc. geleistet worden.[6]

Am 18. November 2005 teilte der Eigentümervertreter Philipp Daniel Merckle die Abberufung und sofortige Freistellung des Vorsitzenden der Geschäftsführung, Claudio Albrecht sowie des Finanzvorstandes Peter Prock mit; Hintergrund sollen aggressive Vertriebspraktiken sein. Merckle, der erst kurz zuvor die Firmenleitung übernahm und unter seiner Führung ein neues christlich geprägtes Ethos ankündigte,[7] gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Die Folgen der bisherigen Führung sind mir in vielem zutiefst zuwider.“[8]

Im Dezember 2005 stellte die Staatsanwaltschaft Ulm die aus diesem Artikel resultierenden Ermittlungen wegen Verdachtes der Untreue und des Betruges aus Rechtsgründen ein.

Im April 2006 korrigierte die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart diese Entscheidung und ordnete erneut Ermittlungen gegen Ratiopharm wegen des Verdachts auf Beihilfe zu Betrug und Untreue an. Es sollte geprüft werden, ob das Pharmaunternehmen Ärzte mit bestimmten Vergünstigungen dazu gebracht hat, Ratiopharm-Produkte zu verschreiben, obwohl sie günstigere Konkurrenzmittel hätten verschreiben müssen. Im November 2006 wurden die Ratiopharm-Firmenzentrale sowie acht Privatwohnungen von Ratiopharm-Mitarbeitern von der Landespolizeidirektion Tübingen durchsucht.[9] Im Dezember 2006 wurden Wohnungen und Geschäftsräume von knapp 400 ehemaligen und aktiven Außendienstmitarbeitern durchsucht.[10] Die Staatsanwaltschaft Ulm gab die Verfahren 2009 an die nach den Wohnorten zuständigen Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland ab. Daraufhin wurden einige der Verfahren eingestellt, da kein Vermögensschaden entstanden sei.[11]

Am 30. Oktober 2010 hat das Amtsgericht Ulm erstmals in Deutschland zwei niedergelassene Ärzte einer Gemeinschaftspraxis aus dem nördlichen Alb-Donau-Kreis wegen Bestechlichkeit zu Haftstrafen von einem Jahr auf Bewährung und einer Geldbuße in Höhe von 20.000 Euro verurteilt, weil sie innerhalb des Zeitraums von 2002 bis 2005 rund 14 Schecks über insgesamt 19.180 Euro vom Arzneimittel-Hersteller Ratiopharm erhielten.[12] Die Anwälte der Ärzte legen Rechtsmittel vor dem Landgericht Ulm ein. Auch das Landgericht Hamburg ließ eine Anklage der Staatsanwaltschaft vor der großen Wirtschaftsstrafkammer zu. Angeklagt wegen Bestechlichkeit sind in diesem Fall der Arzt Reinhard B. aus Hamburg-Altona und die Ratiopharm-Pharmareferentin Kerstin R. aus Hamburg-Wandsbek. Der Arzt erhielt für das bevorzugte Verschreiben von Ratiopharm-Arzneimittel für seine Patienten im Zeitraum von Februar 2004 bis August 2005 rund 11.000 Euro.[13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Unternehmensportrait: Informationen zum Unternehmen
  2. http://www.bremer-zwillinge.de/twinz15-a.htm
  3. Presseinformation vom 13. März 2008
  4. Bericht auf gmx.de
  5. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 3. August 2010
  6. Markus Grill: Der Pharma-Skandal Stern 46/2005
  7. Prophet der Billigmedizin. In: Die Zeit. 24. Juni 2007
  8. Ratiopharm-Chef Albrecht geschaßt. In: FAZ. 18. November 2005
  9. Markus Grill: Razzia bei Ratiopharm
  10. Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Firma ratiopharm führt zu Durchsuchungen in neun Objekten – Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Ulm vom 7. November 2006
  11. http://www.swp.de/nachrichten/wirtschaft/Wirtschaft-Ratiopharm-Vertriebsmethode-nicht-strafbar;art955,314366?fCMS=78b6108dc5998367c778afb15e1de2b0
  12. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,725956,00.html
  13. http://www.abendblatt.de/hamburg/article1680168/Bestechlichkeitsvorwurf-gegen-Hamburger-Aerzte.html
48.3610824519449.9388504027778

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