- Rauchfetischismus
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Als Rauchfetischismus (auch Capnolagnia) bezeichnet man eine Form des Fetischismus, die das Tabakrauchen in Form von Zigaretten, Zigarren, seltener auch Pfeifen im Blickfeld hat. Rauchfetischisten empfinden den Anblick rauchender Personen als sexuell erregend und/oder als ästhetisch, wobei die Stärke dieser Empfindung variiert.
Inhaltsverzeichnis
Mögliche Ursachen für diese Form des Fetischismus
Eine offizielle psychologische Begründung für den Rauchfetischismus ist bislang noch nicht gefunden worden, im privaten Kreis gibt es jedoch bereits Thesen, die durch Selbstanalyse von Betroffenen erstellt wurden. Eine genauere wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens steht also noch aus. Ein möglicher optischer Zusammenhang mit der Rauchware als Phallussymbol wird erwähnt, darüber hinaus auch die in Folge diesen Bildes denkbare Vorstellung der Feminisierung und Entmachtung des nichtrauchenden Mannes durch die rauchende Frau. Verstärkt wird dies durch das traditionell für Frauen nicht übliche Rauchen, die damit in eine männliche Domäne eindringt.[1] Als es für Frauen gesellschaftlich verpönt war zu rauchen, gewann das Bild einer rauchenden Frau zusätzlich an Erotik. Ebenfalls aus früheren Zeiten und stärker auf Frauen bezogen, waren die Darstellungen in älteren Epochen der Filmgeschichte, insbesondere aus der Zeit des Film Noir.
Durch Zunahme von Anti-Rauch-Kampagnen (vgl. Weltnichtrauchertag) wird das Rauchen mehr und mehr zu einer Regelübertretung oder einem Tabu; erotisierte Bilder von rauchenden Personen gewinnen möglicherweise einen Teil ihrer Ausstrahlung dadurch, dass sie den Bruch eines solchen Tabus darstellen. In manchen Zusammenhängen der sadomasochistischen Subkultur wird das Rauchen ritualisiert und erotisiert, wobei allgemein derjenige als dominanter Teil der Beziehung verstanden wird, der raucht, beziehungsweise das Rauchen und die Rauchwaren als Machtmittel einsetzen kann. [2]
Verbreitung und soziale Stellung
In den letzten Jahren wird der Rauchfetischismus – wegen der schwindenden Akzeptanz des Rauchens selbst – in den westlichen Kulturen zunehmend für sozial inakzeptabel gehalten. Aus diesem Grund bekennen sich Anhänger des Rauchfetischismus oft nur ungern dazu, weshalb seine tatsächliche Verbreitung in der Gesellschaft nicht exakt geschätzt werden kann. Er scheint jedoch in allen Kulturen vorzukommen, wie einschlägige Web-Angebote aus Asien, Nord- und Südamerika sowie Europa zeigen.
Es werden üblicherweise nur rauchende Frauen thematisiert, da der Fetisch überwiegend von heterosexuellen Männern entwickelt wird und sich in den Medien auch beinahe ausschließlich als Phänomen dieser Bevölkerungsgruppe darstellt. Es gibt allerdings auch homosexuelle Rauchfetischisten beider Geschlechter[2], deren Verbreitung und Vorlieben aber weitgehend unbekannt sind.
Kultur und Geschichte
Aufgrund der schätzungsweise relativ geringen Verbreitung des Rauchfetischismus war dieses Phänomen vor dem Aufkommen des Internets weitgehend unbekannt. Dann trafen sich Anhänger des Fetischs jedoch online, tauschten oder verkauften Bilder rauchender Frauen, Kurzgeschichten, berichteten von Beobachtungen (sogenannten "Sightings") oder diskutierten in Foren. Einige der ersten Newsgroups zu diesem Thema waren alt.smokers.glamour (ASG) und alt.sex.fetish.smoking (ASFS). Zusätzlich zu solchen freien Adressen, die oft eingescannte Bilder aus Zeitschriften oder eigene Schnappschüsse anbieten, sind inzwischen zahlreiche kommerzielle Internet-Angebote entstanden, bei denen man Videos von Fotomodellen, die vor der Kamera rauchen, erwerben kann. Beispielsweise baut Andrew Blake, ein bekannter Produzent erotischer Hochglanzfilme aus dem Bereich des sexuellen Fetischismus, das Rauchen gelegentlich als Element meist in Zusammenhang mit lesbischer Erotik in seine Filme ein.[3]
Generell ist die Ausprägung des Rauchfetischismus an sich so differenziert, dass auch die im Internet anzutreffenden Angebote in ihrem Inhalt stark variieren. Während man auf einigen Websites Bilder und Videos von nackten oder sogar nackten schwangeren Raucherinnen finden kann, fokussieren sich andere beispielsweise auf möglichst kreative Arten des Rauchens und auf die optimale Darstellung der Persönlichkeit einer Raucherin. Allgemein kann man festhalten, dass die Angebote so differenziert sind wie der Fetisch selbst und aus diesem Grunde kein spezieller Phänotyp des Rauchfetischismus genannt werden kann, sondern allenfalls Charakteristika, die von der Mehrheit aller Betroffenen geteilt werden.
Arten des Rauchfetischismus
Der Begriff "Rauchfetischismus" ist ein Oberbegriff für verschiedene Arten des Fetischismus, die mit dem Rauchen in Zusammenhang stehen. Grob unterteilt gibt es dabei zwei deutlich erkennbare Richtungen, die sogenannte „Light Side“ und als ihr Pendant die sogenannte „Dark Side“, mit fließenden Übergängen in den fetischistischen Praktiken. Generell empfinden aber Anhänger der "Light Side" die Praktiken der "Dark Side" als abstoßend und umgekehrt; die Begriffe an sich spiegeln die Gegensätzlichkeit dieser beiden Arten des Rauchfetischismus deutlich wider.
Light Side
Einige, aber nicht alle Fetischisten teilen eine Faszination für die gemeinhin als positiv betrachteten Seiten des Rauchens (Entspannung, Wohlbefinden, Ästhetik, soziale Aspekte etc.); diese Stilrichtung bezeichnet man oft als "helle Seite" (Light Side). Die negativen Konsequenzen, die sich aus dem Rauchen ergeben (Abhängigkeit [in der Mehrzahl der Fälle chronisch], gesundheitliche Beeinträchtigungen jedweder Form, veränderter Geruch, Kosten etc.), werden von den Anhängern jener Art bewusst verharmlost und/oder als sexuell unattraktiv empfunden. Einige Betroffene tun sogar so, als sei das Rauchen gesund, zumindest aber kaum schädlich. Praktiken sind vor allem als sinnlich empfundene Rauchtechniken, beispielsweise das Ziehen des Rauches vom Mund in die Nase ("French Inhale"), oder das Übertragen von Rauch beim Küssen ("Smokey Kisses"), zum Teil auch während des Geschlechtsaktes.
Dark Side
Auf der anderen Seite gibt es Fetischisten, welche die süchtig machenden Eigenschaften des Nikotins und den gesundheitsschädigenden Aspekt des Rauchens erotisierend finden, und so gibt es eine Art des Rauchfetischismus, oft die "dunkle Seite" (Dark Side) oder "Lungenschädigung" genannt, die sich mit Frauen beschäftigt, die durch das Rauchen beeinträchtigt sind und sich selbst (oder gar ihr zukünftiges Baby) schädigen. Auch das sogenannte "Forced Smoking", bei dem andere Personen (meist Nichtraucher) zum Rauchen gezwungen werden, gehört in diese Kategorie. Husten und zum Teil auch Atemnot werden als erregend empfunden, bei betroffenen Rauchern oft auch bei sich selbst. Viele Betroffene rauchen absichtlich sehr viel, um diese Wirkung zu verstärken, oder empfinden es als erregend, wenn eine andere rauchende Person dies tut. Es gibt entsprechende Praktiken, wie zum Beispiel das Rauchen von Zigarren auf Lunge oder das Zweckentfremden von Gasmasken, wobei der Filter entfernt und durch Zigaretten oder Zigarren ersetzt wird, die typisch für die "Dark Side" sind.
Rauchfetischistische Präferenzen
Das Hauptaugenmerk der Fetischisten unterscheidet sich oft von Person zu Person und scheint sehr individuell geprägt zu sein: Während viele besonderen Wert auf das (sehr) tiefe Inhalieren des Tabakrauchs in die Lunge (Inhale) und das anschließende Ausatmen (Exhale) legen – wobei lange, gerade Ausblaspraktiken anscheinend bevorzugt werden –, achten andere auf eventuelle "Tricks", die von der rauchenden Person praktiziert werden, beispielsweise "Snap Inhales" oder "Smoke Rings". Viele Betroffene, welche die Praktiken der "Dark Side" reizvoll finden, mögen es auch besonders, wenn der Rauch lange in der Lunge gelassen wird, was die gesundheitsschädliche Wirkung noch verstärkt. Auch das reine laszive Posieren mit einer Zigarette vor der Kamera (z.B. mit Handschuhen oder Zigarettenspitze) löst bei vielen der Betroffenen zum Teil heftige sexuelle Reaktionen aus, deren Intensität jedoch stark von den persönlichen Präferenzen abhängt; ähnlich wie bei gewöhnlichen sexuellen Vorlieben scheinen die Geschmäcker auch hier verschieden zu sein.
Dennoch gibt es gewisse, immer wieder antreffbare Aspekte, die offensichtlich von vielen Rauchfetischisten als sexuell erregend bzw. ästhetisch empfunden werden.
Beispiele für solche Präferenzen
- Geschlecht und Alter der rauchenden Person – hier zeichnet sich eindeutig eine Vorliebe für rauchende Frauen ab, vermutlich wegen des hohen Anteils an heterosexuellen Männern unter den Fetischisten. Häufig werden junge Frauen im Alter von schätzungsweise sechzehn bis fünfundzwanzig Jahren bevorzugt, seltener ältere oder jüngere. Bei Betroffenen, die jüngere Frauen und Mädchen bevorzugen, wirkt häufig die Vorstellung erregend, dass ein junges, gesundes Mädchen schon früh mit dem Rauchen anfängt und dann hoffnungslos süchtig wird.
- Typ, Marke und Beschaffenheit des Rauchutensils – Zigaretten werden meist bevorzugt, es gibt jedoch auch Fetischisten, die auf Zigarillos oder Pfeifen fixiert sind. Längere Rauchutensilien bzw. Marken (beispielsweise Marlboro 100s oder Eve 120s) werden, wahrscheinlich wegen der ihnen zugrunde liegenden femininen Assoziationen, von vielen Rauchfetischisten bevorzugt. Fast alle Fetischisten sind dabei interessanterweise auf die Marke Marlboro fixiert; man vermutet, dass die soziale Prägung der Betroffenen durch das Image dieser Marke hierbei eine Rolle spielt. Zigarettenspitzen (sog. "Holder") wurden aufgrund ihres glamourösen Eindrucks oft in älteren Filmen gezeigt und scheinen von vielen Fetischisten gern gesehen zu werden; eine direkte Prägung auf genau diesen Aspekt ist jedoch seltener anzutreffen.
- Rauchtechnik – dies bezeichnet eine Fixierung auf eine bestimmte Art zu rauchen. Bevorzugt werden meist Techniken, bei denen der Rauch vom Beobachter aus gut sichtbar ist, bevor er von der rauchenden Person inhaliert wird. Es existiert ein breites Spektrum an unterschiedlichsten Techniken; gerne gesehen werden oft "French Inhales" (den Rauch vom Mund aus durch die Nase einatmen, früher oft "Aufzug" genannt) und "Snap Inhales" (Hinunterschlagen der Zunge beim Inhalieren, so dass ein wenig Rauch den Mund verlässt) zusammen mit dem Inhalieren des Rauches bei leicht geöffnetem Mund und anschließendem Hinausblasen.
- „Light Side“ oder „Dark Side“ – soweit die oben angesprochenen dualen Kategorien als gültig betrachtet werden kann, scheint sich die Mehrheit aller Fetischisten zur Light Side zu bekennen. Es gibt jedoch kein starre Grenze, denn bedingt durch die vielen individuellen Aspekte, die den Rauchfetisch ausmachen, kann ein Light Side-Fetischist durchaus die eine oder andere Praktik aus der Dark Side bevorzugen, oder umgekehrt.
- Abhängigkeit der rauchenden Person – manche Rauchfetischisten fühlen sich zu Personen hingezogen, die offen ihre Abhängigkeit hinsichtlich des Rauchens zeigen oder – im Gegensatz dazu – versuchen, sie zu verstecken. Viele Fetischisten, die sich zur Light Side bekennen, schenken diesem Aspekt jedoch nicht besonders viel Beachtung. Anders verhält es sich hinsichtlich der Dark Side, wo das Verhältnis in etwa umgekehrt zu sein scheint. Entsprechend ist starker Konsum ein Aspekt, der vor allem im Bereich der Dark Side weit verbreitet ist.
- „Pregnant Smoking“ – eine vergleichsweise sehr spezielle Variante des Rauchfetischs; betroffene Personen finden den Anblick des Rauchens während der Schwangerschaft erotisch. Der größte Anteil aller Rauchfetischisten teilt diese Vorliebe nicht.
Rauchfetischismus und Neoterophilie
Im Rauchfetischismus werden Elemente von Neoterophilie vermutet, da ein großer Teil der darauf bezogenen erotischen Literatur davon handelt, wie ein Teenager mit dem Rauchen anfängt – fast immer ein Mädchen, das vom angewiderten Nichtraucher zum hoffnungslos abhängigen Raucher wird. Ob diese Vermutung stimmt, ist strittig, weil die meisten Raucher tatsächlich im jugendlichen Alter angefangen haben und somit eine deutliche Unterscheidung zwischen Neoterophilie und den persönlichen Präferenzen eines Fetischisten nicht möglich ist. Sollte diese Vermutung zutreffen, so trifft sie nicht auf alle Rauchfetischisten zu, da ein Teil der Betroffenen - meist Erwachsene - gleichwohl erwachsene Raucherinnen bevorzugt, wie einschlägige Blogs, Forenbeiträge, Storys, Bildergalerien und Abhandlungen über das Thema zeigen. Im Gegensatz dazu scheinen Rauchfetischisten im jugendlichen Alter ebenfalls jugendliche Raucherinnen zu bevorzugen.
Die Schädlichkeit des Rauchens
Mögliche Schäden, die durch das Rauchen bei den Rauchern entstehen können, sind bekannt, die einzelnen Betroffenen gehen auf ganz unterschiedliche Art und Weise damit um: Nichtrauchende Fetischisten suchen beispielsweise einen Konsens zwischen ihrem Fetisch und den abwertenden Gefühlen, die sie gegenüber Rauchern hegen, während andere sich auf schädlichen Aspekte des Rauchens fixieren, versuchen sogar, sie zu verstärken und besonders zu betonen bzw. hervorzuheben (vgl. "Dark Side"). Eine weitere Problemstellung ergibt sich aus dem in Kauf nehmen der Schädigung einer anderen Person zur Befriedigung des eigenen Fetisches, besonders auch im Zusammenhang mit Beziehungen, in denen dieser Fetisch ausgelebt wird.
Eventuelle Verstärkung der eigenen Abhängigkeit durch den Fetisch
Rauchfetischisten, die selbst rauchen, fällt es generell schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören als nicht vom Fetischismus Betroffene, da bei ihnen nicht nur die Nikotinsucht, sondern auch der Rauchfetisch ursächlich für das Rauchverlangen sein kann.
Literatur
- Klaus Podak: Rauchen ist sexy – Abgesang auf ein Stück Lebens-Kultur. Süddeutsche Zeitung, 17. März 2006.
Einzelnachweise
- ↑ James J. Pancrazio: The Logic of Fetishism: Alejo Carpentier and the Cuban Tradition, Bucknell University Press, 2004, Seite 97 bis 102, ISBN 0838755828
- ↑ a b Joseph W. Bean: Leathersex: A Guide for the Curious Outsider & the Serious Player, Daedalus Publishing, 1996, Seite 100 bis 102: Cigars and Cigarettes, ISBN 1881943054
- ↑ Violet Blue: The Ultimate Guide to Sexual Fantasy: How to Turn Your Fantasies Into Reality, Cleis Press Inc., 2004, Seite 160, ISBN 1573441902
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